Dune Legenden 01 - Butlers Djihad
diese Absicht hegte, und wie er sich außergewöhnliche und unvorhersehbare Notfälle ausgedacht hatte. »Ist das nicht dasselbe wie eine Täuschung?«
Diese Offenbarung erstaunte Vor. »Es macht mich traurig, dass ich dir, wenn auch nur im Spaß, das Lügen beigebracht habe. Ich schäme mich dafür, ein Mensch zu sein.« Zweifellos wäre Agamemnon sehr von ihm enttäuscht.
Nach zwei weiteren Runden verlor Vor das Strategiespiel. Er war nicht mehr bei der Sache.
11
Jede Unternehmung ist ein Spiel, nicht wahr?
Iblis Ginjo,
Möglichkeiten der totalen Befreiung
Auf einer Gartenterrasse mit Blick über die verkohlten Ruinen von Zimia stand Xavier Harkonnen und sah der bevorstehenden »Siegesparade« mit äußerst gemischten Gefühlen entgegen. Das nachmittägliche Sonnenlicht wärmte sein Gesicht. Statt Schreien und Explosionen war nun wieder Vogelgesang zu hören, und der Wind hatte das Giftgas fast völlig verweht.
Dennoch würde die Liga lange Zeit brauchen, um sich von diesem Schlag zu erholen. Nichts würde mehr wie früher sein.
Obwohl seit dem Angriff mehrere Tage vergangen waren, sah er immer wieder Rauchsäulen, die von den Trümmern in den wolkenlosen Himmel aufstiegen. Doch den Rußgeruch konnte er nicht wahrnehmen. Das Giftgas der Cymeks hatte seine Sinnesnerven so sehr beschädigt, dass er nie wieder richtig schmecken oder riechen würde können. Selbst das Atmen war zu einem mechanischen Vorgang geworden und nicht mehr mit der angenehmen Empfindung verbunden, frische Luft zu inhalieren.
Aber er durfte nicht in Selbstmitleid schwelgen, wenn viele andere so viel mehr verloren hatten. Nach dem Cymek-Angriff hatten die heldenhaften Bemühungen eines salusanischen Ärzteteams ihn am Leben erhalten. Serena Butler hatte ihn im Krankenhaus besucht, aber seine Erinnerung daran war durch einen Nebel aus Schmerzen, Drogen und medizinischen Apparaten getrübt. In einer außergewöhnlichen Operation hatte man Xavier zwei Lungen transplantiert, gesunde Organe, die von den mysteriösen Tlulaxa zur Verfügung gestellt worden waren. Er wusste, dass Serena die Notfallmediziner und einen Fleischhändler der Tlulaxa namens Tuk Keedair bearbeitet hatte, damit er die Behandlung bekam, die er benötigte.
Jetzt konnte er wieder atmen, auch wenn er immer neue Schmerzanfälle erlebte. Xavier hatte überlebt und würde irgendwann wieder gegen die Maschinen kämpfen. Dank modernster Medikamente und Heiltechniken war er in der Lage gewesen, das Krankenhaus kurz nach der Operation zu verlassen.
Zum Zeitpunkt des Angriffs war der Fleischhändler Keedair zufällig in Zimia gewesen und nur knapp dem Tod entronnen. Auf dem unverbündeten Planeten Tlulax im fernen Thalim-System betrieb sein Volk Organfarmen, in denen menschliche Herzen, Lungen, Nieren und andere Körperteile aus Stammzellen gezüchtet wurden. Nachdem die Cymeks vertrieben waren, hatte der geheimnisumwitterte Tlulaxa den Notfallmedizinern im Lazarett von Zimia seine biologischen Waren angeboten. Die Kühlkammern seines Schiffs waren voller menschlicher Körperteile, die er als Proben mitführte. Ein Glücksfall, hatte Keedair lächelnd gesagt, dass er hier war, um den schwer verletzten Salusanern in der Zeit der größten Not helfen zu können.
Im Anschluss an die erfolgreiche Operation hatte der Tlulaxa Xavier im Krankenhaus besucht. Keedair war ein mittelgroßer Mann mit zierlichem Körperbau, dunklen Augen und einem kantigen Gesicht. Auf der linken Seite des Kopfes trug er einen langen, schwarzen, dicht geflochtenen Zopf.
Xavier atmete ein und modulierte sorgfältig seine heisere Stimme. »Es war ein großes Glück für uns, dass Sie bereits neue Organe an Bord ihres Schiffes gelagert hatten.«
Keedair rieb sich die langen Hände. »Wenn ich gewusst hätte, dass die Cymeks so gnadenlos zuschlagen, hätte ich einen größeren Materialvorrat aus unseren Organfarmen mitgebracht. Die Verletzten auf Salusa hätten viel mehr Ersatzteile nötig, aber weitere Schiffe könnten erst in Monaten aus dem Thalim-System eintreffen.«
Bevor der Fleischhändler Xaviers Krankenzimmer verließ, drehte er sich noch einmal um. »Betrachten Sie sich als einen der Glücklichen, Tercero Harkonnen.«
* * *
Im verwüsteten Zimia suchten trauernde Überlebende nach ihren toten Angehörigen, um sie zu bestatten. Die Zahl der Todesopfer stieg, je mehr Trümmer fortgeräumt wurden. Leichen wurden geborgen, Listen mit Vermissten zusammengestellt. Doch trotz der
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