Draculas Erben - Todesbiss der schwarzen Mamba
fünf Portionen Schoko-Eis rein, was aber nicht half
gegen Sonnenbrand.
Hm, dachte Tim. Vielleicht
sollte ich nochmal geistig Strecke legen, damit Pfote klarer sieht. Könnte ihr
helfen beim Grübeln.
„Fakt ist“, erklärte er mit
gespannter Oberlippe, „dass es sich um die letzte Ausgabe unserer
Schülerzeitung handelt in diesem Schuljahr. Sie muss besonders gut werden und
sie muss fertig sein vor den Sommerferien. Kein Problem — denn fast alle
Textbeiträge und Fotos sind da. Nur der Hit für unsere Job-Serie fehlt noch.
Dazu, Pfote, hättest du ‘ne Idee, hast du gesagt.“
Gaby nickte auf ihre Unterarme
und aus dem Schmollmund wurde ein Kussmündchen, wovon Tim freilich nichts
hatte, denn er saß fünf Schritte entfernt.
Die Job-Serie ist eine ständige
Rubrik im Heimschul-Beobachter, wie der sperrige Titel der
Schülerzeitung lautet. In der Serie werden neuartige und aussichtsreiche Berufe
vorgestellt und mindestens einer der ausübenden Profis zur Sache interviewt.
Bei den Schulabgängern mit mittlerer Reife und den Abiturienten findet das
besonderen Anklang.
„Die Frau heißt Verena Holik“,
berichtete Gaby. „Ihre kriminelle Vorgeschichte dürfte ich eigentlich gar nicht
wissen. Aber ich war zufällig nebenan, als sich Papi mit Wespe über die Holik
unterhielt. Und ich hab’ doch tatsächlich vergessen, mir die Ohren zuzuhalten.“
Die Jungs grinsten. Mit Wespe
war natürlich Inspektor Bienert gemeint, der ausgeflippte Assi und Mitarbeiter
von Hauptkommissar Glockner. Wespe — dauerverliebt in Gaby — versteht sich
bombig mit TKKG und gibt auch mal Infos raus, die eher topsecret (streng
geheim) sind.
„Das Verbrecherische erzähle
ich später“, sagte Gaby. „Für uns ist Verena interessant, weil sie als
Location-Scout arbeitet.“
„Häh?“, fragte Klößchen.
„Sagtest du Location-Scout?“
„Exakt.“
„Und was soll das sein?“
„Denk nach!“, meinte Tim. „Ein
Scout ist ein Kundschafter. Das wissen schon die Pamper-Kids. Eine Location ist
eine Gegend, eine Lage, ein Drehort. Flab’ zwar noch nichts gehört von diesem
Beruf, aber ich vermute mal, Pfote: Verena späht Drehorte aus für Film und
Fernsehen. Denn ob Daily Soap, Krankenhaus-Serie, Beziehungsdrama oder Krimi —
wenn immer dieselbe Kulisse abgelichtet wird, schlafen dem Zuseher die
Netzhäute ein und die Einschaltquote geht in den Keller.“
„Du hast es mal wieder
geschnallt“, nickte Gaby. „Genau so oder so ähnlich arbeitet Verena. Und das
ist ein ganz neuer Beruf.“
„Braucht man dafür Abitur?“,
feixte Klößchen.
„Eher wohl einen künstlerischen
Scharfblick wie ein Kameramann“, vermutete Karl.
„Location-Scout“, murmelte Tim.
„Echt super für unsere Serie. Diese Verena nehmen wir uns vor.“ Fragender Blick
zu Gaby. „Und die Vorgeschichte, die kriminelle?“
Gaby wiegte den goldblonden
Kopf. „Offenbar eine ganz heiße Pfanne. Das Meiste weiß ich nur ungefähr, denn
ich wollte ja Papi nicht löchern und Wespe war dann gleich unterwegs und nicht
greifbar. Jedenfalls liegt der Coup mindestens fünf oder sechs Jahre zurück.
Damals haben zwei Typen einen Geldtransport überfallen und fünf Millionen
erbeutet. Das war noch zu D-Mark-Zeiten. Heute würde es also — übers Däumchen
gepeilt — etwa 2,5 Millionen Euros entsprechen. Der eine heißt Fritz Vonlipp,
der andere Bert Nachtwähr. Bert wurde nach ein paar Tagen gefasst, hatte aber
null Beute. Gegen Strafmilderung hat er einen Deal angeboten, einen Kuhhandel.
Das heißt, er hat Vonlipp verraten. Der war der eigentliche Täter, ein
Kotzbrocken hoch hundert. Angeblich hat er Bert zum Mitmachen gezwungen. Naja,
also Festnahme. Aber keine Spur von den Millionen. Und Fritz Vonlipp schweigt
wie ein Grab. Behauptet zwar, Bert hätte die Kohle, aber das glaubt nicht mal
Vonlipps Anwalt.“
Gaby machte eine Pause und
wickelte eine lange Haarsträhne um den rechten Zeigefinger. Tim blickte zum
Fenster. Es war spaltweit geöffnet, aber der Vorhang geschlossen. Ein
glutheißer Sommerwind, der keine Erfrischung brachte in den Straßen der
Altstadt, bauschte den geblümten hellen Stoff.
„Vonlipps Strafe fiel doppelt
so hoch aus. Bert Nachtwähr wurde schon im Juli 2000 entlassen.“
Tim hatte mitgedacht und
fragte: „Und mit wem ist oder war Verena Holik verhandelt?“
Gaby lächelte. „Natürlich mit
Bert. Eine feste Beziehung. Wohl schon lange. Sie hat auf ihn gewartet. Aber
nun ist er tot.“
„Tot?“
„Offenbar wollte er
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