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Drachengold

Drachengold

Titel: Drachengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Novik Naomi
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Gelegenheit, die Krieger rings um ihren Thron genauer in Augenschein zu nehmen. Ganz sicher waren sie keine einfachen Wachsoldaten. Etliche von ihnen waren ältere Männer, andere sichtlich kampferprobt. Sie alle waren mit großen Goldscheiben in ihren Ohrläppchen geschmückt und trugen gewebte Turbane mit Fransenrand, die Laurence inzwischen für ein Kennzeichen des Adels oder des militärischen Ranges hielt. Die misstrauischen Blicke dieser Männer ruhten nicht nur auf Granby und auf Laurence, sie beobachteten sich gegenseitig nicht weniger wachsam.
    Â»Sie macht das ganz geschickt, denke ich, wie Penelope in Homers Odyssee«, sagte Laurence zu Granby, als sie endlich wieder erlöst und von der Herrscherin weg in die Halle zurückgeführt wurden. »Man drängt sie dazu, sich einen Gemahl zu suchen, der ganz sicher sofort die Macht an sich reißen würde. Stattdessen spielt sie die Männer gegeneinander aus.«
    Â»Und wir dienen ihr als Ablenkung, als wären wir ein Zirkus«, knurrte Granby. »Sie kann nicht den geringsten Wunsch gehegt haben, sich aus irgendwelchen gewichtigen Gründen mit uns zu unterhalten. Schließlich hat sie nichts anderes gemacht, als mich über das Wetter in England auszufragen. Ich kann dir nicht mal sagen, ob es da im Augenblick Sommer oder Winter ist. Laurence, wenn wir ihr die Chance geben, dann wird sie uns hier endlos beim Tanzen festhalten, gemeinsam mit den anderen Burschen.«
    Â»Ja«, bekräftigte Laurence und fügte, an Hammond gewandt, der schon auf sie gewartet hatte, hinzu: »Aber ich denke, ich kann Ihnen wenigstens so viel versichern, Sir: Ich glaube kaum, dass sie irgendeine ernsthafte Allianz mit den Franzosen anstrebt, jedenfalls keine, bei der sie einen Teil ihrer Streitkräfte aufbieten muss. Sie kann es sich nicht leisten, einen der Männer ihrer Leibgarde den anderen gegenüber vorzuziehen. Wenn sie einen Burschen als großen General bestimmt oder zulässt, dass sich irgendeiner den Ruf als wichtigster Krieger ihres Reiches erwirbt, dann liefert sie sich der Macht dieses Mannes aus.«
    Â»Es sei denn«, entgegnete Hammond bitter, »sie hat ganz andere Pläne.« Damit winkte er sie in einen angrenzenden Raum.
    Â»Was meinen Sie damit?«, fragte Laurence. »Ist Ihnen denn irgendetwas zu Ohren gekommen?«
    Dieser Nachsatz war an Emily Roland gerichtet, die noch immer das Kleid trug, auf das Mrs Pemberton für einen Besuch bei den Frauen des Hofes bestanden hatte; also kamen sie unmittelbar von dort, denn ansonsten hätte Roland sich sofort umgezogen und wieder ihre Uniform angelegt. Mrs Pemberton stand in einer Ecke des Raumes und rieb sich die Hände über einem kleinen Kohlebecken, ja beinahe rang sie sie – und verriet damit auf ganz untypische Weise ihre Besorgnis.
    Â»Jawohl, Sir«, sagte Roland. »Die Herrscherin war heute Nachmittag nicht bei Hofe, denn sie hat sich ja mit Ihnen getroffen, und so hatten wir alle nichts anderes zu tun, als herumzusitzen und ihren Damen beim Weben zuzuschauen. Und dann sagte die französische Dame, Mme. Récamier, plötzlich etwas zu den anderen: »Ach ja, die arme Josephine. Obwohl: Nicht so arm, wie sie mal war, denn nun hat sie ja Fontainebleau und nicht mehr ihn .«
    Â»Hä?«, fragte Granby. »Was zum Teufel soll das heißen?«
    Â»Kapitän, es bedeutet, dass sich Napoleon von Josephine hat scheiden lassen«, sagte Mrs Pemberton. »Er ist jetzt frei und kann sich neu vermählen.«

12
    Â»Es ist nicht sehr plausibel«, sagte Temeraire zu Iskierka, »dass Napoleon jetzt auch noch versuchen sollte, Herrscher der Inka zu werden; man sollte doch eher meinen, dass er sich mit Frankreich zufriedengibt, ganz zu schweigen von Italien, Preußen, Spanien und all den anderen Gebieten, die er erobert hat. Es ist wirklich empörend. Ich schätze ja, dass dieser Maila die Franzosen ermutigt hat, ansonsten wären sie ihm doch nie hierher gefolgt. Ich hoffe, jetzt hast du eine nicht mehr ganz so hohe Meinung von ihm.«
    Aber Iskierka weigerte sich zuzugeben, dass die Lage wirklich prekär war, und winkte ab. »Ich bin mir ganz sicher, dass die Herrscherin der Inka nicht vorhat, Napoleon zu heiraten. Warum sollte überhaupt irgendjemand eine Ehe mit Napoleon eingehen wollen, wo wir ihn doch besiegen werden? Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Außerdem«, fügte sie hinzu,

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