Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
einzudringen und ihn zu übernehmen versuchte. Er öffnete den Mund und atmete tief ein. Er mußte gegen etwas ankämpfen, das ihm wie eine körperliche Invasion erschien. Sein Geist suchte panisch nach etwas, woran er sich festhalten und von den anderen abschirmen konnte.
Diese Frauen waren eine Armee, deren Maß an Kraft und Einheit er nicht erwartet hatte. Er wußte, daß er ihre Stärke nicht verstand. Er konnte sie lediglich beobachten und zur Kenntnis nehmen, daß sie existierte.
Und Leto hatte sie erschaffen.
Er erinnerte sich an ein Zusammentreffen mit Leto, bei dem der Gott-Kaiser geäußert hatte: »Loyalität in einer Männerarmee bezieht sich eher auf die Truppe selbst als auf die Zivilisation, die sie unterhält. Loyalität in einer Frauenarmee bezieht sich stets auf ihren Führer.«
Idaho starrte den sichtbaren Beweis dieser kaiserlichen Schöpfung an, erkannte die eindringliche Wahrheit seiner Worte und fürchtete sich davor.
Er bietet mir an, Anteil zu nehmen, dachte er.
Die Antwort, die er Leto gegeben hatte, kam ihm jetzt plötzlich kindisch vor.
»Ich sehe keine Vernunft darin«, hatte er gesagt.
»Die meisten Menschen sind keine Geschöpfe der Vernunft.«
»Keine Armee – ob weiblich oder männlich – kann einen Frieden garantieren! Dein Imperium ist nicht friedfertig! Nur ...«
»Haben meine Fischredner dich über unsere Geschichte informiert?«
»Ja, aber ich bin darüber hinaus noch durch deine Stadt gegangen und habe mir dein Volk angesehen. Und dein Volk ist aggressiv!«
»Verstehst du nun, Duncan? Der Friede ermutigt zur Aggression.«
»Und du sagst, daß dein Goldener Pfad ...«
»Er ist kein Frieden im Sinne des Wortes. Es ist ein Dahindämmern, ein fruchtbarer Nährboden für das Wachstum starrer Klassen und viele andere Formen der Aggression.«
»Du sprichst in Rätseln!«
»Ich spreche in gespeicherten Beobachtungen, die mir sagen, daß die friedliche Haltung die Haltung der Geschlagenen ist. Die Haltung des Opfers. Opfer fordern Aggressionen geradezu heraus.«
»Das verdammte, von dir erzwungene Dahindämmern! Wozu soll es gut sein?«
»Wenn man keinen Feind hat, muß man einen erfinden. Militärs, denen man keinen äußeren Feind zugesteht, wenden sich gegen das eigene Volk.«
»Welches Spiel spielst du?«
»Ich modifiziere das menschliche Verlangen nach einem Krieg.«
»Die Menschen wollen keinen Krieg!«
»Sie wollen Chaos. Und der Krieg ist nun einmal die am leichtesten erzeugbare Form des Chaos.«
»Ich glaube nichts davon! Du spielst irgendein gefährliches Spiel, das du selbst erfunden hast!«
»Ein sehr gefährliches. Ich spreche uralte Formen des menschlichen Verhaltens an und leite es in eine andere Richtung. Die Gefahr besteht darin, daß ich den menschlichen Überlebenswillen unterdrücken könnte. Aber ich versichere dir, daß mein Goldener Pfad fortdauert.«
»Das Böse hast du nicht unterdrückt!«
»Ich vergeude Energien an einem Ort und richte sie dann auf eine andere Stelle. Auch was man nicht völlig kontrollieren kann, macht man sich nutzbar.«
»Und was hält deine Frauenarmee davon ab, die Macht zu übernehmen?«
»Daß ich ihr Führer bin.«
Und als Idaho die in der riesigen Halle versammelten Frauen musterte, mußte er zugeben, daß Letos Führerschaft unbestritten war. Ebenso stellte er fest, daß ein Teil dieser Verehrung auf ihn selbst gerichtet war. Der Reiz, den dieses Wissen auf ihn ausübte, lähmte ihn beinahe. Er konnte alles von ihnen haben – alles! Die Kraft, die sich im Innern der großen Halle ausbreitete, war explosiv. Als ihm dies klar wurde, fühlte er sich gezwungen, Letos früher geäußerte Worte noch tiefer in Augenschein zu nehmen.
Leto hatte etwas über explosive Gewalt gesagt. Und als Idaho die Frauen während ihres stummen Gebets ansah, erinnerte er sich an das, was Leto gesagt hatte: »Männer sind für Klassenstandpunkte empfänglich! Eine hierarchisch aufgebaute Gesellschaft lädt geradezu zu Gewaltakten ein. Sie bricht nicht zusammen. Sie explodiert.«
»Und Frauen tun dies nie?«
»Nur wenn sie von Männern unterdrückt oder in ein männliches Rollenverhalten gezwungen werden.«
»Die Geschlechter können doch nicht dermaßen voneinander verschieden sein!«
»Das sind sie aber. Frauen verhalten sich ihrem Geschlecht gemäß, sie gehen über Klassen- und Kastenschranken hinweg. Das ist der Grund, aus dem ich meine Frauen die Zügel halten lasse.«
Idaho mußte zugeben, daß die betenden Frauen
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