Dramatische Werke
Sie in seine Arme! Reißen Sie ihn zum Altar – Nur vergessen Sie nicht, daß zwischen Ihren Brautkuß das Gespenst einer Selbstmörderin stürzen wird – Gott wird barmherzig sein – Ich kann mir nicht anders helfen! (Sie stürzt hinaus.)
Achte Scene.
Lady allein, steht erschüttert und außer sich, den starren Blick nach der Thüre gerichtet, durch welche die Millerin weggeeilt; endlich erwacht sie aus ihrer Betäubung.
Lady.
Wie war das? Wie geschah mir? Was sprach die Unglückliche? – Noch, o Himmel! noch zerreißen sie meine Ohren, die fürchterlichen, mich verdammenden Worte: nehmen Sie ihn hin! – Wen , Unglückselige? das Geschenk deines Sterberöchelns – das schauervolle Vermächtniß deiner Verzweiflung? Gott! Gott! Bin ich so tief gesunken – so plötzlich von allen Thronen meines Stolzes herabgestürzt, daß ich heißhungrig erwarte, was einer Bettlerin Großmuth aus ihrem letzten Todeskampfe mir zuwerfen wird? – Nehmen Sie ihn hin! und das spricht sie mit einem Tone, begleitet sie mit einem Blick — Ha! Emilie! bist du darum über die Grenzen deines Geschlechts weggeschritten? Mußtest du darum um den prächtigen Namen des großen brittischen Weibes buhlen, daß das prahlende Gebäude deiner Ehre neben der höheren Tugend einer verwahrlosten Bürgerdirne versinken soll? – Nein, stolze Unglückliche! nein! – Beschämen läßt sich Emilie Milford – doch beschimpfen nie! Auch ich habe Kraft, zu entsagen.
(Mit majestätischen Schritten auf und nieder.)
Verkrieche dich jetzt, weiches, leidendes Weib! – Fahret hin, süße, goldene Bilder der Liebe – Großmuth allein sei jetzt meine Führerin! — Dieses liebende Paar ist verloren, oder Milford muß ihren Anspruch vertilgen und im Herzen des Fürsten erlöschen! (Nach einer Pause, lebhaft.) Es ist geschehen! – Gehoben das furchtbare Hinderniß – zerbrochen alle Bande zwischen mir und dem Herzog, gerissen aus meinem Busen diese wüthende Liebe! — In deine Arme werf' ich mich, Tugend! – Nimm sie auf, deine reuige Tochter Emilie! – Ha! wie mir so wohl ist! Wie ich auf einmal so leicht, so gehoben mich fühle! – Groß, wie eine fallende Sonne, will ich heut vom Gipfel meiner Hoheit heruntersinken, meine Herrlichkeit sterbe mit meiner Liebe, und nichts als mein Herz begleite mich in diese stolze Verweisung. (Entschlossen zum Schreibpult gehend.) Jetzt gleich muß es geschehen – jetzt auf der Stelle, ehe die Reize des lieben Jünglings den blutigen Kampf meines Herzens erneuern. (Sie setzt sich nieder und fängt an zu schreiben.)
Neunte Scene.
Lady. Ein Kammerdiener. Sophie , hernach der Hofmarschall , zuletzt Bedienter .
Kammerdiener.
Hofmarschall von Kalb stehen im Vorzimmer mit einem Auftrag vom Herzog.
Lady (in der Hitze des Schreibens.)
Auftaumeln wird sie, die fürstliche Drahtpuppe! Freilich! Der Einfall ist auch drollig genug, so eine durchlauchtigte Hirnschale auseinander zu treiben! – Seine Hofschranzen werden wirbeln – Das ganze Land wird in Gährung kommen.
Kammerdiener
und Sophie. Der Hofmarschall, Milady –
Lady (dreht sich um).
Wer? Was? – Desto besser! Diese Sorte von Geschöpfen ist zum Sacktragen auf der Welt. Er soll mir willkommen sein.
Kammerdiener (geht ab).
Sophie (ängstlich näher kommend).
Wenn ich nicht fürchten müßte, Milady, es wäre Vermessenheit (Lady schreibt hitzig fort.) Die Millerin stürzte außer sich durch den Vorsaal – Sie glühen – Sie sprechen mit sich selbst. (Lady schreibt immer fort.) Ich erschrecke – Was muß geschehen sein?
Hofmarschall (tritt herein, macht dem Rücken der Lady tausend Verbeugungen; da sie ihn nicht bemerkt, kommt er näher, stellt sich hinter ihren Sessel, sucht den Zipfel ihres Kleides wegzukriegen und drückt einen Kuß darauf, mit furchtsamem Lispeln). Serenissimus –
Lady (indem sie Sand streut und das Geschriebene durchfliegt).
Er wird mir schwarzen Undank zur Last legen – Ich war eine verlassene. Er hat mich aus dem Elend gezogen – Aus dem Elend? – Abscheulicher Tausch! – Zerreiße deine Rechnung, Verführer! Meine ewige Schamröthe bezahlt sie mit Wucher.
Hofmarschall (nachdem er die Lady vergeblich von allen Seiten umgangen hat).
Milady scheinen etwas distrait zu sein – Ich werde mir wohl selbst die Kühnheit erlauben müssen. (Sehr laut.) Serenissimus schicken mich, Milady zu fragen, ob diesen Abend Vauxhall sein werde oder deutsche Komödie?
Lady (lachend aufstehend).
Eines von beiden, mein Engel –
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