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Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Titel: Dornröschen schlief wohl hundert Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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hinter mir taumeln, aber ich blieb mit dem Rücken an der Betonwand daneben stehen.
    Karsten Edvardsen hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Er strich sich mit einem flackernden Lächeln auf den Lippen über die rechte Hand. Ich hatte den Geschmack von Blut im Mund.
    Arve Jonassen kam wieder zurück. »Ist in Ordnung«, sagte er. »Irene ist okay.« Dann wechselte er das Thema: »Hat er sich schon versucht?«
    Edvardsen nickte und grinste.
    Jonassen sagte: »Karsten ist ein alter Krieger, Veum. Ich würde meine Kräfte nicht vergeuden, wenn ich du wäre.« Nach einem Augenblick fügte er hinzu: »Auch wenn du – sie wohl nicht mehr sehr lange brauchen wirst.«
    Ich sagte: »Sei nicht dumm, Jonassen. Das hier ist Bergen, nicht Chicago.«
    Jonassen sagte: »Es ist gefährlich, auf Baustellen wie dieser so spätabends herumzuschnüffeln. Man kann in der Dunkelheit daneben treten. Man kann die falsche Türöffnung wählen, und dann fällt man. Fünf Stockwerke. So was passiert, Veum. Bedauerlich natürlich, aber – ein Unfall.«
    Ich fror auf dem Rücken. »Du erreichst damit gar nichts. Die Polizei weiß schon alles. Als ich ihnen erzählt habe, was ich vor ein paar Tagen abends in Holsnøy gesehen habe …«
    »Scheiße!«, sagte Edvardsen. »Also warst du wirklich …«
    Jonassen sah mich nachdenklich an. »Veum. Das hätte ich …«
    »Lasst mich vorbei, und dann vergessen wir das Ganze. Sie haben nichts gegen euch in der Hand, außer Betrug, Unterschlagung, Diebstahl und ganz normalen wirtschaftlichen Kleinigkeiten. Mit einem guten Anwalt seid ihr in ein bis zwei Jahren wieder draußen. Vielleicht früher. Aber bei – Mord …«
    »Du hörst wohl schwer, Veum«, sagte Edvardsen. »Hast du nicht gehört, was der Mensch gesagt hat? Ein Unfall, hat er gesagt. Wegen so was wird man nicht eingesperrt.«
    »Außerdem wissen sie – die Polizei –, dass ich mich mit dem Fall Peter Werner befasst habe, und wenn sie mich hier finden, tot, würden sie ganz schnell eins und eins zusammenzählen.«
    »Wir haben nichts mit dem Fall Peter Werner zu tun!«, bellte Jonassen.
    »Deine Frau hat gesagt …«
    »Das haben wir nur so gesagt. Der Köder, mit dem wir den Fisch fangen wollten. Und verdammt noch mal, wie der angebissen hat.«
    »Also war sie gar nicht …«
    »Irene hat an dem Tag friedlich zu Hause vor dem Fernseher gesessen.«
    »Und du?«
    »Ich war – geschäftlich unterwegs.«
    »Also hat sie keinen Zeugen – es sei denn, sie hatte Besuch.«
    »Besuch? Irene hatte keinen Besuch!«
    Edvardsen bewegte sich unruhig.
    »Na dann«, sagte ich. »Und war Edvardsen mit dir zusammen – geschäftlich unterwegs?«
    »Karsten?« Er sah verwirrt zu Edvardsen. »Nein, nicht an dem Abend.«
    Edvardsen ballte die Fäuste. »Lass dich von dem Kerl nicht ins Bockshorn jagen, Arve. Er spielt auf Zeit. Wir haben nicht so viel …«
    »Du solltest besser auf deine Frau aufpassen, Jonassen«, sagte ich, ballte ebenfalls die Fäuste und stemmte die Hacken gegen die Wand hinter mir.
    Jonassen sah mich wütend an. »Ich brauche nicht auf meine Frau aufzupassen. Ich – ich bin mehr als genug für eine Frau.«
    »Ha!«, sagte ich.
    »Haha!«, sagte Karsten Edvardsen und kam auf mich zu gestürmt. Er warf den einen Arm über den anderen und schob die Schulter nach vorn, als wolle er eine Tür aufbrechen. Er hätte mich zerquetscht, wenn er getroffen hätte, aber diesmal war ich zu schnell. Ich ging zur Seite, und er stieß auf Beton, dass es brummte. Ich warf mich auf Jonassen. Er war schwerer als Edvardsen und nicht so durchtrainiert. Aber er stand wie eine Säule und regte sich nicht. Ich trat ihm in die Knie, traf aber daneben, und dann war Edvardsen von hinten über mir. Er legte seine dicken Arme um mich, hob mich vom Boden hoch und drückte zu. Die Luft wurde aus meinen Lungen gepresst, und es flimmerte vor meinen Augen. Ich spürte seinen schweren, nach Tabak stinkenden Atem im Nacken.
    »Halt ihn fest!«, rief Jonassen.
    Edvardsen hielt mich fest, und Jonassen kam mit erhobenen Fäusten näher. Er schlug mir hart in den Bauch. »Das dafür, was du über Irene gesagt hast«, sagte er. Ein neuer Schlag in den Bauch. »Und das war für all den Ärger, den du mir gemacht hast.«
    »Verbrauch nicht all deine Worte«, sagte ich heiser und trat ihm in den Bauch. Er war darauf nicht vorbereitet und taumelte zurück. Edvardsen spannte die Oberarme an und drückte noch fester zu. Ich versuchte verzweifelt, mich loszureißen, aber er

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