Dray Prescot 02-Die Sonnen von Scorpio
lächelte, lachte in diesem Augenblick laut heraus, denn ich wußte, daß ich wieder auf Kregen war. Ich spürte es an der Leichtigkeit meines Körpers, am Duft des Windes, an dem gemischten Licht, das opal schimmernd von den Doppelsonnen von Antares ausging.
Ich fühlte mich frei, verjüngt, lebendig, herrlich lebendig, und das Blut rauschte durch meinen Körper. Ich war bereit für alles, was dieses schöne, gefährliche und geliebte Kregen zu bieten hatte. In seltsam berauschter Neugier sah ich mich um.
Der vertraute rosa Sonnenschein tauchte die Landschaft in sein weiches Licht. Eine Baumgruppe vor mir wiegte sich sanft im Wind und zeigte die weißrosa Blüten des Missal.
Unter meinen Füßen Gras, das so herrlich grün war, wie man es auf der Erde kaum noch findet. Weit draußen schnitt der Horizont des Meeres sauber durch den leuchtenden Himmel. Ich atmete tief ein und ließ meinen Brustkorb anschwellen. So frisch und lebendig hatte ich mich seit meiner Entführung aus dem Strombor-Palast in Zenicce nicht mehr gefühlt. Ich war wieder auf Kregen! Ich war zu Hause!
Langsam stieg ich auf die Graskante zu, die sich links von mir erstreckte, im rechten Winkel zum Meer. Ich war nackt, wie ich es nicht anders erwartet hatte. Wenn mich die Herren der Sterne wieder auf diese Welt gebracht hatten – oder die Savanti, die leidenschaftslosen, nahezu vollkommenen Menschen aus der Schwingenden Stadt Aphrasöe –, war das ganz natürlich. Wie ich annahm, war ich in einer bestimmten Absicht wieder auf diese Welt gebracht worden – ich glaubte bereits etwas von den Kräften zu verstehen, die mich vierhundert Lichtjahre durch den interstellaren Weltraum transportiert hatten.
Das Gras fühlte sich unter meinen Füßen weich und federnd an, und der Wind blies mir durch das Haar. Am Rand des Abgrunds blieb ich stehen und überschaute eine Szene, die in ihrer Schönheit unglaublich war. Ich war wieder auf Kregen! Ich hatte zwar keine Ahnung, an welchem Punkt der Planetenoberfläche man mich abgesetzt hatte, aber das war mir gleichgültig. Was immer mir in den nächsten Tagen widerfahren würde – eines wußte ich: Ich würde das Haus Strombor in Zenicce finden, in jener stolzen Stadt auf dem Kontinent Segesthes; ich würde Delia wieder in die Arme schließen. Wenn sie Strombor verlassen hatte, wo sie sich als Ausländerin fühlen mußte, und in ihre Heimat, in die Blauen Berge auf Vallia zurückgekehrt war, zu ihrem Vater, dem Herrscher des Vereinigten Inselreiches, dann wollte ich ihr dorthin folgen. Ich würde bis ans Ende Kregens ziehen, um Delia von den Blauen Bergen wiederzufinden.
Unter mir erstreckte sich ein Felsvorsprung, der aus dem Hang herausgehauen worden war. Darunter war ein zweiter zu sehen, gefolgt von einem dritten. Jede Stufe war etwa hundert Meter breit. Sie fielen wie eine unvorstellbar große Treppe ab, bis die letzte Terrasse unter der ruhigen Oberfläche eines schmalen Wasserstreifens verschwand. Auf der anderen Seite stiegen die Vorsprünge wie Felsstufen wieder aus dem Wasser und wichen Etage um Etage zurück, bis ich etwa fünf Meilen entfernt die gegenüberliegende Oberkante des Einschnitts ausmachte. Da und dort zogen sich kleinere Treppen durch die Felshänge. Ich drehte mich um und schaute landeinwärts. Dort verlor sich der Horizont im Dunst.
Die Schlußfolgerung erschien mir ungewöhnlich, ja sogar lächerlich, doch nach der Größe der Zwischenstufen zu urteilen, nach den glatten Gesteinsflächen und der Ebenmäßigkeit der Anlage mußte dieser Riesenkanal von Menschenhand geschaffen worden sein. Oder wenn schon nicht von Menschen gegraben, dann hatte der Mensch auf jeden Fall einen Kanal umgestaltet, der den unruhigen Äußeren Ozean mit dem ruhigeren und glatteren Wasser eines Binnenmeers verband.
Von einem Lebewesen keine Spur. Doch hatte ich das Gefühl, daß eine vorspringende Masse auf der höchsten Ebene unmittelbar gegenüber, rechteckig wirkend und in der sauberen Luft flimmernd, eine Art Behausung sein mußte. Leichter Rauch stieg von der Oberkante auf und verlor sich im Wind.
Bei meinem letzten Auftauchen auf Kregen hatte mir Delias Schrei in den Ohren geklungen. Auch diesmal hörte ich einen Schrei; doch ich wußte sofort, daß nicht Delia ihn ausgestoßen hatte.
Ich lief auf den Abgrund zu, aus dem der Wind kam und durch den das leise Rauschen des Meeres mit der warmen Luft heraufwehte. Dort sah ich eine Gestalt aus einem Hain wanken und ins Gras stürzen.
Als ich den
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