Drachenmeister
abzuhalten. Der alte Arnor oder Jerint würden das nie schaffen. Meister Olodkey und seine Trommeln sind genau richtig.«
Der Harfner seufzte schwer. »Manchmal begreife ich die Alten fast«, meinte er.
»Wie bitte?« Menolly warf ihm einen erstaunten Blick zu, weil er das Thema so abrupt wechselte. »Aber, Meister, Sie selbst haben die Neuerungen befürwortet, die F’lar und Lessa einführten! Und Benden verfolgte die richtige Politik. Heute stehen die Burgen und Höfe wieder fest hinter den Weyrn. Außerdem...« Menolly holte tief Luft. »Außerdem hat mir Sebell erst neulich erzählt, dass die Harfner vor dem Wiedererscheinen des Roten Sterns beinahe ebenso geringschätzig behandelt wurden wie die
Drachenreiter. Sie haben diese Gildehalle zum Mittelpunkt von ganz Pern gemacht, Meister. Jeder respektiert Harfner Robinton. Sogar Piemur«, fügte sie mit einem leisen Lachen hinzu.
»Nun, das ist ja wirklich eine Ehre!«
»Und ob«, bekräftigte sie, ohne auf seine melancholische Stimmung zu achten. »Denn ich kann Ihnen versichern - so leicht lässt sich der Junge nicht beeindrucken. Und es macht ihm sicher Spaß, für Sie umherzuhorchen, wie er es bisher für sich selbst getan hat. Er war immer über den Klatsch auf dem Laufenden, und ich nehme sogar an, dass er mir davon erzählte, damit ich die wichtigen Dinge an Sie weitergeben konnte. ›Harfnerohren hören das Gras wachsen!‹«, wiederholte sie.
»Es war leichter während des Intervalls...«, meinte Robinton und seufzte erneut. Zair, der sich gerade putzte, zirpte fragend und hielt den Kopf schräg, um seinen Freund zu betrachten. Der Harfner streichelte das kleine Geschöpf. »Aber auch langweilig, wenn ich ehrlich sein soll. Und Piemur wird ja nicht ewig für mich arbeiten. Der Stimmwechsel müsste in einem Planetenumlauf abgeschlossen sein. Dann kann er vielleicht wieder seinen Platz als Solosänger einnehmen. Wenn seine Erwachsenenstimme nur halb so gut ist wie sein Knabensopran, dann überflügelt er Tagetarl im Nu.«
Diese Aussicht schien ihm die gute Laune wiederzugeben und Menolly lächelte.
»Die nächtliche Botschaft kam übrigens von Ista. Sebell befindet sich auf dem Heimweg, und er hat die Heilkräuter mitgebracht, die Meister Oldive so dringend benötigt. Wenn der günstige Wind anhält, wird er morgen am Spätnachmittag im Hafen von Fort eintreffen.«
»Tatsächlich? Ich bin gespannt, was unser guter Sebell zu berichten weiß.«
KAPITEL 2
Nur das Tablett, das er trug, hinderte Piemur daran, Freudensprünge zu vollführen. Für den Meisterharfner selbst zu arbeiten, und sei es noch so indirekt, und zugleich als Lehrling zu Meister Olodkey abgestellt zu werden, war alles andere als ein Prestigeverlust; er hatte nie zu hoffen gewagt, dass er so viel erreichen würde. Allerdings, so gestand sich Piemur ein, hatte er bisher auch kaum einen Gedanken an seine Zukunft verschwendet. Der Stimmwechsel war zu plötzlich gekommen.
Meister Olodkey kam nur selten in die Harfnerhalle; die meiste Zeit verbrachte er droben auf den Trommler-Höhen. Er war ein hagerer, leicht gebeugter Mann mit einem massigen Schädel und struppigem braunen Haar; boshafte Leute behaupteten, er sähe aus wie einer seiner ausgefransten Basstrommelschlägel. Andere meinten, er sei vom Lärm der großen Nachrichtentrommeln längst taub und verstünde die Botschaften nur, weil sein Körper die Luftvibrationen spürte.
Piemur dachte über sein neues Arbeitsverhältnis nach und fand es nicht schlecht: Es gab nur vier Lehrlinge außer ihm, und die hatten ihre Ausbildung fast abgeschlossen; dazu kamen fünf Gesellen, die Meister Olodkey unterstützten. Bei Shonagar hatte er zwar eine Sonderstellung genossen, aber der Meister trug im Grunde die Verantwortung für jeden einzelnen Sänger der Harfnerhalle, während Meister Olodkey selten mehr als zehn Harfner unterstellt waren. Piemur befand sich also wieder
in einer Gruppe von Auserwählten. Und er hatte obendrein einen Geheimauftrag.
Er hüpfte die Treppen hinunter und balancierte dabei geschickt das Tablett. Wenn er dem Meisterharfner erst einmal bewiesen hatte, dass er schweigen konnte wie ein Grab... Robinton täuschte sich gewaltig, wenn er annahm, jeder könnte ihm Dinge entlocken, die er nicht preisgeben wollte. Nichts machte Piemur mehr Spaß, als »Bescheid zu wissen«. Dabei fand er es gar nicht so wichtig, anderen Leuten zu zeigen, wie viel er wusste. Die Tatsache, dass er, Piemur, der Sohn eines kleinen Viehzüchters
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