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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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jetzt tanzte, hatte ein rosarotes Ballett-Tutu um die fleischigen Hüften, was Ronnie gefallen mochte, mir aber nicht. Sie konnte mit ihrem Vogeltanz vielleicht in Millstatt am See irgendein Scheiß-Outlet eröffnen, aber es reichte nicht mehr für die Ansprüche einer sich immer rascher wandelnden Zeit. Selbst wenn in einer Nacktbar nur verdammte Verlierer und Abstinker herumsaßen – auch Verlierer und Abstinker hatten mittlerweile Ansprüche und wollten für ihren Zehner etwas geboten kriegen, oder sie wählten die Nummer vom Konsumentenschutz, Abteilung Sex and Drugs and Rock’n’Roll. Sie mühte sich redlich, ihren Fuß über die Schulter zu kriegen, was eigentlich eine leichtere Übung ist, wenn man in Übung ist, aber sie schaute dabei drein, als müsste sie ein Rätsel lösen. Also ließ sie es dann lieber bleiben und tanzte ohne Stange weiter. Eine Therapie hätte ihr vielleicht geholfen, aber keine bei Ku, sondern eine beim Ernährungsberater, knackig wie beim frischen Salat war an ihr nichts mehr, offensichtlich hielt sich die nicht an die weltweit gültigen Essensvorschriften für Tabledancer und die üblichen vier Stunden Gymnastik täglich. Von den Disconummern, zu denen sie ihren Arsch bewegen sollte, hatte sie noch nie gehört, da hauchte Donna Summer „Love to love you baby“ aus den Boxen, und sie bewegte sich wie zu Jodel & Dodel.
    Das hier war eine verdammte Mogelpackung!
    Ich beschwerte mich bei Ku: „Das ist eine verdammte Mogelpackung!“
    Er sagte: „Das ist Ronnies katholischer Prägung geschuldet. Im Innersten hat er immer noch ein schlechtes Gewissen, dass er hier die Mädels nackt tanzen lässt.“
    Du darfst aber kein schlechtes Gewissen haben, wenn du eine Nacktbar betreiben willst!
    Ronnie selbst stand hinter der Bar.
    Solche Typen kamen oft in Dirty Willis Swedish Pornhouse und schauten sich dort Harley Bitches oder Nieten & Nageln an, alles Klassiker aus dem Motorradpornomilieu. Mich erinnerte er sofort an Michael Jackson, aber an den in der einen Simpsons-Folge, wo Homer in die Psychiatrie eingeliefert wird und in seiner Zelle neben Michael Jackson zu sitzen kommt, der aber natürlich nicht der wirkliche Michael Jackson ist, sondern ein sackartiger Riese mit Fistelstimme, der dann den Moonwalk tanzt und „Aiiihiiiie“ schreit. Nur dass Ronnie keine Zwangsjacke trug, sondern ein schwarzes Leder-Gilet und schwarze Lederhosen, die seitlich gebunden waren, der Typ rockte überhaupt nicht. Er war ganz tief in den 80ern stecken geblieben, unter seinem Leder war er ekelhaft weiß, unter seinen Achseln sah man die Haare, und er schwitzte trotz der Kälte. Er war ein wackeliger Pudding, dem die Alte mit der Muttermilch jeden Stolz und jede Würde ausgetrieben hatte. Man sah ihm richtig an, wie er sich ein Leben lang hatte anhören müssen, dass er ein Stück Scheiße war und nicht für Frauenhandball taugte und auch nicht fürs Ballett. Er hatte so etwas leicht Selbstmordgefährdetes, man wollte ihn an der Hand nehmen und durchs Leben führen: Aufpassen, eine Ampel! Vorsicht, mehr Sonnenschutz! Bitte nicht vergessen, am 15. ist die Steuer fällig! Seine Hand war ganz weich und nass, als ich sie schüttelte, und ich musste daran denken, wie er damit die Muttinippel hergerichtet, bevor er als 13-Jähriger daran hatte saugen müssen.
    Endlich brachte er ein paar Drinks und wenigstens für die brauchte er sich nicht zu schämen, bei Wodka konnte man aber auch nicht viel falsch machen, Hauptsache er war kalt, obwohl es natürlich immer mehr Spinner gab, die sagten, dass er warm sein müsse. Aber die wohnten in Dachböden und aßen gedünsteten Fisch.
    Ich prostete Ronnie zu und sagte: „Jetzt erzähl doch mal, was dich bedrückt.“
    Er sagte: „Meine Schwester Gerda hat mich vor einer Woche angerufen, weil ihre Tochter seit ein paar Tagen nicht nach Hause gekommen war. Ich hab sie beruhigt, weil junge Mädchen ja hin und wieder woanders übernachten, so was kommt vor, das sagte mir auch die Polizei, die ich deswegen angerufen habe. Aber als sie dann letzten Freitag nicht bei mir aufgetaucht ist …“
    Ich fragte: „Was hätte sie denn letzten Freitag bei dir machen sollen?“
    Ich konnte es mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, aber es war so: „Sie kam jeden Freitag zu mir und holte sich einen Sack zum Kiffen, einen kleineren Teil für sich selbst, den größeren Teil verkaufte sie in ihrer Schule weiter.“
    Ich zog Ku am Ärmel zur Seite und fragte ihn: „Jetzt sag

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