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Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Danninger
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Kapitel 1
    In den Räumlichkeiten der Notaufnahme
des Kreiskrankenhauses Wollbach war es stickig und heiß. Obwohl erst Ende Mai
war, lagen die Außentemperaturen bereits bei nahezu 30 Grad, was der veralteten
Umluftanlage schwer zu schaffen machte. Die Luftfeuchtigkeit schien sich Stunde
um Stunde zu erhöhen und nun, am späten Nachmittag, hatte man beinahe den
Eindruck, als könnte sich innerhalb der Räume jederzeit ein Gewitter entladen.
    „Schwester Lena, Licht bitte“, forderte mich Oberarzt Heimer
auf.
    Ich kam der Aufforderung nur ungern nach, denn die große
OP-Leuchte gab bei Betrieb mehr Wärme ab, als so mancher Heizstrahler. Das
Phänomen der LED war unserer Krankenhausverwaltung leider noch nicht zu Ohren
gekommen, darum mussten wir uns noch mit veralteten Glühbirnen herumschlagen.
    Trotzdem musste ein Arzt natürlich bei einem Eingriff etwas
sehen können, deshalb stellte ich das Licht an und richtete den Leuchtkegel auf
das Operationsgebiet. Der dazugehörige Patient zuckte sichtlich zusammen.
    Mitfühlend tätschelte ich ihm die Schulter.
    „Ist gleich vorbei“, säuselte ich meinen
Standardberuhigungsspruch, was den Patienten nicht wirklich zu beruhigen
schien. Er stieß ein leises Wimmern aus. Fachmännisch ließ ich meinen Blick
über ihn gleiten. Flache Atmung, gelblich weiße Hautfarbe, kaltschweißig...
Jahrelange Erfahrung in der Notaufnahme sagte mir sofort, dass der Mann kurz
vor einem Kreislaufkollaps stand.
    Ich tauschte mit Oberarzt Heimer einen vielsagenden Blick.
    „Na schön, wir sollten uns beeilen“, seufzte er. „Pinzette,
bitte.“
    Der Patient wimmerte etwas lauter und starrte mit großen
Augen das Instrument an, das ich dem Arzt reichte.
    „Nicht hinsehen“, sagte ich sanft.
    „Es wird gar nicht wehtun“, fügte Heimer noch an.
    Ein eher ungläubiges Schnaufen entwich dem Patienten, doch er
ließ ergeben seinen Kopf auf die Liege zurück sinken und schloss die Augen.
    Der Oberarzt beugte sich über den Mann und setzte
konzentriert die Pinzette an. „Sooo...“
    „Aaaaah!“
    „Stillhalten!“
    „... und schon haben wir es!“
    Ich hielt dem Arzt eine Kompresse entgegen und nahm das
Corpus Delicti entgegen.
    „Ist alles weg?“, fragte der Patient um Atem ringend. „Ist
alles draußen?“
    „Mal sehen…“ Kritsch betrachtete ich das schwarze Etwas auf
der Kompresse. „Körper, Beine, Kopf... ja, eindeutig eine komplette Zecke.“
    Der Mann blinzelte ein paar Mal, dann stöhnte er erleichtert
auf. „Gott sei Dank!“
    Oberarzt Heimer zog eine Braue hoch und begann dann ein paar
Zeilen für den Hausarzt zu kritzeln. Nun, eigentlich waren es genau zwei Zeilen
- Diagnose: Zeckenbiss, Therapie: Zecke entfernt, Weiterbehandlung: Beobachtung
der Bissstelle.
    Eigentlich Schade ums Papier, aber so war das mit der
Bürokratie im Gesundheitswesen.
    Während der Patient sich langsam wieder beruhigte, ertränkte
ich die Zecke in Desinfektionsmittel und entsorgte sie fachgerecht im
Mülleimer.
    „Sie können sich jetzt wieder anziehen“, sagte ich zu dem
Mann, da seine Gesichtsfarbe wieder im Normbereich erstrahlte.
    „Und was ist mit der Wunde?“, fragte er mich ängstlich.
„Bekomme ich denn keinen Verband?“
    Stirnrunzelnd betrachtete ich den winzigen roten Punkt, der
die Bezeichnung Wunde nicht einmal annähernd verdient hatte. „Wissen Sie“,
meinte ich schließlich gedehnt, „ich würde sagen, in Ihrem Fall verzichten wir
darauf.“
    „Warum?“
    „Naja, ich glaube nicht, dass es sehr angenehm ist, ein
Pflaster vom Hoden wieder abzuziehen.“
    Der Mann überlegte kurz. „Wahrscheinlich nicht“, pflichtete
er mir bei. Dann stand er auf und zog seine Hose hoch.
    Dramatische Szenen spielten sich im Wartezimmer ab, als ich
den Herrn seiner besorgten Ehefrau übergab. Jeder unwissende Beobachter war
sich sicher, dass wir dem Mann soeben das Leben gerettet hatten.
    Natürlich hatten wir das, dafür ist die Notaufnahme
schließlich da!
    Mit einem leichten Kopfschütteln ging ich zurück in den
Behandlungsraum und gesellte mich zu OA Heimer, der gerade ein Röntgenbild
betrachtete.
    Er warf mir einen skeptischen Seitenblick zu. „Und, Lena? Sie
haben ja gar keinen männerfeindlichen Spruch auf den Lippen? Das bin ich von
Ihnen aber nicht gewöhnt!“
    Ich räusperte mich leicht. „Nun, ich übe mich in Mitgefühl.“
    Heimer schmunzelte. „Aha.“
    Natürlich glaubte er mir nicht, dafür arbeiteten wir beide
schon zu lange zusammen. Der wahre Grund für

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