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Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Titel: Dornröschen schlief wohl hundert Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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mich besorgt an. »Bist du okay, Veum?«, fragte er.
    Ich nickte. »Mir ist nur ein bisschen – übel.«
    Vadheim lächelte schief. »Wäre ganz schön tief gewesen, da runter.«
    »Das war mir auch plötzlich aufgefallen.«
    Jonassen murmelte genervt einem der Polizisten etwas zu, der ihn festhielt. Vadheim drehte sich zu ihm herum. In mildem Ton sagte er: »Nehmt Jonassen und Edvardsen mit auf die Wache. Wir haben viel zu besprechen. Sehr viel.«
    Die Polizisten nickten.
    Edvardsen riss irritiert seine Schulter hoch, als er hinausgeführt wurde. Jonassen sah uns trotzig an. Weitere Beamte verließen den Raum, nachdem sie vorher fragend Vadheim angeschaut hatten. Schließlich waren nur noch er und ich übrig.
    Ich ließ die Wand nicht los, strich mir mit einer feuchten Hand über Stirn und Brust und atmete tief ein. »War es – hat sie – doch angerufen?«
    Er sah mich fragend an.
    »Frau Jonassen«, sagte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Hat sie nicht. Als sie alleine rauskam und wegfuhr, haben wir uns gefragt, was los ist.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Wir haben dich doch beschattet.«
    »Ja, ich habe es gemerkt – eine Weile.«
    »Ich weiß nicht, ob dir ein grüner Mazda aufgefallen ist, als du …«
    »Es saß eine Frau am Steuer.«
    »Eine von unseren Beamtinnen. Eine fähige Frau. Du solltest sie einmal kennen lernen. Eva Jensen. Sie ist nicht verheiratet.«
    »Ach ja?«
    Ich stolperte vorsichtig zur Türöffnung, immer noch wackelig in den Knien.
    Vadheim kam neben mich. Wir gingen den Korridor entlang und begannen den Abstieg die Treppen hinunter. Nach ein paar Stufen sagte er: »Lisa ist heute Nachmittag aufgewacht.«
    Ich blieb mitten auf der Treppe stehen. »Ja? Was hat sie gesagt?«
    »Nichts. Ich konnte mir mit Mühe fünf Minuten erzwingen, und sie kann sich tatsächlich überhaupt nicht an die letzten Stunden vor dem Unfall erinnern. Das ist allerdings nicht ungewöhnlich – bei einer so starken Gehirnerschütterung.«
    »Sie konnte dir also überhaupt nichts sagen?«
    »Nein. Sie erinnert sich nicht einmal daran, dich angerufen zu haben. Und …« Er hielt inne.
    »Ja?«
    Sein Gesicht drückte eine eigenartige Bewegtheit aus. »Hast du Kinder, Veum?«, fragte er abrupt.
    »Ja«, sagte ich überrumpelt. »Einen Sohn. Er wohnt bei seiner Mutter.«
    Er nickte verständnisvoll. »Aha. Aber trotzdem – du wirst es verstehen. Sie – sie hat sich geweigert, ihre Eltern zu sehen. Sie wurde fast hysterisch, als – sie kommen wollten. Sie mussten ihr etwas zur Beruhigung geben, damit sie schlafen konnte. Ihre Eltern waren – erschüttert, natürlich. Es ist verdammt noch mal auch nicht leicht, Eltern zu sein, Veum!«
    »Nein. Es ist nicht leicht, Eltern zu sein. Und es ist nicht leicht, Kind zu sein. Es ist überhaupt schwierig, eine richtige, dauerhafte Beziehung zu irgendeinem Menschen zu haben. Wir sind – ja.« Ich sah ihn an und spürte plötzlich das Bedürfnis, mehr von ihm zu erfahren. War er verheiratet? Hatte er Kinder? Warum hatte er aufgehört, Gedichte zu schreiben?
    Plötzlich wirkte er peinlich berührt. Er ging weiter die Treppen hinunter.
    Ich folgte ihm. »Was haben sie gemacht – Halle und seine Frau?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Sie sind nach Hause gefahren. Was hätten sie sonst tun sollen? Der Arzt, mit dem wir gesprochen haben, sagte, es sei das beste. Dass solche – extremen Reaktionen öfter vorkommen. Dass es sicher besser wäre, wenn sie sich erst einmal beruhigen würde.«
    »Hoffentlich«, sagte ich leise. »Hoffentlich.«
    Dann sagten wir nichts mehr, bis wir unten auf der Straße standen und er das Tor hinter uns abgeschlossen hatte. Er fragte: »Willst du mit mir runterfahren, oder kommst du allein zurecht?«
    »Ich schaffe das schon allein. Brauchst du mich heute Abend noch?«
    »Eigentlich nicht. Wenn du morgen früh vorbeikommst, reicht das. Wir haben mehr als genug mit Jonassen und Edvardsen zu bereden. Und vielleicht auch mit Frau Jonassen. Heute Vormittag hat sie nicht mehr zugegeben, als sie dir schon erzählt hatte – über Peter Werner.«
    »Sie … Als wir hereinkamen, da hat sie sozusagen gestanden, dass sie die Frau war, die andere Frau, die Peter Werner an dem Abend besucht hat. Aber hinterher hat sie gesagt, es sei nicht wahr gewesen.«
    Er nickte. »Ich bin mir nicht sicher, Veum. Nicht bevor ich es schwarz auf weiß vor mir habe, sozusagen. Vielleicht hat Peter Werner sie erpresst. Vielleicht hatte er ein Verhältnis mit

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