Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
zu bekommen. Wenn du bis Sonnenuntergang wartest, werde ich dir zeigen, wo meine Jagdgründe liegen.«
»Ich fürchte, Graubart, was du noch als junge Mädchen durchgehen lässt, sind Damen, die das Alter meiner Großmutter überschritten haben. Aber sollte ich bis Sonnenuntergang noch nicht fündig geworden sein, komme ich vielleicht noch mal her.«
»Ganz sicher wirst du herkommen, denn deine romantischen Vorstellungen übertreffen den Umfang deiner Börse«, grinste Usia.
»Was an Münzen fehlt, wiegt mein jugendlicher Charme auf.«
»So wie du dich angemalt hast, laufen die Weiber schreiend davon, wenn sie dich sehen. Ich werde dich trösten, wenn du mit eingekniffenem Schwanz angekrochen kommst. Du solltest dich als Söldner auf den Wolkenschiffen verdingen. Ein Mann wie du könnte dort gutes Gold machen. Das ist gescheiter, als seinen Träu men hinterherzulaufen. Und nun mach dich davon, sonst verzähle ich mich noch.«
Eleborn eilte gut gelaunt die restlichen Turmstufen hinab. Er wusste, dass die Frau, die er suchte, ihn nicht zurückweisen würde. Was er nicht wusste, war, wo er sie finden würde. Sollte er keinen Erfolg haben, würde er sich mit Usia einen Krug Wein teilen. Der Alte war ein unerschöpflicher Quell an Geschichten über Nangog. Von ihm hatte er bereits vieles über diese schöne, fremde Welt gelernt. Leider wusste er bei Usias Erzählungen nie, wo die Wahrheit in Wolkenschiffermärchen überging.
Eleborn querte das weitläufige Gelände unter dem Ankerturm und schlängelte sich durch das Labyrinth aufgehäufter Waren. Es war das Blut dieser Welt, dachte er, das die Menschenkinder Nangog abzapften, um ihre eigene Welt über jedes Maß hinauswachsen zu lassen.
Am mächtigen, bronzebeschlagenen Tor zur Stadt lungerte eine Gruppe von Wachen. Die Männer kannten ihn und ließen ihn ohne Fragen passieren. Eleborn schlenderte auf der Sonnenseite der Straße, ließ sich mit dem Strom der Lastenträger treiben, der stetig aus dem Bronzetor quoll und träge die Stufen der Straße hinaufsickerte, hin zur Goldenen Pforte, von der aus es nur noch ein paar Schritte in die Menschenreiche war.
Auf dem Platz der Schlangen verführte ihn der Duft von frisch Gebratenem. Er ging die Reihe der Garstuben ab, die sich in den höhlenartigen Öffnungen der himmelhohen Ziegelmauer eines Lagerhausees aneinanderreihten. Ein gestürzter Ankerturm füllte den halben Platz mit seinen Trümmern. Auf den gesplitterten Steinquadern kauerten Lastenträger, die einen Teil ihres kargen Lohns in die fragwürdigen Köstlichkeiten der Garköche investiert hatten.
Eleborn verharrte bei einem mandeläugigen Koch aus einer der großen Städte im Osten Ischkuzas. Auf seinem Tisch lagen Holzspieße, die mit dunklem Fleisch und Gemüse bestückt waren. Zuoberst aber hatte er Skorpione liegen, die ebenfalls auf Spießen steckten, die ihnen der Länge nach durch den Leib getrieben worden waren. Eine Folter, die etliche der Tiere erstaunlicherweise überlebt hatten, denn ihre Scheren und Beine zuckten noch, und ihre giftigen Stachelschwänze krümmten sich, begierig danach, ihren baldigen Tod mit einem anderen Geschöpf zu teilen.
»Wie isst man Skorpion, Lee?«
»Ganz vorsichtig.« Der kleine Koch blickte auf und erkannte ihn. Ein Lächeln huschte über seine breiten Lippen, während er nach einem bunten Fächer griff und die Fliegen vertrieb, die sich auf dem Fleisch niederlassen wollten. »Erstaunliche Farbe auf deinem Gesicht. Woraus wird sie gemacht? Aus frischer Hundescheiße?«
»Was wird mich eher umbringen? Das Fleisch oder die Skorpione?«
»Dein empfindlicher Magen, Barbar. Was willst du jetzt? Kaufen oder schwatzen?«
Der Elf orderte fünf Fleischspieße und einen Skorpion.
Lee legte die Fleischspieße auf einen kleinen Grill, dessen Glut er mit seinem Fächer zu neuem Leben erweckte. Dann stellte er einen Becher mit geronnenem, gelblichem Fett auf die Ecke des Grills. »Deine Bemalung ist selbst für einen Drusnier außerordentlich geschmacklos, Mikayla. Hättest du etwas gesagt, hätte ich dich zu einem Meister geschickt, der dir einen Drachen auf deine Brust gemalt hätte oder einen Feuervogel. Ein wahres Kunstwerk. Nicht so einen Scheiß.« Während er redete, nutzte er den Fächer abwechselnd für die Glut und um sich Kühlung zuzuwedeln.
»Weißt du, wo ich ein hübsches Mädchen finden könnte?«
»Bist wohl in der Stimmung zu feiern. Gestern Nacht einen umgebracht und heute die Taschen voller
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