Drei Generationen auf dem Jakobsweg
ohnehin ersehen, dass diese uns für nicht ganz »dicht« hielten.
Nach circa einer Stunde Abstieg mündete der Geröllpfad wieder in einen angenehmen Wanderweg. Hier legten wir eine kurze Verschnaufpause ein. Franziska hüpfte aus ihrer Kinderkutsche, nahm kurzerhand ihr mitgebrachtes Sandspielzeug und fing an zu spielen und zu graben. So für mich dachte ich, unsere Kleine ist wirklich hart im Nehmen. Wir tranken einen Schluck, aßen unseren obligatorischen Müsliriegel und freuten uns über den gelungenen Abstieg. Nach Obanos, unserem heutigen Etappenziel, hatten wir noch gut zweieinhalb Stunden vor uns. Noch schnell einen Blick in unseren Reiseführer geworfen, können wir erkennen, dass es von nun an relativ flach weiterging. In Uterga waren wir schnell, aber bis Obanos zog es sich dann ewig kerzengerade. Bis Uterga hatten wir angenehme Temperaturen, jedoch jetzt am späteren Nachmittag stiegen diese auf 38 Grad. Diese Hitze machte mich kaputt. Meine Füße und mein Knöchel am linken Fuß schmerzten, mein Rucksack hing wie Blei an meinen Schultern, ich glaubte nicht mehr weiterzukönnen.
Wie üblich legte meine Tochter im flachen Gelände Tempo vor und hatte mit der Kinderkutsche bereits einen großen Vorsprung. Wir vereinbarten, dass sie wartete, wenn der Weg wieder schlechter werden sollte. Jedoch hatte ich jetzt ein sehr unangenehmes Gefühl, fast ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, weil ich, bedingt durch die Schmerzen im Fuß, nur noch langsam weitergehen konnte. Nun war es nicht mehr abzuwenden, ich nahm einen Schuhwechsel vor, schlüpfte in meine Trekkingsandalen und hängte meine Wanderschuhe an den Rucksack meines Mannes. Jetzt trat eine befreiende Wirkung ein, sodass ich wenigstens langsam weiterlaufen konnte.
Am Ortseingang von Obanos trafen wir auf unsere Kinder, welche im Schatten spielten. Wieder ließ ich ein Gebet zum Himmel und bat darum, uns doch schnellstmöglich, am besten gleich am Ortseingang, ein Zimmer zukommen zu lassen, denn ich konnte nicht mehr weiter. An der Ortstafel machten wir schnell ein Foto und gingen über die Teerstraße in den Ort und siehe da, keine zweihundert Meter weiter fing uns eine sehr nette Pensionswirtin, welche Privatzimmer vermietete, buchstäblich von der Straße weg. Sie wartete hier offensichtlich immer um die gleiche Zeit auf herannahende Pilger. Keine zwanzig Meter links war ihr Haus, in das sie uns sehr höflich bat und uns auch gleich mitteilte, bei welcher Adresse wir abendessen (Pilgermenü mit Wein pro Person 10 Euro) und wo wir morgens frühstücken könnten. Mein Mann und ich bezogen ein Doppelzimmer mit Bad und Toilette, meine Tochter und Enkelin ein Doppelzimmer mit sehr sauberem Etagenbad und Toilette. Dies war aber nicht schlimm, da das Bad gleich gegenüber ihrem Zimmer lag und zur alleinigen Nutzung überlassen wurde, da keine weiteren Gäste auf dieser Etage Platz fanden. Ansonsten hätten beide ja unser Bad benutzen können. Allerdings musste ich mich jetzt erst ein bisschen erholen.
Nach einer viertel Stunde Ruhe konnte ich mich unter die Dusche bewegen, welche mich wieder einigermaßen auf die Füße brachte. Nebenan hörte ich unsere Kleine in der Badewanne lachen und quietschen. Ihr ging es gut und das war das Wichtigste für mich. Danach gingen wir in das nahegelegene Lokal, etwa 100 Meter von unserer »Pension« weg, um unser Menü einzunehmen. Wir setzten uns in die Sonne, bestellten uns jeder ein Cerveza grande und genossen nun den lauen Sommerabend. Unsere Franzi malte mit ihren von zu Hause mitgebrachten Kreiden Kreise und Wege auf den Asphalt und ihre Mutter musste nach ihrer Pfeife tanzend Kästchen hüpfen. Es war sehr lustig anzusehen. Wieder wunderte ich mich, wo meine Tochter nach einem so anstrengenden Tag alle ihre Reserven hernahm. Wir aßen zur Vorspeise Spaghetti Napoli, dann gab es eine Platte mit Fisch und Gemüse, anschließend eine Platte mit Fleisch und Pommes und zur Nachspeise Eis. Was wir noch nicht wussten, war, dass wir hier unser bestes Pilgermenü auf dem ganzen Weg aßen. Leider musste unsere Tochter den Weg in die Pension antreten, da unsere Kleine nun sehr müde war. Mein Mann und ich genossen noch ein paar Minuten und gingen dann ebenso zurück. Die zu unserem Pilgermenü gereichte Flasche Wein nahmen wir kurzerhand mit und tranken diese zusammen mit unserer Tochter auf deren Balkon, während die Kleine im Zimmer selig schlief. Wir waren glücklich, dass wir auch heute wieder gesund an unserem
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