Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
befördern und so zu tun, als würde ich weiteressen. Von nun ab begnügte ich mich mit Brot und sah mit Argusaugen auf die Salatteller meines Mannes und meiner Tochter. Ich verfolgte jeden Bissen der beiden. Es dauerte aber nicht lange, bis auch meine Tochter große Augen machte, den zuletzt in den Mund geschobenen Bissen in ihrer Serviette platzierte und sofort aufhörte zu essen. In ihrem Salat hatte sich zwischen Essig und Öl ebenfalls eine große, noch lebende Schnecke breitgemacht. Mein Mann war zwischenzeitlich fertig und meinte kurz und trocken, ob er wohl auch eine Fleischeinlage hatte, ohne es zu merken? Worauf ich ihn aber beruhigen konnte, denn ich hatte seit meinem Schneckenerlebnis alle Bissen der beiden verfolgt. Der herbeigerufene Kellner gestikulierte ziemlich wild, bot an etwas anderes zu bringen, aber sowohl meiner Tochter als auch mir war der Appetit gründlich vergangen. Wir bestellten noch ein Bier und redeten uns ein, dass wir so auch unsere am Tag verbrauchten Kalorien wieder ersetzen konnten.
Gegen neun Uhr am Abend wurde es dann richtig laut. Viele Familien kamen mit ihren Kindern auf den Hauptplatz. Aus jeder Ecke kam eine Blaskapelle und Böllerschützen. Wir machten uns auf und wollten uns schlafen legen. An Schlaf war weder bei uns noch bei meiner Tochter und Enkelin zu denken. Gegen elf Uhr kam die Blaskapelle und platzierte sich direkt unter unseren Fenstern. Dies ging bis zwei Uhr morgens lautstark weiter. Endlich zogen die Kapelle und ihre Gefolgschaft, darunter viele Kinder, weiter. Nun konnten wir schlafen. Die Musik war nur noch von Weitem zu hören. Es dauerte aber nicht lange und sie kamen zurück. Es war vier Uhr morgens. Wieder ging es von vorne los. Gegen sechs Uhr morgens zogen sie endgültig ab. Jetzt mussten wir aufstehen. Bis heute konnten wir nicht ergründen, was da gefeiert wurde.
25. Mai Estella – Torres del Rio (29 km)
Nichts wie weg, sagten wir übereinstimmend. Nach einem Blick in unseren Reiseführer überlegten wir, wo wir frühstücken wollten. Für unsere Kleine hatten wir Kuchen und Kekse einstecken und Wasser war auch noch in den Wasserflaschen. Nur bei erster Gelegenheit mussten wir nachtanken. Wir gingen ein paar Hundert Meter den Muschelwegweisern für Pilger folgend Richtung stadtauswärts. Am Busbahnhof wäre eine Möglichkeit, zu frühstücken, nur war hier alles so schmuddelig, dass wir uns gegen ein Frühstück entschieden. Nachdem unsere Tochter wusste, dass mir mein linker Fuß auf Teer am meisten wehtat, schlug sie uns vor, doch die vier Kilometer erst einmal aus der Stadt hinaus mit dem Bus zu fahren, um nicht am Anfang bereits Schmerzen herauszufordern. Das fand ich sehr fürsorglich von ihr und wir stimmten gerne zu. Unsere Kleine war erfreut und setzte sich wieder mit Vergnügen in den Bus. Leider war ihr die Fahrt von vier Kilometern diesmal zu kurz und sie wollte nicht aussteigen. Jedoch ließ sie sich nach kurzem Hin und Her doch überreden in Azqueta auszusteigen, um mit uns weiterzugehen. Erst füllten wir am Brunnen unsere Wasserflaschen und konnten in einem kleinen Geschäft stilles Wasser für unsere Enkelin auftreiben. Los ging es!
Zuerst führte der Weg uns bergab in Richtung Villamayor de Monjardin. Ich sprach mein morgendliches Vaterunser und freute mich auf den neuen Tag mit all seinen Herausforderungen. Bereits jetzt schmerzten meine Füße. Gleich in Villamayor fanden wir direkt neben der Straße ein sehr nettes Café, das Frühstück für Pilger anbot. Wir wurden freundlich empfangen und nett bedient. Das ist auf dem Jakobsweg nicht immer so. Dabei leben meiner Meinung nach viele Leute sehr gut von den Pilgern und könnten ohne die Pilger vielleicht sogar ihre geschäftlichen Aktivitäten einstellen.
Nachdem wir uns für eine halbe Stunde in dem Café aufgehalten hatten, machten wir uns wieder auf den Weg. Es kündigte sich bereits wieder ein heißer Tag an. So bat ich unseren Herrgott, doch bitte ein Einsehen mit uns zu haben und die Hitze aus der Luft zu nehmen. Gegen ein bisschen Wind hätte ich auch nichts einzuwenden und außerdem wäre es nett, wenn uns das Etappenziel heute schneller als sonst entgegenkommen würde. Ich weiß das ist viel verlangt, aber für Dich doch eine ganz einfache Übung. Fast hätte ich über mich selbst gelacht, weil ich einen so fordernden Ton an den Tag gelegt habe. Aber ich hatte ja in Zubiri gelernt, dass ich klar und deutlich formulieren muss. Jetzt fügte ich noch an, dass es noch
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