Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
Vom Netzwerk:
weniger elend.
    Ferdinand.
Kalte Pflicht gegen feurige Liebe! – Und mich soll das Märchen blenden? Ein Liebhaber fesselt dich, und Weh über dich und ihn, wenn mein Verdacht sich bestätigt. (Geht schnell ab.)
Fünfte Scene.
    Luise allein. – Sie bleibt noch eine Zeit lang ohne Bewegung und stumm in dem Sessel liegen, endlich steht sie auf, kommt vorwärts und sieht furchtsam herum.
    Luise
Wo meine Eltern bleiben? – Mein Vater versprach, in wenigen Minuten zurück zu sein, und schon sind fünf volle fürchterliche Stunden vorüber – Wenn ihm ein Unfall – wie wird mir? – Warum geht mein Odem so ängstlich?
    (Jetzt tritt Wurm in das Zimmer und bleibt im Hintergrund stehen, ohne von ihr bemerkt zu werden.)
    Es ist nichts Wirkliches – Es ist nichts als das schaudernde Gaukelspiel des erhitzten Geblüths – Hat unsre Seele nur einmal Entsetzen genug in sich getrunken, so wird das Aug in jedem Winkel Gespenster sehn.
    Sechste Scene.
    Luise und Secretär Wurm .
    Wurm (kommt näher).
Guten Abend, Jungfer.
    Luise.
Gott! Wer spricht da? (Sie dreht sich um, wird den Secretär gewahr und tritt erschrocken zurück.) Schrecklich! Schrecklich! Meiner ängstlichen Ahnung eilt schon die unglückseligste Erfüllung nach. (Zum Secretär mit einem Blick voll Verachtung.) Suchen Sie etwa den Präsidenten? Er ist nicht mehr da.
    Wurm.
Jungfer, ich suche Sie.
    Luise.
So muß ich mich wundern, daß Sie nicht nach dem Marktplatz gingen.
    Wurm.
Warum eben dahin?
    Luise.
Ihre Braut von der Schaubühne abzuholen.
    Wurm.
Mamsell Millerin, Sie haben einen falschen Verdacht –
    Luise (unterdrückt eine Antwort).
Was steht Ihnen zu Diensten?
    Wurm.
Ich komme, geschickt von Ihrem Vater.
    Luise (bestürzt).
Von meinem Vater? – Wieder ist mein Vater?
    Wurm.
Wo er nicht gern ist.
    Luise.
Um Gotteswillen! Geschwind! Mich befällt eine üble Ahnung – Wo ist mein Vater?
    Wurm.
Im Thurm, wenn Sie es ja wissen wollen.
    Luise (mit einem Blick zum Himmel).
Das noch! Das auch noch! – Im Thurm? Und warum im Thurm?
    Wurm.
Auf Befehl des Herzogs.
    Luise.
Des Herzogs?
    Wurm.
Der die Verletzung der Majestät in der Person seines Stellvertreters –
    Luise.
Was? was? O ewige Allmacht!
    Wurm.
Auffallend zu ahnden beschlossen hat.
    Luise.
Das war noch übrig! Das! – Freilich, freilich, mein Herz hatte noch außer dem Major etwas Theures – das durfte nicht übergangen werden – Verletzung der Majestät – Himmlische Vorsicht! Rette! o rette meinen sinkenden Glauben! – Und Ferdinand?
    Wurm.
Wählt Lady Milford, oder Fluch und Enterbung.
    Luise.
Entsetzliche Freiheit! – Und doch – doch ist er glücklicher. Er hat keinen Vater zu verlieren. Zwar keinen haben , ist Verdammniß genug! – Mein Vater auf Verletzung der Majestät – mein Geliebter die Lady oder Fluch und Enterbung – Wahrlich bewundernswerth! Eine vollkommene Büberei ist auch eine Vollkommenheit – Vollkommenheit? Nein! dazu fehlt noch etwas — Wo ist meine Mutter?
    Wurm.
Im Spinnhaus.
    Luise (mit schmerzvollem Lächeln).
Jetzt ist es völlig! – Völlig, und jetzt wär' ich ja frei – Abgeschält von allen Pflichten – und Thränen – und Freuden. Abgeschält von der Vorsicht. Ich brauch' sie ja nicht mehr – (Schreckliches Stillschweigen.) Haben Sie vielleicht noch eine Zeitung? Reden Sie immerhin. Jetzt kann ich Alles hören.
    Wurm.
Was geschehen ist, wissen Sie.
    Luise.
Also nicht, was noch kommen wird? (Wiederum Pause, worin sie den Secretär von oben bis unten ansieht.) Armer Mensch! du treibst ein trauriges Handwerk, wobei du unmöglich selig werden kannst. Unglückliche machen , ist schon schrecklich genug, aber gräßlich ist's, es ihnen verkündigen – ihn vorzusingen, den Eulengesang, dabei stehn, wenn das blutende Herz am eisernen Schaft der Nothwendigkeit zittert und Christen an Gott zweifeln – Der Himmel bewahre mich! Und würde dir jeder Angsttropfe, den du fallen siehst, mit einer Tonne Golds aufgewogen – ich möchte nicht du sein — Was kann noch geschehen?
    Wurm.
Ich weiß nicht.
    Luise.
Sie wollen nicht wissen? – Diese lichtscheue Bothschaft fürchtet das Geräusch der Worte, aber in der Grabesstille Ihres Gesichts zeigt sich mir das Gespenst – Was ist noch übrig? – Sie sagten vorhin, der Herzog wollte es auffallend ahnden? Was nennen Sie auffallend?
    Wurm.
Fragen Sie nichts mehr.
    Luise.
Höre, Mensch! Du gingst beim Henker zur Schule. Wie verstündest du sonst, das Eisen erst langsam bedächtlich an

Weitere Kostenlose Bücher