Drachenlust
springen würde. Dass es sich hier um einen Raum handelt, der in höchster Effizienz und Perfektion nur zu einem einzigen Zweck entworfen wurde: Um der körperlichen Lust zu dienen. Niemals würde Sirrusch in so einem Raum die Liebe seines Lebens verführen. Dieses Zimmer ist ein Ort für Sex.
Heißen, wilden, leidenschaftlichen Sex.
Doch es war kein Zuhause.
Es ist kein Domizil, in dem ein Mann jeden Morgen mit einer Frau in seinen Armen aufwachen wollen würde.
Es ist ein Ort, den er jemandem wie Jenny für ein Jahr zur Verfügung stellt, damit sie ihrer beider Lust frönen können.
Nicht mehr und nicht weniger.
Nicht mehr, als das 'Mehr', welches sie so unpräzise gefordert und von ihm versprochen bekommen hatte …
S tunden später.
Nachdem er eine völlig erschöpfte Blondine in den roten Seidenlaken ihrem wohlverdienten Schlaf überlassen hat, steht Sirrusch nackt in seinem Büro. Kurz blickt er über die neuen Akten auf dem Schreibtisch, bevor er sich der Hausbar zuwendet und sich aus einer schweren Bleikristallkaraffe seinen momentanen Lieblingswhiskey eingießt. Nachdenklich betrachtet er die bernsteinfarbene Flüssigkeit, die in weichen, fast öligen Schlieren im Glas kreist. Die Schreibtischlampe wirft nur wenig Licht in den Raum, lässt seine Muskeln in einem faszinierenden Spiel aus leicht glitzernden Wassertropfen und Schatten schimmern. Warum nur hat er immer das Bedürfnis, nach seinen Liebesspielen sofort zu duschen? Als müsse er sich den doch eigentlich so verlockenden Duft der jeweiligen Freundin sofort aus den Poren kratzen? Wieso liebt er weibliche Gerüche, wird sofort geil, wenn er ihr Aroma erschnuppert, kann es dann aber kaum erwarten, die Zeichen ihrer Lust von seiner Haut zu tilgen? Auch hasst er es, neben ihnen einzuschlafen.
Nein.
Nicht das Einschlafen ist das Problem.
Das Aufwachen ist es.
Er kann es kaum ertragen, wenn er fremde Wärme neben sich spürt. Es scheint so, als sehne er sich nach etwas, das am nächsten Morgen von der falschen Person dargeboten wird. Irgendwann hatte er es sogar mal mit einem Jüngling versucht, doch auch wenn es eine interessante Erfahrung gewesen war, sich in einem Mann, statt in einer Frau zu verströmen, so bedeutete es ihm noch viel weniger, als sein Lager mit einer x-beliebigen Dirne zu teilen.
Er mag die zartere, weibliche Haut, die weiche Nachgiebigkeit von üppigen Rundungen, in die er sich vergraben kann. Wenn er sich seine wahre Liebe vorstellt, dann immer als eine dralle, feurige Kämpferin. Eine Frau, die ihm Paroli bieten kann und das auch tut! Er will Leidenschaft, die nicht nur von ihm ausgeht, sondern auch von ihr eingefordert wird. Er wünscht sich kein erbetteltes 'Mehr', er ersehnt ein 'Jetzt' mit drei Ausrufezeichen. Aber er hat auch eine Scheißangst, die Liebe seines Lebens zu finden.
Was, wenn sie eine ganz normale, sterbliche Frau sein würde?
Was, wenn es ihm nicht gelingen sollte … Nein!
Daran will er gar nicht erst denken.
Lieber verbringt er Jahr um Jahr mit diesen auswechselbaren, kaltherzigen, gierigen Ladys, die er ohne Gewissensbisse leicht wieder abschieben kann.
Deswegen holt er sich Blumen wie Jenny in sein Bett.
Damit er frei bleibt.
Damit er nie wieder sein Herz in der Brust erst erstarren und dann brechen spüren müsste.
Sirrusch hatte sogar schon überlegt, eine Weile abstinent zu bleiben, sich völlig von seinen Gespielinnen abzuwenden. Aber den Versuch musste er dann doch sehr schnell wieder aufgegeben. Nach zwei Monaten ohne Sex, denn einen Handjob würde kein Mann ernsthaft als Sex bezeichnen, konnte er die überschäumende Lüsternheit des Tierischen in sich nicht länger verleugnen. Und diese irre Kraft in ihm braucht einfach ein anderes Ventil, als dass er sich nur beim Sport völlig auspowert. Außerdem ist er nicht sadistisch genug, um sich auf Dauer dermaßen zu geißeln. Also kann er nur zufrieden sein, dass Jenny so begeistert ihrer Aufgabe nachgeht.
Mit einem leicht verächtlichen Grinsen genießt er einen großen Schluck des fantastischen Whiskeys, rollt ihn langsam auf der Zunge hin und her, bevor er ihn wie Honig die Kehle hinabgleiten lässt. Er weiß, sie wird versuchen ihn zu ändern, ihn an die Leine zu nehmen, um sich ihr 'Mehr' für länger, als ein Jahr zu sichern. Doch wie schon so viele vor ihr, gedachte er sie mit seiner charmanten Maske auf Abstand zu halten. Langsam schlendert er zu dem großen Panoramafenster, das ihm einen perfekten Überblick auf die
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