Drachenelfen
erlaubt hätte. Das schwarze Haar floss ihr offen über Schultern und Rücken. Schwarz und weiÃ, das waren ihre Farben. Kein Grau. Keine Zwischentöne.
Gonvalon ging ihr festen Schrittes entgegen. Würde sie seine Henkerin sein?
»Der Goldene hat entschieden, sich durch seinen Bruder nicht seines besten Kriegers berauben zu lassen. Er weiÃ, du hattest keine Wahl. Du wurdest gerufen, weil er eine neue Aufgabe für dich hat.«
»Wo ist er?«
»Er will dich nicht sehen. Der Stachel der Enttäuschung sitzt zu tief. Nie habe ich ihn so erlebt. Schätze dich glücklich, dass er nicht hier ist, Gonvalon. Und nun, sieh in die Silberschale! Sie enthüllt uns die dunkelsten Stunden der Zukunft.«
Gonvalon gehorchte, aufgewühlt von gegensätzlichen Gefühlen. Er war erleichtert. So sehr, dass ihm die Knie weich wurden. Er war ein zweites Mal geboren. Gegen jede Hoffnung war ihm sein verwirktes Leben geschenkt worden. Zugleich war er aufgebracht, dass sein Meister sich ihm verweigerte. Traurig und zornig zugleich. Und befreit. Er würde Nandalee wiedersehen. Nur das allein zählte!
Auf dem Wasser lag sein Schatten und das blasse Rot des Morgenlichtes. Die Farben flossen ineinander, formten Bilder. Er sah die weite Halle des Erstgeschlüpften. Der Dunkle lag in Drachengestalt auf seinem flachen Thron. Er war verletzt. Plötzlich hob er das Haupt. Eine Elfe betrat die Halle. Mit festem Schritt eilte sie dem Thron entgegen. Ãber den Rücken geschnallt trug sie Todbringer und ein tätowierter Drachenschweif wand sich um den linken Arm der Kriegerin.
War es Nandalee? War es wirklich die Zukunft, die er sah? Gonvalon war erleichtert. Wenn dies kein Trugbild war, bedeutete es, dass sein Fluch gebrochen war. Es würde noch Jahre dauern, bis Nandalee die Tätowierungen einer Drachenelfe trug. Sie würde also überleben.
Der Blickwinkel änderte sich. Jetzt sah er ihr Gesicht. Es wirkte härter, auf unbestimmte Weise fremd. Was hatte sie so werden lassen? Ihr verkniffener Mund schnitt wie eine Narbe in ihr Gesicht und in den harten Augen glomm keine Liebe. Mit flieÃender
Bewegung zog sie den Bidenhander und stieà ihn dem Dunklen bis zum Heft in die Brust.
Erschrocken trat Gonvalon von der Schale zurück. Das konnte nicht sein! Nie hatte ein Drachenelf seine Waffe gegen einen Meister erhoben.
»Das ist â¦Â« Er verstummte und blickte empört zu Lyvianne. Was er gesehen hatte, war undenkbar!
»Wir haben eine Natter an unserem Busen genährt«, sagte Lyvianne mit kalter Stimme. »Du musst sie töten, Gonvalon â sobald du Gelegenheit dazu hast. Der Goldene hat lange die Wege der Zukunft erforscht. Du bist der Einzige, dem es glücken kann; der Einzige, dem sie ganz und gar vertraut. Wenn es ihr gelingt, den Dunklen zu ermorden, wird Albenmark, wie wir es kennen, aufhören zu bestehen. Sie wird unsere Welt zerstören.«
Fassungslos blickte Gonvalon auf das Wasser in der Schüssel. Er fühlte sich taub, als sei jeder Nerv in seinem Körper abgestorben. Das Bild in der Schale war zerflossen. Rotes Sonnenlicht spiegelte sich. Es sah aus, als sei die Silberschale mit Blut gefüllt.
»Sie ist im Jadegarten. Bei dem Dunklen.« Die Worte waren wie gesplittertes Glas in seiner Kehle. »Ich kann dort nicht hingehen, wenn ich nicht gerufen werde.«
»Sie wird wieder zu dir kommen«, sagte Lyvianne voller Gewissheit. »Sie liebt dich.«
Gonvalon blickte zu der Drachenelfe auf. Er wusste, dass es aussichtslos wäre zu bitten. Der Goldene hatte eine Strafe für ihn gefunden, die schlimmer war als der Tod.
»Wirst du gehorchen?«
Voller Verachtung sah er Lyvianne an. Was erwartete sie, dass er antworten würde? Er war ein Drachenelf. Er hatte noch nie einen Befehl verweigert.
FORTSETZUNG FOLGT ...
D ANKSAGUNG
Es war eine 18 Monate lange Reise durch die drei Welten Nangog, Albenmark und Daia, und auch dieses Mal hatte ich viele Begleiter auf meinem Weg, ohne die der Roman »Drachenelfen« nicht vollendet worden wäre. Xinyi, die über mein Qi wachte, wenn ich allzu sorglos damit umging; Melike, die meine Phantasie mit einem Florett aus einem Räucherstäbchen und einem Stück Knetgummi beflügelte; Pascal, der mir immer mindestens einen wachsamen Ritter neben meinen Bildschirm stellte; Karl-Heinz, den Wächter über die innere Logik der immer komplexeren Welten; Elke, die
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