Dramatische Werke
Laune nicht, eine Nebenbuhlerin zu empfangen. Erinnern Sie sich, wer Sie sind. Rufen Sie Ihre Geburt, Ihren Rang, Ihre Macht zu Hilfe. Ein stolzeres Herz muß die stolze Pracht Ihres Anblicks erheben.
Lady (zerstreut).
Was schwatzt die Närrin da?
Sophie (boshaft).
Oder ist es vielleicht Zufall, daß eben heute die kostbarsten Brillanten an Ihnen blitzen? Zufall, daß eben heute der reichste Stoff Sie bekleiden muß – daß Ihre Antichambre von Heiducken und Pagen wimmelt und das Bürgermädchen im fürstlichen Saal Ihres Palastes erwartet wird?
Lady (auf und ab voll Erbitterung).
Verwünscht! Unerträglich! Daß Weiber für Weiberschwächen solche Luchsaugen haben! — Aber wie tief, wie tief muß ich schon gesunken sein, daß eine solche Creatur mich ergründet!
Ein Kammerdiener (tritt auf).
Mamsell Millerin –
Lady (zu Sophien).
Hinweg, du! Entferne dich! (Drohend, da diese noch zaudert.) Hinweg! Ich befehl' es! (Sophie geht ab, Lady macht einen Gang durch den Saal.) Gut! Recht gut, daß ich in Wallung kam! Ich bin, wie ich wünschte! (Zum Kammerdiener.) Die Mamsell mag hereintreten. (Kammerdiener geht. Sie wirft sich in den Sopha und nimmt eine vornehm-nachlässige Lage an.)
Siebente Scene.
Luise Millerin tritt schüchtern herein und bleibt in einer großen Entfernung von der Lady stehen; Lady hat ihr den Rücken zugewandt und betracht sie eine Zeit lang aufmerksam in dem gegenüber stehenden Spiegel.
Luise. (Nach einer Pause.)
Gnädige Frau, ich erwarte Ihre Befehle.
Lady (dreht sich nach Luisen um und nickt nur eben mit dem Kopfe, fremd und zurückgezogen).
Aha! Ist Sie hier? – Ohne Zweifel die Mamsell – eine gewisse – wie nennt man Sie doch?
Luise (etwas empfindlich).
Miller nennt sich mein Vater, und Ihro Gnaden schickten nach seiner Tochter.
Lady.
Recht! Recht! ich entsinne mich – die arme Geigerstochter, wovon neulich die Rede war. (Nach einer Pause vor sich.) Seht interessant, und doch keine Schönheit – (Laut zu Luisen.) Treten Sie näher, mein Kind. (Wieder vor sich.) Augen, die sich im Weinen übten – Wie lieb' ich sie, diese Augen! (Wiederum laut.) Nur näher – Nur ganz nah – Gutes Kind, ich glaube, du fürchtest mich?
Luise (groß, mit entschiedenem Ton).
Nein, Milady. Ich verachte das Urtheil der Menge.
Lady (vor sich).
Sieh doch! und diesen Trotzkopf hat sie von ihm . (Laut.) Man hat Sie mir empfohlen, Mamsell. Sie soll was gelernt haben und sonst auch zu leben wissen – Nun ja. Ich will's glauben – auch nähm' ich die ganze Welt nicht, einen so warmen Fürsprecher Lügen zu strafen.
Luise.
Doch kenn' ich Niemand, Milady, der sich Mühe gäbe, mir eine Patronin zu suchen.
Lady (geschraubt).
Mühe um die Clientin oder Patronin?
Luise.
Das ist mir zu hoch, gnädige Frau.
Lady.
Mehr Schelmerei, als diese offene Bildung vermuthen läßt! Luise nennt sie sich? Und wie jung, wenn man fragen darf?
Luise.
Sechzehn gewesen.
Lady (steht rasch auf).
Nun ist's heraus! Sechzehn Jahre! Der erste Puls dieser Leidenschaft! – Auf dem unberührten Clavier der erste einweihende Silberton – Nichts ist verführender – Setz dich, ich bin dir gut, liebes Mädchen – Und auch er liebt zum ersten Mal – Was Wunder, wenn sich die Strahlen eines Morgenroths finden? (Sehr freundlich und ihre Hand ergreifend.) Es bleibt dabei, ich will dein Glück machen, Liebe – Nichts, nichts als die süße, frühe verfliegende Träumerei. (Luisen auf die Wange klopfend.) Meine Sophie heirathet. Du sollst ihre Stelle haben – Sechzehn Jahr! Es kann nicht von Dauer sein.
Luise (küßt ihr ehrerbietig die Hand).
Ich danke für diese Gnade, Milady, als wenn ich sie annehmen dürfte.
Lady (in Entrüstung zurückfallend).
Man sehe die große Dame! – Sonst wissen sich Jungfern Ihrer Herkunft noch glücklich, wenn sie Herrschaften finden – Wo will denn Sie hinaus, meine Kostbare? Sind diese Finger zur Arbeit zu niedlich? Ist es Ihr Bischen Gesicht, worauf Sie so trotzig thut?
Luise.
Mein Gesicht, gnädige Frau, gehört mir so wenig, als meine Herkunft.
Lady.
Oder glaubt Sie vielleicht, das werde nimmer ein Ende nehmen? – Armes Geschöpf, wer dir das in den Kopf setzte – mag er sein, wer er will – er hat euch Beide zum Besten gehabt. Diese Wangen sind nicht im Feuer vergoldet. Was dir dein Spiegel für massiv und ewig verkauft, ist nur ein dünner, angeflogener Goldschaum, der deinem Anbeter über kurz oder lang in der Hand bleiben muß – Was werden wir dann
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