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Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Titel: Dumm gelaufen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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blicke empor zum Ort meiner ewigen Sehnsucht. Elsas Käfig steht auf einer kleinen Anhöhe, einem Hügel, ähnlich einem antiken Tempel. Meine Pilgerstätte. Demut und Verheißung.
    Beim dritten Anlauf gelingt es mir, ihren Namen zu flüstern: »Elsa?«
    Keine Reaktion. Nichts zu sehen. Die Zugbrücke ihrer Holzburg bewegt sich keinen Millimeter.
    »Elsa!«
    Nichts.
    Ich zwänge mich durch die Hecke, schleiche entlang des Schilfgürtels zur Rückseite des Hügels hinüber und von dort den Hang hinauf. Oben angekommen, umfasse ich mit meinen Klauen zwei der Streben. Oh, was für köstliche Erinnerungen bei dem Gefühl des kalten Metalls unter meinen Krallen wach werden.
    »Elsa? Ich bin’s, Ray.«
    Die hölzerne Burg steht da wie verlassen.
    »Elsa, ich bitte dich: Sprich mit mir.«
    In diesem Moment steigt zum ersten Mal ein warnendes Gefühl in mir auf.
    »Elsa?«
    Der kalte Betonboden liegt nackt und leergefegt vor mir. In der hinteren Ecke, wo der letzte Schnee geschmolzen ist, schimmert eine trübe Wasserpfütze. Das warnende Gefühl galoppiert mein Rückgrat hinauf und breitet sich wie ein Lauffeuer in meinem Kopf aus.
    »Elsa!«
    Ich rüttele an den Streben, laufe um Elsas Gehege herum, zerre an der Tür, mit der ich mir um ein Haar den Schädel spalte, weil sie nämlich – o mein Gott!! – unverschlossen ist, stürze ins Gehege, trete das Burgtor aus den Angeln, hechte mit einem unsinnigen Aufschrei in Elsas Gemächer und lande in einem … Fellsack.
    Einem warmen Fellsack.
    Einem warmen, sich bewegenden Fellsack.
    »Was ist denn hier los?«
    Sprechen kann er auch noch!
    Mit einem Aufschrei springe ich auf die Hinterbeine und nehme Kampfstellung ein. Träge bewegt sich der Fellhaufen und nimmt Konturen an: riesige, behaarte Ohren, die von einem klobigen Kopf abstehen, aus dem mich zwei verschlafene Augen anblicken. Lange Hinterbeine, kurze Vorderbeine, die Fellfärbung zwischen Curry und Schokolade. Das Wichtigste aber: an den Vorder- und Hinterbeinen jeweils vier Zehen. Haben die Elsa etwa für Genversuche missbraucht?
    »Wer bist’n du?«, brummt der Fellhaufen.
    »Falsche Frage.« Ich stelle fest, dass meine Stimme einigermaßen hysterisch klingt. »Die richtige Frage lautet:
Wer bist
DU ?
Und noch wichtiger:
Was machst du hier??
Und bevor ich es vergesse:
WAS bist du überhaupt???
«
    Der Fellhaufen reibt sich den Schlaf aus den Augen und setzt sich auf. Ganz schöner Brocken. »Ick find ja, det sind’n bisschen viele Fragen uf eenmal, meenst de nich?«
    »Okay, eins nach dem anderen.« Ich lasse langsam die Vorderbeine sinken, und auch meine Stimme nähert sich wieder dem Normalniveau an. »Wie heißt du?«
    »Ick bin der Erwin«, brummt Erwin, »und du?«
    »Und was machst du hier?«, ignoriere ich seine Frage.
    »Na, ick wohn hier. Ist aber nur vorübergehend – hoff ick ma.«
    »Im Chinchillagehege?« Meine Stimme schraubt sich bereits wieder nach oben.
    »Immer sachte«, erwidert Erwin, »schließlich bin ick’n Chinchilla.«
    Ich fahre eine Kralle aus, so Karate-Kid-mäßig: »
Du
willst ein Chinchilla sein?«
    »Streng jenommen bin ick ’ne peruanische Hasenmaus.« Er streicht sich über seine Riesenohren. »Gehört aber zur Familie von die Chinchillas.«
    Endlich eine Information, mit der ich etwas anfangen kann. »Und sie haben dich in Elsas Käfig gesetzt, damit sie endlich trächtig wird«, schließe ich messerscharf, »wo es mit Giacomo nicht funktioniert hat.«
    Er sieht mich an, als hätte er keine Ahnung, wovon ich rede: »Elsa?«
    »Verarsch mich bloß nicht!«, warne ich ihn.
    »Ick kenn keene Elsa.«
    Ich befrage meinen Schnüfflerinstinkt, horche in mich hinein und stelle fest, dass Erwin die Wahrheit sagt. »Seit wann bist du hier?«, will ich wissen.
    »Weihnachten rum so.«
    Großer Gott! »Und das Gehege war bereits leer, als sie dich hier reingesetzt haben?«
    »Logisch, sonst hätten sie mich ja nicht reinsetzen müssen.«
    »Was meinst du denn
da
mit?«
    »Na, ick bin ’ne Leihgabe aus’m Tierpark – bis der Zoo einen neuen Kurzschwanz-Chinchilla …« Erwin legt die Ohren an. Seine Augen verengen sich. »Nu versteh’ ick: Elsa war der Chinchilla, der vorher hier drin war, stimmt’s?«
    Der Käfig beginnt zu schwanken. Der Moment, in dem die Ahnung sich in Gewissheit verwandelt: »Weißt du, was mit ihr passiert ist?«, stoße ich hervor.
    »Nich wirklich.« Erwins Ohren stellen sich wieder auf. »Von dem, was ick so gehört hab, ist sie wohl von einem Tag auf

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