Down
jeder Krampf bisher. Na ja, wenn man von der Zeit absah, als er versuchte, vom Stoff loszukommen. Tatsächlich war es damals um einiges schlimmer gewesen. Er dachte an die mächtigen Brummer zurück, hundsgemeine Attacken, unter denen er sich im Bett zusammenkrümmte, schwitzend, zitternd und mit dem Wunsch, entweder zu sterben oder sich den nächsten Schuss zu setzen.
Aber im Moment war das anders. Warum tat es also so verflucht weh, wenn er Luft holen wollte? Und warum befand er sich irgendwo mitten im Wald? Was war das überhaupt für ein Geschrei in seinem Rücken? Er begriff überhaupt nichts mehr.
Eventuell war es ein Albtraum oder er fantasierte. Manchmal führte ein guter Schuss dazu, dass ein paar mächtig durchgeknallte Filme in seinem Kopf abliefen. Oder das, was er Schlaffilme nannte. Dieser kam ihm so lebhaft vor, dass er ziemlich Schiss bekam. Alles war hell und laut und die Ränder knisterten wie die Glut einer Zigarette. Er konnte Öl und etwas Versengtes – nein, eher total Verbranntes! – riechen. Die Stimmen, die sich lauthals zu Wort meldeten, kamen ihm vage bekannt vor. Ströme aus flüssigem Feuer ergossen sich zäh wie Melasse vom Himmel und er hätte beinahe die Hand ausgestreckt, um einen davon zu berühren, bevor er spürte, wie heiß sie waren. Sie waren auf beängstigende Weise wunderschön, beinahe hypnotisch. Wie Musik, die als brennender Honig vom Himmel tropfte.
Conner versenkte die Hände in den Taschen seiner Cargo-Shorts und taumelte an der tropfenden Glut vorbei. Zweige knackten unter seinen Chuck Taylors. Sein Gesicht war mit Schweiß bedeckt und er hob die linke Hand, um ihn abzuwischen. Als er sie zurückzog, war sie nicht nur klatschnass, sondern auch voller Blut. Helles Blut. Das bedeutete nichts Gutes. Was für ein durchgeknallter Traum war das denn? Er gefiel ihm überhaupt nicht. Am liebsten war es ihm, wenn es um Sex ging. Sogar seine normalen Albträume mochte er lieber. Das hier war einfach nur völlig verrückt. Wald. Blut und tropfendes Feuer. Dazu dieser Ölgeruch und die monotonen Schreie. Das ergab alles überhaupt keinen Sinn und es schmeckte ihm ganz und gar nicht.
»Wach auf, Mann«, appellierte er an seinen Verstand. Natürlich klappte das nicht. Stattdessen stolperte er weiter ziellos durch den Wald und hielt Ausschau nach irgendetwas, das Sinn in dieses Chaos brachte.
Etwas schimmerte durch die Dunkelheit am Rand seines Sichtfelds und sein ganzer Körper pochte, als er sich umdrehte, um genauer hinzusehen. Autsch. Okay, die Schmerzen machten ihm langsam Angst. In seinen Traumfilmen passierte das sonst nie. Es war eine gänzlich neue Empfindung und er entschied, dass er sie nicht leiden konnte. Trotzdem hielt das Schimmern weiter seinen Blick gefangen und er beschloss, sich lieber darauf zu konzentrieren als auf das Zerren in seinem Körper, das ihn aus dem Schlaf gerissen hatte.
Warum träumte er von der Tragfläche eines Flugzeugs?
Noch ein sinnloser Informationsbrocken. Ein zerrissenes und verbeultes Stück Metall, das aussah wie ein abgebrochenes Stück von einem Luftfahrzeug. Es hing zwischen zwei dicken Baumstämmen, die Lackierung war fast vollständig abgeplatzt. Den Bäumen schien es auch nicht besonders gut zu gehen. Ihre Zweige waren abgebrochen, Nadeln überall auf dem Waldboden.
Scheiße, wenn so etwas mit ihrem Flieger passiert wäre …
Dieser Gedanke ließ ihn innehalten. Er stand reglos da und starrte den zerbrochenen Flügel an, während die Erkenntnis in Form einer eiskalten Flüssigkeit durch seinen Körper schwappte. Sie waren aus Austin abgeflogen. Nach knapp einer Viertelstunde hatte er sich eine volle Dröhnung verpasst, um bis zur Landung durchschlafen zu können. Träumte er deshalb einen solchen Quatsch?
»Okay, Conner. Reiß deinen faulen Arsch hoch, okay? Wach endlich auf, Mann. Wach auf! « Seine laute Stimme knallte an seine Ohren, als hätte ihm jemand eine Schneeschaufel in die Rippen gerammt. Er heulte und fiel auf die Knie, hob die Hände vors Gesicht, als ob er sich hinter ihnen vor dem Rest der Welt verstecken könnte. Doch statt sich zu verstecken, schluchzte er hemmungslos.
Es war real. Musste real sein. Nein. Nein, nein, nein!
Langsam wischte er sich die Tränen aus den Augen und drehte den Kopf nach rechts, in die Richtung, aus der die Schreie kamen. Eine Sekunde später sah er das Flugzeug. Oder zumindest die verdrehte Röhre aus Metall, die früher mal ein Flugzeug gewesen war. Ihr Flugzeug. Jetzt war es
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