Duell der Zauberer
einschlafen«, erklärte Garion. »Unten war es so laut.«
»Nadraker sind nun einmal so.«
Plötzlich kam Garion ein Gedanke. »Was glaubst du wohl, was Tante Pol gerade macht?« fragte er.
»Sie schläft vermutlich.«
»Aber doch nicht mehr so spät.«
»Da, wo sie ist, ist es noch viel früher.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Riva liegt über viertausend Meilen westlich von hier«, sagte Belgarath. »Dort wird die Sonne erst in einigen Stunden sein.«
Garion blinzelte. »Daran hatte ich nicht gedacht«, gab er zu.
»Das hatte ich auch nicht angenommen.«
Die Tür ging auf, und Silk kam mit einigen Bündeln herein. Er sah sehr wütend aus. Er warf sein Bündel zu Boden und stampfte, leise vor sich hin fluchend, zum Fenster.
»Was hat dich denn so aufgebracht?« fragte Belgarath sanft.
»Würdest du dir das einmal ansehen?« Silk hielt dem alten Mann ein Stück Pergament unter die Nase.
»Was ist damit?« Belgarath nahm das Pergament und las.
»Die ganze Geschichte ist schon vor Jahren erledigt worden«, erklärte Silk ärgerlich. »Was soll das, dieses Ding immer noch herumgehen zu lassen?«
»Die Beschreibung ist allerdings farbig«, bemerkte Belgarath.
»Hast du das gesehen?« Silk war tödlich beleidigt. Er wandte sich an Garion. »Findest du, daß ich aussehe wie ein Wiesel?«
»… ein häßlicher, wieselgesichtiger Mann«, las Belgarath, »mit unstetem Blick und langer, spitzer Nase. Ein notorischer Betrüger beim Würfelspiel.«
»Würdest du bitte aufhören!«
»Worum geht es denn?« fragte Garion.
»Vor einigen Jahren hatte ich ein leichtes Mißverständnis mit den Behörden«, sagte Silk mißbilligend. »Wirklich nichts Ernstes – aber immer noch geht dieses Ding um.« Er deutete zornig auf das Pergament, das Belgarath belustigt las. »Sie gehen sogar so weit, eine Belohnung auszusetzen.« Er überlegte kurz. »Ich muß allerdings zugeben, daß die Summe schmeichelhaft ist«, setzte er hinzu.
»Hast du bekommen, was du kaufen solltest?« fragte Belgarath.
»Selbstverständlich.«
»Dann wollen wir uns umziehen und verschwinden, ehe deine unerwartete Berühmtheit eine Menschenmenge anlockt.«
Die abgetragene nadrakische Kleidung war weitgehend aus Leder gefertigt – enge schwarze Hosen, knapp sitzende Westen und kurzärmelige Leinentuniken.
»Ich würde mich nicht mit den Stiefeln abgeben«, sagte Silk. »Nadrakische Stiefel sind ausgesprochen unbequem, vermutlich, weil es ihnen noch nie aufgefallen ist, daß zwischen einem rechten und einem linken Fuß ein Unterschied besteht.« Er setzte sich eine spitze Filzmütze schief aufs Ohr. »Was haltet ihr davon?« fragte er und stellte sich in Pose.
»Sieht überhaupt nicht aus wie ein Wiesel, oder?« fragte Belgarath Garion.
Silk warf ihm einen angewiderten Blick zu, sagte aber nichts.
Sie gingen hinunter, führten die Pferde aus dem Stall und stiegen auf. Silks Miene blieb weiterhin säuerlich, als sie Yar Gurak verließen. Als sie eine Hügelkuppe nördlich der Stadt erreicht hatten, glitt er vom Pferd, nahm einen Stein und schleuderte ihn mit aller Kraft auf die Häuser hinab, die sich unter ihnen zusammendrängten.
»Fühlst du dich jetzt besser?« fragte Belgarath neugierig.
Silk schnaubte verächtlich, kletterte wieder auf sein Pferd und ritt ihnen voran die andere Seite des Hügels hinab.
2
I n den nächsten Tagen kamen sie durch eine Wildnis aus Steinen und verkrüppelten Bäumen. Mit jedem Tag schien die Sonne wärmer, und der Himmel strahlte in einem intensiven Blau, während sie tiefer und tiefer in das Gebirge mit seinen schneebedeckten Gipfeln eindrangen. Die wenigen Pfade waren kaum mehr als gewundene Spuren, die sich wie zufällig zwischen den blendendweißen Gipfeln und über die grünen Bergwiesen schlängelten, wo Wildblumen sich im Wind wiegten. Die Luft war erfüllt vom harzigen Duft immergrüner Gehölze, und hier und dort sahen sie Rotwild, das äste oder sie mit großen, verwunderten Augen ansah.
Belgarath hielt zuversichtlich einen östlichen Kurs ein, wirkte dabei aber wachsam und gespannt. Es gab keine Anzeichen des Halbschlummers, in den er auf deutlicher markierten Straßen für gewöhnlich verfiel, und irgendwie machte er hier oben in den Bergen einen jüngeren Eindruck.
Sie begegneten auch anderen Reisenden, meist in Leder gekleideten Nadrakern, aber einmal trafen sie auch auf eine Gruppe von Drasniern, die sich einen steilen Hang hinaufkämpfte, und einmal sahen sie in weiter Ferne jemanden,
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