Du wirst die Schönste sein - Ein Mallorca-Roman (German Edition)
gekommen. Vielleicht gehörte aber auch ein gewisses Alter dazu, ehe Männer solche Komplimente machten. Aber sogar ich selbst war an dem Abend rundum zufrieden mit mir, was mir eher selten passierte. Passend zu dem kleinen verrückten Rock trug ich ein schwarzes Strick-Top mit Glitzersteinen auf den Trägern, das ich mir von Silvie geliehen hatte. Ich könne es auch behalten, hatte sie gemeint, ihr sei es ohnehin zu eng. Aber auch Ernesto sah sehr gut aus in weißem Leinenanzug und zartgrauem Hemd, das Jackett über der Schulter in der schwülen Nachtluft.
Einen Arm um meine Schultern schob er mich durch die Menge der Schlangestehenden bis zum Muskel bepackten Zerberus am Eingang des Clubs. Ein Winken mit der Hand und der Weg war frei für uns.
Dahinter ein riesiger Saal, überfüllt, verraucht und die Musik knallte mit unglaublicher Lautstärke rein. AC/DC – super! Endlich anständige Musik nach dem täglichen Gedudel im spanischen Rundfunk. Ich wippte mit den Hüften, die Volants an meinem Rock wippten mit, Ernestos Hand lag an meinem Ellenbogen und so kämpften wir uns vor bis zur Bar, wo Ernesto mit seinem ganz speziellen Blick, jenem nahe des Gefrierpunktes, einen Jüngling von einem Barhocker vertrieb und unsere Drinks bestellte. Schampus, was sonst?
Ich setzte mich mit dem Rücken zum Tresen, mit Blick auf die Tanzfläche, Ernesto stand mit seinem Glas in der Hand, so dicht neben mir, dass wir uns fast berührten. Plötzlich fasste er in seine Jackettasche und drückte mir ein kleines, hübsch verschnürtes Päckchen in die Hand.
„Kleines Mitbringsel von meiner Reise.“
Dass es sich um ein kleines Schmuckstück handeln könnte, stellte sich jedoch als Irrtum heraus. Aber natürlich freute ich mich auch über den kleinen „Miss-Dior“-Flacon. Den Namen kannte ich, nur nicht den Duft und so besprühte ich probehalber mein Handgelenk bis Ernesto sich mit gespieltem Hustenreiz abwandte.
Er kam mir nervös vor, auffallend hektisch zog er an seiner Zigarette und gleich danach folgte die nächste. Außerdem fiel mir auf, dass er sich für den ganzen Betrieb rund um uns kaum interessierte. Mich dagegen zog dieses Gemeinschaftserlebnis der Massen, die schweißtreibend nach der Super-Musik rockten, geradezu magisch an. Ich spürte, wie mein Körper selbst im Sitzen vibrierte. Aber mir entging auch nicht, dass Ernesto hartnäckig versuchte, meine Blicke auf seine zu konzentrieren. Einmal beugte er sich so weit vor, dass ich glaubte, er wolle mich küssen, er stellte jedoch nur sein Glas auf den Tresen.
Und plötzlich spürte ich Ernestos Hand auf meinem Schenkel, kein zartes Streicheln, eher besitzergreifend lag sie auf meiner nackten Haut. Das kam überraschend, und ich fand es aufregend und irgendwie auch fast überfällig. Musste schließlich irgendwann nicht mehr kommen als nur rein zufällige Berührungen? Und bot sich mein Schenkel, unverschämt knapp bedeckt durch meinen Volant-Minirock, nicht geradezu dafür an?
„Trink aus!“ sagte Ernesto.
„Und dann?“
„Dann bestell ich neu. Heute machen wir richtig einen drauf.“
Ich bat um einen Caipirinha.
Nachdem wir angestoßen hatten, flüsterte Ernesto mir ins Ohr: „Du siehst so geil aus.“
Spontan legte ich einen Arm um seine Schulter und lehnte mich vor bis meine Wange seine berührte. Seine Stimme klang heiser, als er sagte: „Bitte, bleib heut Nacht bei mir.“
Etwas Beglückenderes hätte er mir nicht sagen können. Meine Lippen suchten seinen Mund und ich küsste ihn. Wild, leidenschaftlich, lange. Unser erster Kuss! Weniger zart als ich es mir auf meiner imaginären Insel ausgemalt hatte, aber umso intensiver. Trotz Ernestos anfänglicher Zurückhaltung. Vergessen war die Umgebung, die Menschenmassen um uns herum. Schließlich löste ich mich und sprang auf. „Komm, lass uns tanzen.“ Ich nahm seine Hand.
„Sorry, ich bin kein Tänzer.“
„Ernesto, bitte!“
„Schau mich nicht so an ... du schaffst es doch nicht. Ich bin wirklich kein Tänzer und um ehrlich zu sein, ich hab Rückenprobleme.“
Ja dann. Eben liefen die ersten Takte von einem „Cool and the Gang“-Titel und mehr als ein paar Schritte brauchte ich nicht, um mich der wogenden Menge der Tanzenden anzuschließen.
Mit Blickkontakt zu Ernesto, der mich ebenfalls nicht aus den Augen ließ, gab ich alles. Ich tanzte nicht für mich sondern für den Mann, in dessen Armen ich heute Nacht liegen würde und so tanzte ich mit meinen Hüften, Armen, Kopf und
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