Drei Generationen auf dem Jakobsweg
richtig große Zufriedenheit ein. Ich fühlte mich meiner Familie so eng und vertraut wie schon lange nicht mehr. Ich genoss plötzlich diese »Freiheit« und es machte mir nichts mehr aus, dass wir immerhin noch mindestens dreißig Fußmärsche von zwanzig bis dreißig Kilometern pro Tag vor uns hatten. Im Gegenteil, ich wusste plötzlich, an diesem wunderschönen Platz neben Mann, Kind und Enkelkind sitzend, wie wertvoll es ist, Zeit mit der Familie verbringen zu können. Was gibt es denn Wichtigeres? Es breitete sich ein großes Dankbarkeitsgefühl und eine Harmonie in mir aus, wie ich sie vorher nicht kannte.
Bevor wir wieder aufbrachen, dankte ich Gott für seine Gnade. Nun ging es weiter auf geteerten Wegen. Mal ging es an der Straße entlang, dann wieder entlang einiger Schrebergärten. Unsere Kleine rüstete sich für den zweiten Teil ihres Mittagsschlafes und so konnten wir wieder etwas Tempo zulegen. Bald sahen wir die mittelalterliche Silhouette von Pamplona. Wir waren glücklich, denn das Ende unserer heutigen Etappe nahte, obgleich wir natürlich wussten, dass wir noch mindestens eineinhalb Stunden Fußmarsch vor uns hatten. Schweigend, fast meditierend marschierten wir weiter. Das Ortsschild Pamplona war nicht zu übersehen. Pamplona ist die Hauptstadt der autonomen Region Navarra und präsentierte sich als eine sympathische und lebenswerte Stadt. Allerdings größer und moderner, als ich sie mir vorgestellt hatte. Weltberühmt sind die einzigartigen, international bekannten, für mich allerdings haarsträubenden Stierläufe mitten durch die Altstadt, anlässlich der Sanfermines , zwischen dem 6. und 14. Juli eines jeden Jahres. Während dieser Zeit lebt Pamplona angeblich auf.
An einem Krematorium vorbei, der Straße folgend kamen wir unserem Ziel immer näher. An einem kleinen Kiosk neben der Straße besorgten wir uns Eis am Stiel und legten so eine kleine und für den heutigen Tag letzte Rast am Gehweg sitzend ein. Danach ging es Richtung Stadtmitte weiter, denn wir mussten ja erst einmal eine Bleibe für die Nacht suchen. Wir erblickten ein Schild »Pension« und dort läuteten wir, nachdem wir unsere Rucksäcke abgeschnallt hatten. Der Türöffner wurde betätigt und ich ging erst einmal alleine und ohne Gepäck in den dritten Stock, wo sich die Pension befand. Eine freundliche Dame Mitte dreißig öffnete mir die Türe und bat mich gestikulierend herein. Verstanden habe ich von ihrem Spanisch überhaupt nichts, außer dass sie nur über ein Dreibettzimmer mit Etagenbad und Toilette verfügte und dafür pro Person 40 Euro haben wollte. Das Kind wäre großzügigerweise frei. Also 120 Euro für ein Dreibettzimmer ohne Bad und Toilette. Frühstück gab es natürlich auch nicht. Ich machte ihr mit Händen und Füßen klar, dass ich dies erst mit meiner Familie besprechen müsste.
Unten angekommen schlug ich meiner Familie vor, doch eine andere Übernachtungsmöglichkeit zu suchen, obwohl wir zwar alle ziemlich kaputt waren und es auch für unsere Kleine Zeit wurde, anzukommen. Gleich in der Nähe erspähte ich ein kleines, sauberes Hotel. Ich fragte nach, ob zwei Doppelzimmer frei wären sowie nach dem Zimmerpreis und siehe da, es klappte. Der Preis war 140 Euro für zwei saubere Doppelzimmer mit Bad und Toilette, außerdem mit Frühstück. Wir bezogen unsere Zimmer und zur Freude unserer Enkelin war auch ein Fernseher inklusive. Wir duschten und trafen uns eine Stunde später, um noch ein bisschen von Pamplona zu sehen und natürlich ganz wichtig, um etwas zu essen. Überall wurden Pilgermenüs angeboten, jedoch egal ob Pilgermenü oder à la carte , immer erst um halb neun. Wir fanden in Pamplona allerdings ein Lokal in dem Pintxos (andernorts als Tapas bekannt) angeboten wurden. Wir bestellten uns von diesen herrlichen kleinen und fantasievoll hergerichteten Köstlichkeiten und ein Cerveza grande (großes Bier) und ließen den Tag nochmals Revue passieren. Alle vier waren wir sichtlich zufrieden mit dem heutigen Tag. Nach all den Köstlichkeiten neu gestärkt machten wir uns auf den Weg zur nahegelegenen Kathedrale de Santa Maria, um dort festzustellen, dass auch diese fest verschlossen war, also auch keine Besichtigung möglich war. So blieb uns nur, unseren Blick über das riesige Mauerwerk schweifen zu lassen. Sichtlich enttäuscht gingen wir durch die Straßen zwischen dem Rathaus und der Kathedrale. Hier gab es wieder zahlreiche Lokale und Cafés, die zu einem Besuch einluden. Wir
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