Dune Legenden 01 - Butlers Djihad
nicht lebendig begraben wurde, wenn der Dämon wieder in die Dünen eintauchte. Es roch nach faulem Fleisch, das mit einer kräftigen Prise Zimt gewürzt war. Er wusste nicht, was er tun sollte, aber er betete und meditierte und suchte nach einer Erklärung.
Vielleicht ist es eine Prüfung.
Der Sandwurm floh unablässig weiter. Sein unterentwickeltes Gehirn schien offenbar gewillt, nie wieder Frieden oder Sicherheit finden zu wollen. Das Geschöpf hätte sich gerne in den Sand eingegraben, um seinem Quälgeist zu entkommen, aber Selim benutzte den Speer wie einen Hebel und hielt die Wunde offen.
Der Wurm konnte nur weiterstürmen, Stunde um Stunde.
Selims Kehle war ausgedörrt, seine Augen schmutzverkrustet. Er musste bereits die halbe Wüste durchquert haben, und die wenigen Landschaftsformen in der monotonen offenen Bled hatte er noch nie zuvor gesehen. Er hatte sich noch nie so weit von der Gemeinschaftshöhle entfernt – niemand hatte es je getan, soweit er wusste. Selbst wenn er diesem Monstrum irgendwie entkam, wäre er in der gnadenlosen Ödnis von Arrakis zum Tode verdammt.
Er war überzeugt, dass eines Tages die Wahrheit über seinen treulosen Freund Ebrahim ans Licht kam. Der Betrüger würde weitere Stammesregeln brechen und schließlich auch die Rechnung für seinen Diebstahl und seine Lügen erhalten. Wenn Selim ihn jemals wiedersah, würde er Ebrahim zum tödlichen Duell herausfordern. Dann siegte die Ehre.
Vielleicht würde der Stamm ihn bejubeln, denn nicht einmal in den großartigsten Feuergedichten war jemals ein Sandwurm bezwungen worden. Vielleicht schenkten die kecken, dunkeläugigen Zensunni-Mädchen ihm dann endlich ein Lächeln. Staubbedeckt, aber mit erhobenem Haupt würde er vor den strengen Naib Dhartha treten und von ihm fordern, wieder in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Er hatte einen Wüstendämon geritten und es überlebt!
Selim hatte zwar schon länger überlebt, als er je zu hoffen gewagt hätte, aber der Ausgang dieses Abenteuers war nach wie vor ungewiss. Was sollte er jetzt tun?
Hinter ihm gab der Wurm eigenartige, aufgeregte Geräusche von sich, die kaum lauter als das Flüstern des Sandes waren. Dann lief ein Zittern durch den Körper des erschöpften Ungeheuers. Es roch nach Feuerstein, und das Gewürzaroma wurde überwältigend intensiv. Reibungsglut brannte im Rachen des Wurmes, wie in den Tiefen von Sheol.
Als die gelbe Dämmerung den Himmel einfärbte, wurde der Wurm ungebärdiger und verzweifelter. Er schlug um sich und wollte sich in den Sand graben, aber Selim ließ es nicht zu. Das Monstrum rammte den stumpfen Kopf in eine Düne und wirbelte eine Staubwolke auf. Der Junge musste sich mit dem gesamten Körpergewicht auf den Speer legen, um ihn tief ins nackte Fleisch des freiliegenden Segments zu stoßen.
»Du bist genauso verwundet und erschöpft wie ich, nicht wahr, Shaitan?«, sagte er mit einer Stimme, die so dünn und trocken wie Papier war. Beinahe zu Tode erschöpft.
Selim wagte nicht loszulassen. Wenn er in den Sand fiel, würde der Wurm sofort umdrehen und ihn verschlingen. Er hatte keine andere Wahl, er musste die Bestie weiterhetzen. Das Martyrium schien kein Ende nehmen zu wollen.
Als das Tageslicht heller wurde, bemerkte er einen leichten Dunst am Horizont, einen fernen Sturm, der Sand und Staub aufwirbelte. Doch er war noch weit, und Selim hatte im Augenblick andere Sorgen.
Endlich hielt der Wurm an, nicht weit von einem Felsgrat entfernt, und wollte sich nicht weiterbewegen. Mit einem letzten Zucken ließ er den schlangengleichen Kopf auf eine Düne fallen und lag zitternd wie ein erlegter Drache da ... dann rührte er sich überhaupt nicht mehr.
Selim fühlte sich völlig entkräftet und befürchtete, dass es irgendein verzweifelter Trick war. Vielleicht wartete das Monstrum darauf, dass er jede Vorsicht vergaß, damit es ihn verschlingen konnte. War ein Sandwurm zu solchen Listen imstande? War er ein wahrer Shaitan? Oder habe ich ihn zu Tode geritten?
Selim sammelte seine Energie und richtete sich auf. Seine verkrampften Muskeln zitterten. Er konnte sich kaum noch bewegen. Seine Gelenke waren betäubt, seine Nerven kribbelten, als sie wieder erwachten und mit Blut versorgt wurden. Schließlich ging er das Wagnis ein und riss den Metallspeer aus dem rosafarbenen Fleisch zwischen den hornigen Segmenten.
Der Wurm zuckte nicht einmal.
Selim ließ sich vom Rücken gleiten und rannte sofort los, als seine Füße den Sand berührten.
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