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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Himmels, nicht wahr?«
    »Wie kommst du darauf?« Shaya bemühte sich, gleichgütig und schläfrig zu klingen.
    »Nur eine Prinzessin käme auf die Idee, barfuß durch die Berge zu flüchten.«
    Jetzt musste sie schmunzeln. Der Kleine war also doch nicht so dumm. Auch wenn er ganz sicher überrascht wäre, wenn er wüsste, was für eine Sorte Prinzessin sie war. Wieder musste sie an Išta denken. Wie entkam man einer Göttin? Darauf gab es nur eine Antwort: gar nicht!
    Shaya wurde sich schmerzlich bewusst, dass sie ihre Flucht nie wirklich bis zum Ende durchdacht hatte. Es war immer nur darum gegangen, aus dem Haus des Himmels, ihrem Kloster, zu entkommen, die Berge hinter sich zu lassen und nicht von den Hä schern gestellt zu werden, die Tabitha, die Mutter der Mütter, hinter ihr herschicken würde. All das mochte ihr gelingen. Aber einer Göttin zu entfliehen, das war unmöglich! Und Išta würde die Verfolgung aufnehmen, denn sie, Shaya, war Bestandteil ihrer Rache an Aaron, der den Unsterblichen Muwatta gedemütigt hatte. Išta würde jeden aufspüren, dem sie auf ihrer Flucht begegnet war. Und ihr ein angebranntes Murmeltier nicht als Mahl verweigert zu haben, mochte schon als Grund für ein Todesurteil genügen. Die Geflügelte war rachsüchtig.
    Mit gesenkten Lidern betrachtete Shaya den jungen Hirten, der schnaufend gegen seine Fesseln ankämpfte und nur erreichte, dass ihm die Lederriemen immer tiefer ins Fleisch schnitten. Es lag bei ihr, ob der Junge sterben würde.
    Shaya begann zu erahnen, welche Last auf Aarons Schultern lag. Sie zweifelte nicht daran, dass er sich immer noch nach ihr sehnte. Doch dieser Sehnsucht nachzugeben bedeutete auch, Tausende Tode in Kauf zu nehmen, wenn er die Götter gegen sich aufbrachte. Zu erwarten, von ihm gerettet zu werden, war überaus selbstsüchtig. Sie konnte sich ja nicht einmal selbst retten.
    Und würde sie ihn noch lieben, wenn sie wüsste, dass er kaltblütig den Tod Unschuldiger in Kauf nahm, um wieder mit ihr vereint zu sein? Wieder betrachtete Shaya den Jungen. Išta würde ihm einen langen, grausamen Tod schenken. Nein, sie würde ihm das ersparen, entschied die Prinzessin. Es war an der Zeit, harte Entscheidungen zu treffen.

D er Tag der Skorpione
    Eleborn stieg über einen mit handtellergroßen Saugnäpfen besetzten Fangarm hinweg und balancierte bis zum äußersten Ende des goldbeschlagenen Ankerholzes. Es war eine von Dutzenden Streben, die seitlich aus dem Turm ragten. Der Wind spielte mit seinem offenen Haar. Es war ein wunderschöner Morgen. Blau und Rosa kämpften am östlichen Horizont um die Vorherrschaft, während im Westen, über den Wäldern, die letzten Regenwolken der Nacht gleich grauen Festungen thronten.
    Das Goldblech war mit Gallert überzogen. Jeder Schritt an dem windigen Morgen war ein Risiko. Doch Eleborn liebte Risiken und den unvergleichlichen Ausblick auf die umliegenden Dächer. Und er liebte die Sinfonie aus Licht, mit der ihn jeder Sonnenaufgang hier auf dem hohen Ankerturm beschenkte. Der Elf merkte, wie sein Balanceakt von einigen neugierigen Wolkenschiffern beobachtet wurde, deren Schiff über Nacht angelegt hatte. Auf einem dieser Wolkensammler zu reisen wäre sicher eine unver gessliche Erfahrung. Tausend Fuß über dem Boden durch die Take lage zu klettern, ganz den Elementen ausgeliefert.
    Eleborn drehte sein Gesicht der Sonne entgegen und genoss die sanfte Wärme. Mit leisem Schmatzen wanden sich die Tentakel am Ankerholz. Die riesige Kreatur über ihm drehte sich mit dem Wind und schob sich vor die Sonne. Fasziniert beobachtete der Elf den Tanz der Tentakel. Währenddessen wurden unablässig Waren von den Decks des Wolkenschiffes abgeseilt. Die Männer über ihm, die die langen Hölzer der Lastspiels drehten, sangen ein eintöniges Lied und stampften dazu mit den Füßen.
    Netze voller Amphoren und praller Säcke senkten sich dem Boden entgegen, wo sie von Lastenträgern geöffnet wurden, die die Frachtgüter zu markierten Arealen auf dem von hohen Mauern umschlossenen Gildenhof trugen. Die Lagerplätze bei den Ankertürmen waren begehrt und teuer. Das überraschende Beben hatte etliche der Bauten in Mitleidenschaft gezogen. Ein Drit tel der Türme war ausgefallen, sodass viele Wolkenschiffe draußen über dem Dschungel warteten, wo sie einen Königsbaum gefun den hatten, dessen Äste und Wurzeln stark genug waren, um einen der Himmelsgiganten auch bei stürmischer Brise sicher an sei nem Platz zu halten. Sobald die

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