Duell der Zauberer
weiße Narbe durch sie hindurch. Seit beinahe zwei Wochen war der Himmel nun schon bedeckt, aber es hatte nicht ein einziges Mal geregnet. Sie trabten weiter durch eine trübselige, schattenlose Welt auf die Berge zu, die sich drohend vor ihnen am Horizont erhoben. Was Garion am meisten aufregte, war die Ungerechtigkeit in alldem. Er hatte nie um irgend etwas davon gebeten. Er wollte kein Zauberer sein. Er wollte nicht der Rivanische König sein. Er war sich nicht einmal sicher, ob er Prinzessin Ce’Nedra heiraten wollte – darüber konnte er sich nie schlüssig werden. Die kleine Kaiserliche Prinzessin konnte wirklich anbetungswürdig sein – besonders wenn sie etwas wollte. Meistens wollte sie jedoch nichts, und dann kam ihre wahre Natur zum Vorschein. Wenn er bewußt etwas davon angestrebt hätte, dann könnte er die Pflicht, die vor ihm lag, mit einer gewissen Resignation annehmen. Aber man hatte ihm überhaupt keine Wahl gelassen, und er verspürte immer mehr den Wunsch, dem unbeeindruckten Himmel entgegenzuschreien: »Warum ich?«
Er ritt neben seinem dösenden Großvater her, nur der murmelnde Gesang von Aldurs Auge begleitete ihn, aber selbst das war eine Quelle des Ärgers. Das Auge auf dem Knauf des großen Schwertes, das über seinem Rücken hing, sang ihm ein endloses Lied mit einer recht kindischen Begeisterung. Für das Auge mochte es ja schön und gut sein, über die bevorstehende Begegnung mit Torak zu jubeln, aber Garion war es schließlich, der dem Drachengott von Angarak gegenüberstehen würde, und es war Garion, dessen Blut fließen würde. Er hatte das Gefühl, daß die ungetrübte Fröhlichkeit des Auges, alles in allem von sehr schlechtem Geschmack zeugte, um es milde auszudrücken.
Die nördliche Karawanenroute kreuzte die Grenze zwischen Drasnien und Gar og Nadrak in einer schmalen Felsenschlucht, in der sich zwei Garnisonen, eine drasnische und eine nadrakische, über ein einfaches Gatter hinweg ansahen, das nur aus einem waagerechten Balken bestand. Der Balken selbst bildete kein eigentliches Hindernis. Symbolisch jedoch war er eindrucksvoller als die Tore von Vo Mimbre oder Tol Honeth. Auf der einen Seite des Gatters war der Westen, auf der anderen der Osten. Mit einem einzigen Schritt konnte man von einer Welt in eine vollkommen andere treten, und Garion wünschte mit aller Macht, daß er diesen Schritt nicht zu tun hätte.
Wie Silk vorausgesagt hatte, sagte Mulger weder zu den drasnischen Pikenträgern noch zu den ledergekleideten nadrakischen Soldaten etwas von seinem Verdacht, und sie gelangten ohne Zwischenfälle in die Berge Gar og Nadraks. Unmittelbar hinter der Grenze kletterte die Karawanenroute eine steile Schlucht neben einem rasch fließenden Gebirgsbach empor. Der Himmel wurde zu einem dünnen, schmutziggrauen Band, und der Klang der Maultierglocken hallte von den Felsen wider, eine Begleitmusik zum Rauschen und Gurgeln des Baches.
Belgarath erwachte und blickte sich aufmerksam um. Er warf Silk einen raschen Blick zu, mit dem er den kleinen Mann warnte, den Mund zu halten, dann räusperte er sich. »Wir möchten dir danken, werter Mulger, und wünschen dir viel Glück bei deinen Geschäften hier.«
Mulger sah den alten Zauberer scharf an, seine Augen blickten fragend.
»Wir verlassen dich am Ausgang der Schlucht«, fuhr Belgarath mit ausdrucksloser Miene fort. »Wir müssen in diese Richtung.«
Er machte eine sehr vage Geste.
Mulger grunzte. »Ich will nichts davon wissen«, erklärte er.
»Bestimmt nicht«, versicherte ihm Belgarath. »Und bitte, nimm Ambars Bemerkungen nicht allzu ernst. Er hat einen seltsamen Humor und sagt Dinge, die er nicht so meint, weil er gern Leute ärgert. Wenn man ihn erst einmal näher kennt, ist er gar nicht so schlimm.«
Mulger warf Silk einen langen, bösen Blick zu, ohne darauf einzugehen. »Viel Glück, was immer ihr auch vorhabt«, sagte er widerstrebend, mehr aus Höflichkeit als aus Überzeugung. »Der junge Mann und du, ihr wart gar keine üblen Reisegefährten.«
»Wir stehen in deiner Schuld, werter Mulger«, setzte Silk spöttisch übertrieben hinzu. »Deine Gastfreundschaft war großartig.«
Mulger sah Silk direkt in die Augen. »Ich mag dich nicht, Ambar«, sagte er barsch. »Warum belassen wir es nicht dabei?«
»Ich bin niedergeschmettert.« Silk grinste ihn an.
»Laß gut sein«, grollte Belgarath.
»Ich habe mir alle Mühe gegeben, ihn für mich einzunehmen«, protestierte Silk.
Belgarath kehrte ihm den
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