Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
angegeben. Der Weg aus Obanos hinaus führte an der Kirche vorbei, welche wie alle Kirchen, die wir bisher gesehen hatten, ebenfalls geschlossen war. Dafür war vor der Kirche ein sehr schön angelegter Kinderspielplatz. Diesen konnten wir unserer Enkelin natürlich nicht vorenthalten und so machten wir, obwohl wir erst eine viertel Stunde gelaufen waren, Pause, bevor es dann weiter über einen Pfad erst einmal bergab ging. Unten angekommen mussten wir zuerst eine Straße überqueren, um anschließend durch eine Schrebergartensiedlung zu gehen. Nach ungefähr einer halben Stunde erreichen wir den Ort Puente la Reina mit seiner gleichnamigen Brücke (Brücke der Königin). Diese stammt aus dem 11. Jahrhundert und lud uns zu einer Pause ein. Neben der Brücke war die Touristeninformation angesiedelt und gegenüber befand sich ein schöner alter Brunnen, um Trinkwasser aufzufüllen.
Kurzerhand beschlossen wir, nachdem wir einen Fahrplan in die Hände bekamen, diesen netten Ort etwas genauer zu erkunden und dafür den Rest der heutigen Etappe mit dem Bus zu fahren. Nicht nur meine Füße und mein linker Knöchel dankten es mir, sondern auch unser jüngstes Familienmitglied freute sich darüber, später mit dem Bus fahren zu dürfen. Wir erkundeten den Ort, machten viele Fotos, gingen Mittagessen und ließen es uns so richtig gut gehen. Dann brachen wir in Richtung Bushaltestelle auf. An der Bushaltestelle wartend trafen wir wieder Franz aus Linz, diesmal mit seiner Bekannten. Auch sie hatten sich entschlossen mit dem Bus zu fahren, allerdings gleich bis Burgos. Seine Reisebegleitung wollte von Burgos aus bereits wieder die Heimreise mit dem Zug antreten und Franz wollte alleine Richtung Santiago de Compostela weitergehen. Franz tat mir richtig leid, weil ich merkte, dass er gerne zu Fuß, vielleicht sogar zusammen mit uns, weitergegangen wäre, aber zu verantwortungsbewusst war, um seine Begleiterin alleine nach Burgos zu schicken. Wir verabschiedeten uns in Estella von Franz und seiner Bekannten und hofften insgeheim, Franz an dem einen oder anderen Etappenziel vielleicht wiederzusehen, denn wir fanden alle drei, dass Franz eine sehr interessante Persönlichkeit war.
Gegen zwei Uhr nachmittags in Estella angekommen fanden wir ein nettes Hostal in einer Seitenstraße der Innenstadt. Schnell verstauten wir unsere Rucksäcke in unseren Zimmern und machten uns auf, um Estella zu erkunden. König Sancho Ramirez leitete um 1090 den Aufstieg Estellas zur bedeutendsten Station am Jakobsweg ein, indem er kurzerhand den Pilgerweg, der ursprünglich weiter südlich verlief, umleitete. Estellas Prunkbau ist die spätromanische Kirche San Pedro de la Rua. Leider war auch diese geschlossen und so sind wir langsam nicht mehr enttäuscht, sondern sehr irritiert über das Verhalten der Spanier ihren Pilgern gegenüber. Was denken denn die Spanier? Wo wollen denn die Pilger hin, wo wollen sie denn ihre Gebete sprechen, wenn nicht in den Gotteshäusern entlang des Jakobsweges?
So saßen wir bei einer Tasse Kaffee gegenüber der Kirche und konnten diese wieder nur von außen besichtigen. Wenigstens war hier ein großer Platz ohne Autoverkehr, sodass sich wenigstens unsere Kleine frei bewegen konnte. Essen konnten wir wieder erst gegen acht Uhr, dann öffneten alle Gaststätten ihre Küchen. Jetzt bedauerten wir fast nicht länger in Puente de la Reina geblieben zu sein. Dort war es doch viel romantischer. Oder wären wir zu Fuß gegangen. In Estella hätten wir nichts versäumt. Was soll’s! Wir mussten das Beste daraus machen und eben abwarten, bis es Abend wurde.
Endlich war es acht Uhr. Wir gingen schnellen Schrittes, der Hunger trieb uns voran, in Richtung des bereits am Nachmittag von uns ausgesuchten Lokals, setzten uns ins Freie und bestellten dreimal Ensalada Mixta (gemischter Salat mit Thunfisch) und für unsere Kleine Tintenfisch gebacken mit Pommes und Ketchup. Den Tintenfisch konnten wir ihr als Fischstäbchen verkaufen. Sie aß mit großem Appetit. Während ich mich mit Heißhunger über meinen Salat hermachte und der Teller zwischenzeitlich halb leer war, kam doch tatsächlich auf meinem Teller unter einem Salatblatt eine kleine Schnecke hervor. Ich traute meinen Augen nicht, die lebte auch noch. Ich dachte nur, was mache ich jetzt? Kann ja mal vorkommen. Wenn ich jetzt etwas sage, verderbe ich auch noch meiner Tochter den Appetit. Ich zog es vor, die Schnecke so schnell wie möglich vom Teller auf den Boden zu
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