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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Aussagen gemacht, und überdies war sie eine umsichtige und kaltblütige Frau. Ein Motiv sah ich zwar nicht; immerhin mochte während der langjährigen Tätigkeit bei Lord Edgware eines entstanden sein, von dem wir nichts ahnten. Miss Carroll hätte auch den Brief an Lady Edgware unterschlagen können. Und als sie mit Carlotta Adams die Einzelheiten festlegte oder sich mit ihr am Mordabend traf, war der Kneifer vielleicht aus Versehen in Carlottas Handtäschchen geraten.
    Aber ein geschickt angestelltes Experiment bewies mir, dass der Kneifer nicht Miss Carroll gehörte. Etwas niedergeschlagen spazierte ich mit Hastings heim, mit dem Versuch beschäftigt, die Dinge in meinem Hirn methodisch zu ordnen. Und dann geschah das Wunder!
    Zuerst sprach mein Freund Hastings von Donald Ross und der Tafelrunde der dreizehn bei Sir Montague Corner und erwähnte, dass Ross zuerst aufgestanden sei. In meine eigenen Grübeleien verstrickt, hörte ich nur mit halbem Ohr hin. Es schoss mir nur flüchtig der Gedanke durch den Kopf, dass das eigentlich, streng genommen, nicht stimmte. Am Ende des Dinners mochte Donald Ross zuerst aufgestanden sein, doch in Wirklichkeit war Lady Edgware die erste gewesen, da sie sich erhob, um zum Telefon zu gehen. Und wie ich an sie dachte, fiel mir ein Rätsel ein – ein Rätsel, das meines Erachtens gut mit ihrer etwas kindischen Mentalität in Einklang stand. Ich gab es Hastings auf, der sich nicht dafür begeisterte. Als nächstes überlegte ich mir, wen ich wohl über Mr Bryans Gefühle für Jane Wilkinson ausfragen könnte. Sie selbst würde mir nicht Rede und Antwort stehen. Und als wir gerade die Fahrbahn überquerten, äußerte ein Passant einen ganz einfachen Satz.
    Er sagte zu seiner Begleiterin, dass irgendwer ›Ellis hätte fragen sollen‹. Und in derselben Sekunde lag das ganze bisher so Dunkle in blendender Helle vor mir.«
    Er sah sich im Kreis um.
    »Ja, ja, der Kneifer, der Telefonanruf, die kleine Frau, die in Paris die Dose abholte. Ellis, natürlich, Jane Wilkinsons Kammerfrau. Jetzt ging ich im Geist Schritt für Schritt rückwärts… die Kerzenbeleuchtung… das Dämmerlicht… Mrs van Düsen, die Jane Wilkinson am Abend vor dem Mord angeblich besuchte…. alles. Ich wusste es plötzlich!«

30
     
    W ieder sah er uns der Reihe nach an.
    »Und jetzt, meine Freunde«, sagte er freundlich, »lassen Sie mich Ihnen die wirklichen Ereignisse jener Nacht erzählen. Carlotta Adams verlässt um sieben Uhr ihre Wohnung. Von dort begibt sie sich mit einem Taxi zum Piccadilly Palace.«
    »Was?«, rief ich dazwischen.
    »Jawohl, zum Piccadilly Palace, wo sie zuvor als Mrs van Düsen ein Zimmer genommen hat. Sie trägt eine starke Brille, die, wie wir alle wissen, das Aussehen beträchtlich verändert. Wie ich bereits erwähnte, nimmt sie ein Zimmer, wobei sie bemerkt, dass sie mit dem Nachtzug nach Liverpool fährt und ihr Gepäck schon vorausgegangen ist. Um acht Uhr dreißig kommt Lady Edgware, fragt nach ihr und wird hinauf in ihr Zimmer geführt. Dort wechseln sie die Kleider. Mit einer blonden Perücke, einem weißen Taftkleid und einem Hermelincape verlässt Carlotta Adams – und nicht Jane Wilkinson – das Hotel und fährt nach Chiswick. Ja, ja, es ist durchaus möglich. Ich bin abends in Sir Montagues Haus gewesen. Die lange Tafel im Speisezimmer wird nur von Kerzen erhellt, die Lampen tragen dämpfende Seidenschirme, niemand dort kennt Jane Wilkinson sehr gut. Und das goldblonde Haar, die bezaubernde Stimme, ihr wohl bekanntes Gebaren – alles ist vorhanden. Oh, es ist ganz leicht. Und wenn doch jemand die Täuschung bemerkt hätte – nun, auch dafür hatte man Vorsorge getroffen. Lady Edgware, mit einer dunklen Perücke und dem Kneifer versehen, in Carlottas Kleidung gehüllt, zahlt die Hotelrechnung und fährt mit einem Taxi zum Euston-Bahnhof. Im Waschraum entledigt sie sich ihrer dunklen Perücke und gibt hernach den Koffer in der Gepäckaufbewahrung ab. Bevor sie sich nach Regent Gate begibt, ruft sie in Chiswick an und verlangt Lady Edgware zu sprechen. So war es vereinbart worden. Wenn alles gutgegangen ist, soll Carlotta nun antworten: Ja, Lady Edgware persönlich. Ich brauche wohl nicht hervorzuheben, dass Miss Adams von dem wahren Zweck des Anrufs nicht das Mindeste ahnt. Nachdem Jane Wilkinson die vereinbarte Antwort erhalten hat, führt sie ihren Plan weiter durch. Sie fährt nach Regent Gate, fragt nach Lord Edgware, nennt offen ihren Namen und geht unangemeldet

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