Drowning - Tödliches Element (German Edition)
Erschrocken.
Der Körper neben ihr hat mir den Rücken zugewandt – den Kopf nach unten gesenkt, die Arme seitlich anliegend, er ist nackt bis auf seine Boxershorts. Die Haut ist bleich, von Schlamm überzogen.
Neisha schwingt leicht im Rhythmus des Wassers, gefangen in einer lautlosen Disco. Aber es ist hier nicht lautlos. Ich höre eine Stimme, sie erfüllt das Zimmer, das Haus, meinen Kopf.
Ich wusste, dass du kommen würdest.
Langsam fängt der zweite Körper an sich zu bewegen, die Hände zucken nach oben, der Körper dreht sich und schließlich wendet sich auch das Gesicht zu mir um. Seine Augen sind schwarze Höhlen des Schmerzes, sein Mund ein dunkler Schlitz waagrecht durch das Gesicht, zu einem hässlichen Lächeln gestreckt.
Ich schreie, der Schrei wird vom Wasser verzerrt, Blasen bersten aus meinem Mund und erfüllen den Bereich um meinen Kopf.
Robs Mund öffnet sich weiter und er legt den Kopf zurück und lacht. Ich dachte, er wollte Neisha töten. Dachte, er hätte gedroht, sie zu holen. Aber das war nur der halbe Spaß. Er wollte auch mich. Die ganze Zeit hat er gewusst, er würde mich umbringen.
Mein Magen zieht sich zusammen. Alles in mir ist leer.
Er beobachtet mich, kostet meine letzten Sekunden aus.
Ich muss meine Arbeit zu Ende bringen.
Er hat sie erledigt. Die Arbeit ist getan. Ich starre in sein Gesicht, warte darauf, dass er verschwindet, dass alles vorüber ist. Seine Augen sind nicht mehr schwarz, sie leuchten in einem eigenartigen kalten Licht, das fast zu hell ist, um hinzugucken. Aber ich kann auch nicht wegsehen.
So also endet es. Ich und er. Es ging immer um mich und ihn. Ihn und mich. Rob und Carl.
Bis Neisha kam. Sie veränderte alles.
Er lässt mich Neisha vergessen.
Ich will nicht sterben, während ich ihn ansehe.
Ich will nicht sterben. Noch nicht. Nicht so.
Ich bin hierhergekommen, um sie zu holen. Deshalb bin ich da. Auf einmal strömt die Erinnerung zurück. Ich bin noch nicht tot und ich kann noch immer dieses Letzte für sie tun.
Ich will einatmen, aber ich werde es nicht tun. Ich beiße die Lippen zusammen, drücke den Kiefer fest zu, spanne sämtliche Muskeln in meinem Gesicht. Ich werde nicht einatmen.
Die Terrassentür steht offen, der Riegel ist durch den Druck des Wassers gebrochen. Ich kann noch so eben die Silhouette eines gemauerten Grillofens und die Rechtecke der Verandakacheln erkennen. Und dahinter scheint ein dünner Lichtstreifen hindurch mit dem Versprechen von Luft und Sonne.
Ich schiebe mich zu Neisha, verschränke meine Arme unter ihren und ziehe sie zu der Öffnung. Ich bin am Ende meiner Kräfte, aber ich werde den letzten Rest Kraft dazu nutzen, uns beide hier rauszuholen.
Rob brüllt in meine Ohren.
Es ist vorbei! Es ist vorbei, Cee!
Er springt vor mich hin, wirbelt wie wild herum und schreit in meinem Schädel.
Aber er kann mich nicht aufhalten. Es ist vorbei. Er hat gewonnen, aber es wird auf die Weise vorbei sein, die ich wähle.
Durch die Terrassentür sind wir hindurch. Ich kann meine Beine nicht mehr bewegen. Es ist kein Sauerstoff mehr in meinem Körper – alles verbraucht. Das Einzige, was ich noch schaffe, ist Neisha festzuhalten.
Sie und ich. Neisha und ich. Und es ist kein trauriges Ende, trotz allem. Wir sind zusammen – gleiten, drehen uns, wirbeln zusammen – und schließlich werden wir an die Oberfläche kommen und die Sonne wird wieder unsere Gesichter berühren, uns über die Haut atmen und uns ein letztes Mal küssen.
DREISSIG
Ich schlage die Augen auf. Irgendetwas ist in meinem Mund. Ich drehe den Kopf und spucke.
Ich sehe ein Gesicht seitlich von mir, etwa einen Meter von meinem entfernt. Haare kleben an der Stirn. Die vollen Lippen leicht geöffnet. Warme, honigfarbene Haut. Die Augen geschlossen, die Wimpern von Wasser verklebt.
Das Gesicht bewegt sich, schwingt vor und zurück, dreht sich am Hinterkopf, der den Boden berührt.
Die Bewegung hört auf.
Ein Mann beugt sich über sie. Er zieht ihren Kopf zurück und hebt ihr Kinn an. Dann hält er ihre Nase zu, beugt sich tiefer und küsst sie. Er löst sich von ihr, holt tief Luft und küsst sie noch einmal.
Mir wird schlecht. Er vergewaltigt sie. Neisha, meine Freundin. Direkt vor meinen Augen.
»Hau ab!«, rufe ich, aber es geschieht nur in meinem Kopf. Meine Lippen bewegen sich nicht. Ich kann nichts anderes tun, als zuzuschauen.
Er hört auf und hockt sich auf die Fersen. Jetzt führt er die Hände zusammen, legt die eine über die andere
Weitere Kostenlose Bücher