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Drachenzauber

Drachenzauber

Titel: Drachenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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heller als die im Abflusssystem, und man konnte in der Höhle besser sehen als selbst bei Tag in der Burg.
    Keine zerschmetterte Leiche lag am Boden. Ciarra war nirgendwo zu sehen. Aber sie musste in der Nähe sein.
    »Hallo!«, rief ich laut. »Racker?«
    Eine kleine Gestalt warf sich auf mich und stieß dabei mit dem Kopf gegen meine Rippen. Ich packte Ciarra um die Taille und schwenkte sie zweimal um mich herum, bevor ich sie fest auf den Boden absetzte und schüttelte.
    »Du hast mich zu Tode erschreckt, Racker! Wie bist du auf die dumme Idee gekommen, ins Abflusssystem zu rennen?«
    Ciarras langes blondes Haar, das heller war als meins, hing ihr wirr bis auf den Rücken. Sie trug ebenso wie ich eine Tunika und eine Hose, und ihre Füße waren nackt. Sie schaute jämmerlich drein, aber mir machte sie nichts vor: Reue war das nicht.
    »Also komm«, sagte ich resigniert, »lass uns einen Weg nach draußen finden.«
    So erleichtert ich zunächst auch gewesen war, sie zu finden: Wenn wir nicht mehr hier herauskämen, wäre das kaum besser, als bei dem Sturz zu sterben.
    Den Weg, auf dem ich hereingekommen war, würden wir ganz bestimmt nicht nehmen können. Die Zwergensteine ließen jedoch vermuten, dass diese Höhle einmal benutzt worden war; es musste einen besseren Weg nach draußen geben.
    Die Höhle schien einmal ziemlich offen gewesen sein, aber ihre ursprüngliche Form und das Geröll, wo große Stalaktiten vor Urzeiten abgebrochen und geborsten waren, machten sie jetzt unübersichtlich.
    Es war schwer zu sagen, was sich alles hier einst befunden hatte. Vielleicht hatte sie einmal als Schatz-kammer gedient, aber davon gab es nun keine Spur mehr. In der Mitte der Höhle, wo die Decke höher war, mehrten sich die Stalagmiten und das Geröll.
    Ciarras Füße mussten so fest wie Hufe sein, da sie selten Schuhe trug, aber ich hob sie trotzdem über die größten Schutthaufen hinweg. Als ich über einen abgebrochenen Felsstumpf kletterte, sah ich, was sich hinter dem Durcheinander befand.
    Es hatte immer Gerüchte darüber gegeben, dass in Hurog Schätze verborgen lagen, aus der Zeit, als die Zwerge noch zur Burg kamen und Handel mit Edelsteinen und Metallen trieben. Und tatsächlich gab es hier einen Schatz, aber von einer Art, die ich lieber nicht gesehen hätte. Ich vergaß Ciarra für einen Augenblick, rutschte den Steinhaufen hinunter und ging näher heran.
    Der Drachenschädel, immer noch mit einem eisernen Maulkorb versehen, war so lang wie ich groß war. Eiserne Fesseln banden die Füße, und vier weitere Fesseln umgaben die zarten Knochen der Flügel.
    Mein unseliger Vorfahre, der dieses Verbrechen be-gangen hatte, musste das Fleisch des Drachen durchbohrt haben, um die Flügel mit Eisen zu sichern.
    »Wie konnte er so etwas tun!«, rief ich empört, obwohl die Tat lange zuvor geschehen war und jene, die es getan hatten, mich nicht mehr hören konnten. Meine Stimme hallte von den Höhlenwänden wider und kehrte zu mir zurück. Ich blinzelte die Tränen weg.
    Zart besaitet - so nannte mein Vater mich, wenn er am wütendsten war. Er hasste diese Eigenschaft noch mehr als meine Dummheit. Ein Mann mit empfind-samem Herzen konnte hier nicht überleben, pflegte er zu sagen, und was noch schlimmer war, auch die in seiner Nähe würden sterben. Ich glaubte ihm.
    Dennoch konnte ich mir die Tränen nicht verbeißen, obwohl ich die Augen weit aufriss, damit sie mir nicht übers Gesicht liefen.
    Es gab keine Drachen mehr. Keinen einzigen. Und es waren die Drachen in unseren Bergen gewesen, um derentwillen die Zwerge gekommen waren. Sie hatten mit Handelsgütern für das Privileg ihres Anblicks gezahlt und damit eine Zeit eingeläutet, in der Hurog die reichste Burg in den Fünf Königreichen gewesen war.
    In Hurog hatten die letzten Drachen gelebt. Nach ihrem Verschwinden kehrten auch die Zwerge nicht mehr zurück, und das Land, das zu Hurog gehörte, begann zu sterben, wie die Drachen gestorben waren.
    Sie waren vor Kummer dahingegangen, erzählten die alten Geschichten, und hatten nichts als Erinnerungen zurückgelassen und das Wappen meiner Familie, um die Welt daran zu erinnern, dass es sie einmal gegeben hatte - und was Hurog einst gewesen war.
    Meine Familie hatte zu den Beschützern der Drachen gezählt; einige hatten ihr Leben gegeben, um für ihre Sicherheit zu sorgen, nachdem der erste Hochkönig oder, wie ein paar alte Geschichten es wollten, die Götter selbst ihnen diese Aufgabe übertragen hatten.

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