Dornröschens Erlösung
mit einem mal ängstlich
aus.
„Es quält dich“, sagte ich
mitfühlend.
Die Nächte auf See machten uns
allen zu schaffen, eingesperrt und voneinander getrennt, wie wir waren.
„Ja, ich sehne mich nach etwas,
was ich bisher nicht gehabt habe“, flüsterte Dornröschen. „Ich wehre mich
dagegen, aber ich sehne mich danach. Vielleicht ist es nur, weil ich noch nicht
den richtigen Herrn oder die richtige Herrin gefunden habe . . . „
„Der Kronprinz hat dich ins
Königreich geführt. Sicher hast du in ihm einen vortrefflichen Herrn gefunden.“
“Nein, ganz und gar nicht“, tat
sie meine Worte ab. „Ich kann mich kaum an ihn erinnern. Weißt du, er interessierte
mich nicht. Was würde wohl geschehen, wenn jemand über mich herrschen würde, der
mich wirklich interessiert. Ihre Augen nahmen einen merkwürdigen Glanz an, als
ob sie zum ersten Mal ein ganzes Reich neuer Möglichkeiten erblicken würde.
„Ich kann es dir nicht sagen.“
Plötzlich fühlte ich mich
seltsam verloren. Bis zu diesem Moment war ich sicher gewesen, dass ich meine
ehemalige Herrin, Lady Elvira, geliebt hatte. Doch nun war ich mir dessen nicht
mehr völlig sicher. Vielleicht sprach Dornröschen von tieferer, feinerer Liebe,
als ich sie jemals kennengelernt hatte. Eines war sicher - Dornröschen
interessierte mich. Sie lag eine Armlänge entfernt im Käfig unter mir auf ihrem
seidenen Bett, ihre nackten Glieder waren so perfekt wie die einer Skulptur im
Halbdunkel, und in ihren Augen spiegelte sich so manches halb enthüllte Geheimnis.
Doch wir alle waren Sklaven, trotz unserer Unterschiedlichkeit und trotz
unserer Gespräche über Liebe - wahre Sklaven allesamt. Da gab es keinen Zweifel.
Wir waren aufgebrochen und unwiderruflich verändert worden durch unsere
Sklavenschaft.
Ungeachtet unserer Ängste und
Konflikte waren wir längst nicht mehr die errötenden und ehrfurchtsvollen
Geschöpfe, die wir einstmals gewesen waren. Wir schwammen, jeder auf seine Weise,
in dem verwirrenden Strom lustvoller Peinigungen. Und als ich grübelnd dalag, versuchte
ich, die wichtigen Unterschiede zwischen dem Leben im Schloss und im Dorf zu
verstehen und zu erraten, was uns nun bevorstand, was diese neue Gefangenschaft
im Reich des Sultans für uns bereithielt.
Laurent: Erinnerungen an das Schloss und das Dorf
Ein Jahr lang hatte ich auf dem Schloss gut gedient als
Eigentum der strengen Lady Elvira, die mich jeden Morgen auspeitschen ließ, während
sie ihr Frühstück einnahm. Sie war eine stolze Frau mit rabenschwarzem Haar und
schiefergrauen Augen, und ihre Zeit verbrachte sie mit feiner Stickerei. Ich küsste
nach dem Peitschen dankbar ihre Sandalen, in der Hoffnung auf ein Lob dafür, dass
ich die Schläge gehorsam hingenommen hatte oder dass sie mich hübsch gefunden
hatte. Selten sprach sie ein Wort, selten schaute sie von ihrer Nadel auf.
Nachmittags nahm sie ihre Arbeit mit in die Gärten, und dort
paarte ich mich mit den Prinzessinnen zu meiner Herrin Vergnügen. Ich musste
meine hübsche Beute erst jagen, was ein hartes Rennen durch die Blumenbeete
bedeutete. Sodann musste die kleine errötete Prinzessin zurückgetragen und vor
die Füße meiner Herrin zur Begutachtung gelegt werden. Und danach begann meine
Vorstellung, die perfekt ausgeführt werden musste. Natürlich, ich liebte diese
Momente - liebte es, meine Hitze in den schüchternen und zitternden Körper
unter mir strömen zu lassen. Selbst noch die frivolste Prinzessin zitterte von
der Jagd und der Gefangennahme, und beide brannten wir unter dem steten Blick
meiner Herrin, die mit ihrer Stickerei fortfuhr.
Ein Jammer, dass während dieser Zeit niemals Dornröschen
meine Beute gewesen war. Sie war die Favoritin des Kronprinzen, bis sie in
Ungnade fiel und ins Dorf geschickt wurde. Lediglich Lady Juliana war es
erlaubt, Dornröschen mit dem Kronprinzen zu teilen. Aber ich hatte sie bereits auf
dem Zügelpfad gesehen und mich danach gesehnt, sie unter mir liegen zu haben. Welch
eine schöne Sklavin sie war, selbst in ihren ersten Tagen; ihre Haltung, ihr
Anblick, wenn sie neben Julianas Pferd herlief - nahezu makellos. Ihr Haar
leuchtete wie goldenes Korn, wenn es von ihrem herzförmigen Gesicht herabfloss;
ihre blauen Augen blitzten vor verwundetem Stolz und unverhüllter Leidenschaft.
Selbst die große Königin war eifersüchtig auf sie. Im
Rückblick auf all das, zweifelte ich keinen Moment, dass Dornröschen diejenigen
nicht geliebt hatte, die ihre Zuneigung beansprucht
Weitere Kostenlose Bücher