Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
Vom Netzwerk:
angeschnitten, zartgelb und rosig schimmerte das Bukett der Lachsschinken und Leberpasteten.
     Wir setzten uns auf eine Bank in der Nähe der Anlagen. Es war kühl. Der Mond stand wie eine Bogenlampe über den Häusern. Es war schon weit nach Mitternacht. In der Nähe hatten Arbeiter auf dem Fahrdamm ein Zelt aufgerichtet. Sie arbeiteten an den Straßenbahnschienen. Die Gebläse zischten, und Ströme von Funken sprühten über die ernsthaft gebeugten, dunklen Gestalten. Neben ihnen qualmten Kessel mit Teerasphalt wie Gulaschkanonen.
     Wir hingen unseren Gedanken nach.
     »Komisch, so ein Sonntag, Otto, was?«
     Köster nickte.
     »Man ist eigentlich ganz froh, wenn er 'rum ist.«
     Köster zuckte die Achseln. »Vielleicht ist man den Trott
    so gewohnt, daß einen das bißchen Freiheit schon stört.«
    Ich schlug meinen Kragen hoch. »Spricht eigentlich etwas
    gegen unser Leben, Otto?«
     Er sah mich an und lächelte. »Hat schon ganz was anderes dagegen gesprochen, Robby.«
     »Stimmt«, gab ich zu. »Immerhin...«
     Das scharfe Licht der Preßluftbohrer spritzte grün über
    den Asphalt.
     Das von innen erleuchtete Zelt der Arbeiter sah wie eine warme kleine Heimat aus.
     »Glaubst du, daß der Cadillac Dienstag schon fertig ist?« fragte ich.
     »Vielleicht«, sagte Köster. »Warum?«
    »Ach, nur so –«
    Wir standen auf und gingen nach Hause. »Bin ein bißchen
    verdreht heute, Otto«, sagte ich.
     »Ist jeder mal. Schlaf gut, Robby.«
     »Du auch, Otto.«
     In meinem Zimmer saß ich noch eine Weile auf. Die Bude
    gefiel mir auf einmal gar nicht mehr. Der Kronleuchter war scheußlich, das Licht viel zu grell, die Sessel waren verschlissen, das Linoleum trostlos nüchtern, der Waschtisch, das Bett mit dem Gemälde von der Schlacht bei Waterloo darüber – kann man eigentlich keinen anständigen Menschen 'reinführen, dachte ich. Eine Frau schon gar nicht. Höchstens eine Hure aus dem International.

      3 Am Dienstag vormittag saßen wir vor unserer Werkstatt im Hof und frühstückten, Der Cadillac war fertig. Lenz hielt ein Blatt Papier in der Hand und schaute uns triumphierend an. Er war unser Reklamechef und hatte Köster und mir gerade ein Inserat vorgelesen, das er für den Verkauf des Wagens verfaßt hatte. Es begann mit den Worten: »Urlaub an südlichen Gestaden im Luxusgefährt« und war ein Mittelding zwischen einem Gedicht und einer Hymne.
     Köster und ich schwiegen eine Weile. Wir mußten uns von dieser Sturzflut an blumiger Phantasie erst erholen. Lenz hielt uns für überwältigt. »Das Ding hat Poesie und Schmiß, was?« fragte er stolz. »Im Zeitalter der Sachlichkeit muß man romantisch sein, das ist der Trick. Gegensätze ziehen an.«
     »Nicht, wenn es sich um Geld handelt«, erwiderte ich.
     »Automobile kauft man nicht, um Geld anzulegen, Knabe«, erklärte Gottfried abweisend. »Man kauft sie, um Geld auszugeben; und da beginnt bereits die Romantik, wenigstens für den Geschäftsmann. Für die meisten Leute hört sie sogar damit auf. Was meinst du, Otto?«
     »Weißt du...«, begann Köster vorsichtig.
     »Wozu lange reden«, unterbrach ich ihn. »Das ist ein Inserat für einen Kurort oder eine Schönheitscreme, aber nicht für ein Automobil.«
     Lenz öffnete den Mund.
     »Augenblick«, fuhr ich fort. »Uns hältst du ja doch für befangen, Gottfried. Ich mache dir deshalb einen Vorschlag: Fragen wir mal Jupp. Das ist die Stimme des Volkes!«
    Jupp war unser einziger Angestellter, ein Junge von
    fünfzehn Jahren, der eine Art Lehrlingsstelle bei uns hatte. Er bediente die Benzinpumpe, besorgte das Frühstück und räumte abends auf. Er war klein, übersät mit Sommersprossen und hatte die größten abstehenden Ohren, die ich kannte. Köster erklärte, wenn Jupp aus einem Flugzeug fiele, könnte ihm nichts geschehen. Er käme durch die Ohren in sanftem Gleitflug zur Erde.
     Wir holten ihn heran. Lenz las ihm das Inserat vor. »Würdest du dich für so 'nen Wagen interessieren, Jupp?« fragte Köster.
     »Einen Wagen?« fragte Jupp zurück.
     Ich lachte. »Natürlich einen Wagen«, knurrte Gottfried.
    »Meinst du ein Heupferd?«
     »Hat er Schnellgang, von oben gesteuerte Nockenwelle und hydraulische Bremsen?« erkundigte Jupp sich ungerührt.
     »Schafskopf, es ist doch unser Cadillac«, fauchte Lenz.
     »Nicht möglich«, erwiderte Jupp und grinste von einem
    Ohr zum andern.
     »Da hast du's, Gottfried!« sagte Köster. »Das ist die Romantik von

Weitere Kostenlose Bücher