Dragon Fire
verdiente als Olgeir der
Verschwender.
Ragnar ging die lange
Höhle entlang, bis er den Alkoven erreichte, wo sie die Prinzessin
untergebracht hatten. Er blieb direkt davor stehen und knirschte mit den Zähnen,
während er den ältesten seiner Vettern, Meinhard, beobachtete, der einen Kelch
Wein an die königlichen Lippen setzte. Keitas dunkelbraune Augen waren ausschließlich
auf den großen Mann konzentriert, und sie nippte an dem Kelch, während ihre
schmalen Finger über Meinhards Pranken lagen. Als sie genug hatte, lehnte sie
sich zurück und leckte sich mit der Zunge erst über die Unter-, dann über die
Oberlippe.
Er konnte seinen
Vetter aus dieser Entfernung knurren hören, und Ragnar hatte keine Geduld für
so etwas.
»Raus!«, befahl er,
während er den Alkoven betrat.
Nicht annähernd so
eingeschüchtert von ihm wie die jüngeren Drachen, richtete sich Meinhard
langsam auf und sagte: »Ich glaube, ich bleibe.«
Ragnar wusste, dass seine
Sippe ihn noch nicht als Anführer akzeptierte. Weil sein Vater noch am Leben
war und sich bester Gesundheit erfreute und die Horde obendrein fest im Griff
hatte, war das keine Überraschung. Aber Meinhard würde, genau wie die anderen,
lernen müssen, dass Ragnar keinen Ungehorsam duldete.
Er drehte das
Handgelenk und murmelte einen kleinen Zauber, und sein Vetter segelte aus dem
Alkoven, während der Weinkelch über den Steinboden rollte.
»Du Mistkerl !«, schrie Meinhard von draußen.
Ragnar ignorierte ihn und
trat zu der Prinzessin. Er konnte erkennen, was seine Sippe so reizte, auch
wenn sie nur ihre winzige Menschengestalt gesehen hatten, seit sie sie auf der
Flucht vor seinem Vater geschnappt hatten. Diese üppigen dunkelroten Haare, die
ihr bis zu den Knien reichten, die perfekten Wangenknochen, die kleine Nase,
die quer über den Nasenrücken leicht mit Sommersprossen gesprenkelt war, und
diese unglaublich vollen Lippen. Doch für Ragnar waren es die dunkelbraunen
Augen, die ihn zu ihrem Diener machten. Sie waren unendlich tief, eine
bodenlose dunkle Grube, in der sich jedes männliche Wesen verlieren konnte. Zu
schade, dass Ragnar nicht vorhatte, jedes männliche Wesen zu sein – egal, wie
sehr er sich das im Moment auch wünschen mochte.
»Na?«, fragte sie halblaut.
»Was hast du mit mir vor, Mylord?«
Ragnar antwortete
nicht sofort; seine Gedanken waren zu beschäftigt mit der Frage, was sie beide
zusammen tun konnten, wenn sie nichts weiter als eine Matratze und einen
Wochenvorrat an Essen und Wasser hätten. Also gähnte sie und benutzte das als
Vorwand, um ihre gefesselten Hände über den Kopf zu heben und ihren ganzen
Körper lang und geschmeidig zu strecken. Dann lächelte sie. Das
verführerischste Lächeln, das Ragnar je gesehen hatte. Allein für dieses
Lächeln hasste er sie beinahe.
Ragnar wedelte mit der
Hand, und die Fesseln fielen ab – eine von ihnen direkt auf den Kopf der
Prinzessin.
»Au! Du
Barbarentrampel!«
Er hätte fast gelacht,
denn da kamen die wahre verzogene Prinzessin und der Grund dafür, dass es überhaupt
nötig war, sie zu fesseln zum Vorschein. Sie hatte während ihrer Reise mehrmals
versucht, davonzulaufen, und Ragnar hatte irgendwann genug davon gehabt. Sie
konnte so tief unter der Erde nirgendwohin, deshalb hatte sie sie nur
aufgehalten, weiter nichts.
Ragnar wandte sich von
ihr ab und ging auf den Ausgang zu. Er hatte Hunger und sehnte sich nach
Schlaf. In ein paar Stunden hatte er ein Treffen mit der Königin, deshalb
brauchte er zumindest ein bisschen Ruhe.
»Warte.«
Er blieb stehen,
seufzte und wandte sich zu ihr um. »Was?«
Sie stand auf und
deutete auf ihr Halsband. »Was ist damit?«
»Es wird abfallen,
wenn du weit genug von hier und von meiner Sippe weg bist.« Das Letzte, was er
brauchen konnte, war, dass sie hier ihre natürliche Gestalt annahm und seine
Sippe zu neuen Dummheiten anstiftete, wenn sie erst einmal einen genaueren
Blick auf ihren Schwanz geworfen hatten. »Und jetzt geh.«
»Das war’s? Aber … was
hast du für mich bekommen?«
»Für dich bekommen?«
»Von meiner Familie?
Wie viel Gold?« Sie reckte das Kinn vor. »Ich bin mir sicher, ich war ziemlich
viel wert, aber das wird dich nicht vor meinen Brüdern schützen, wenn sie
erfahren, was du mir angetan hast.«
»Ich habe dich
gerettet.«
»Ich habe mich selbst gerettet. Aber versuchen kann man’s ja
mal.«
Glaubte sie wirklich,
sein Vater hätte sie gehen lassen? Glaubte sie wirklich, Olgeir hätte sie nicht
wieder
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