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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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geträumt? Ich konnte mich nicht entsinnen. Und hatten wir uns nicht wenige Stunden zuvor im Streit getrennt? Ja oder nein?
    Verdrossen stellte ich fest, dass ich durchweg zu wenig wusste, um souverän mit dieser Situation umgehen zu können, zumal Colin, wenn mich meine Sinne nicht täuschten, splitterfasernackt war. Nackt bis auf das Lederarmband an seinem Handgelenk. Schon hatte er sich zu mir aufs Bett gesetzt. Noch immer konnte ich ihn nur als vagen Schemen erkennen, allein seine Augen schickten ab und zu Funken durch das Dunkel meines Zimmers. Zögernd streckte ich meine Hand aus und berührte sein Knie.
    »Du hast nichts an«, bemerkte ich tadelnd. Colin und nackt – das war keine gute Grundlage für ein sachliches Gespräch. Doch vielleicht wollte er das ja gar nicht mit mir führen.
    »Du auch nicht, Ellie. Ich dachte, nachdem du bei meiner Ankunft mein Hemd für überflüssig erklärt hast, würde dir meine Gegenwart leichter fallen, wenn ich sämtliche Kleidung ablege.«
    Ja, natürlich. Ihn trieb allein die barmherzige Selbstlosigkeit, was auch sonst?
    »Leichter ist nicht das richtige Wort …«, gab ich mich kapriziös. »Und ich … ich muss dich sehen können. So geht das nicht.«
    Ich musste ihn sehen und ich brauchte frische Luft und vor allem musste ich etwas tun, von dem ich mir sicher war, dass ich dabei nicht versagen oder dummes Zeug reden würde. Ich rollte mich von ihm weg ans Fußende des Bettes, stand auf, tapste zu den hohen Fensterläden, die hinaus zur Terrasse führten, und stieß sie von mir weg, sodass eine dürftige, aber ausreichende Helligkeit ins Zimmer drang – das Licht des Mondes, der endlich aufgegangen war und seinen silbrigen Streifen auf das Meer warf. Sogar auf den Blättern der Pappeln spiegelte er sich wider. Ein Hauch salzig-warme und dennoch belebende Luft traf meine Brust. Ich erschauerte wohlig.
    »Bleib so stehen, Lassie. Nur für einen Moment.«
    Ich spürte, wie seine Blicke meine nackte Haut streichelten; ich bildete mir sogar ein, sagen zu können, wo genau sie sich gerade befanden. Auf meinem Hintern. Zweifelsfrei auf meinem Hintern. Oder doch auf meinen Armen? Meinen Kniekehlen? Wieder traf mich ein Windhauch und trocknete kühlend die winzigen Schweißperlen auf meinen Schläfen und meiner Stirn. Meine Haare knisterten wie dünnes Papier. Langsam drehte ich mich zu Colin um. Oh ja, er war nackt. Und wie nackt er war. Seine Haut schimmerte im Mondschein, als bestünde sie aus den Blütenblättern einer seltenen, bläulich weißen Pflanze, die sich nur dann zeigte, wenn alle Menschen schliefen. Ich war die Einzige, die sie betrachten und berühren durfte.
    Errötend, aber gebannt studierte ich all die kleinen Wölbungen und Erhebungen seiner Muskeln, die sich im Zwielicht auf seinem Oberkörper abzeichneten. Kein Bobybuilder, sondern ein Athlet. Auch andere Dinge zeichneten sich ab. Und zwar noch deutlicher. Seine Haare knisterten wie meine, sie bezirzten mich, doch mich beruhigte, dass er mich nicht minder gebannt ansah als ich ihn. Wir waren einer für den anderen das achte Weltwunder. Vielleicht sollte ich noch ein Weilchen hier stehen bleiben, denn das bot mir eine bessere und machtvollere Ausgangsposition für schwierige Diskussionen, als wenn ich neben ihm im Bett lag.
    »Ich möchte nicht streiten, Ellie«, kam Colin mir zuvor. »Es könnte die anderen wecken und das wäre doch schade, oder?«
    Möglicherweise wäre das schade gewesen. Darin hatte er recht.
    »Aber ich … als wir vorhin …«
    »Es tut mir leid, dass ich dich am Strand stehen ließ«, erlöste er mich von meinen Wortfindungsstörungen. »Manchmal gerate auch ich an meine Grenzen und weiß nicht weiter. Ich hatte vergessen, was für ein unsäglich stures und halsstarriges Weib du bist.«
    »Ach«, erwiderte ich belämmert. »Du entschuldigst dich also?«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass ich mit dem, was ich sagte, Schuld auf mich geladen habe. Doch ich bedauere, dich aus der Fassung und zum Weinen gebracht zu haben. Einiges war selbst mir nicht klar.«
    »Bedauern?«, fragte ich mit zärtlicher Strenge. »Bedauern ist mir ein bisschen zu wenig.«
    »Oh, Bedauern ist weitaus mehr, als du von einem Nachtmahr erwarten kannst, mein Herz. Vor allem dann, wenn er mit einer Erektion auf deiner Bettkannte sitzt.«
    Ein albernes Kichern stieg meine Kehle hinauf. Vielleicht sollte ich für heute Nacht Frieden einkehren lassen. Immerhin schnitt Colin das Thema Tessa nicht mehr an und auch

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