Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Prolog
In einer kalten, verschneiten Dezembernacht, in der alle Bewohner des kleinen Dörfchens Elm Tree friedlich in ihren warmen Betten schlummerten, bemerkte niemand, wie sich eine Gruppe schweigender Wanderer aus dem Wald in das Dorf begab.
Allen voran schritt ein schlanker Mann, der sanft ein kleines Bündel in seinen Armen wog, gefolgt von einer alten Frau, die einen kleinen Jungen an ihrer Hand hielt. Vier weitere Männer bildeten den Schluss.
Unter ihren Schritten knirschte der frostige Schnee, während über ihnen die Sterne funkelten.
Leise durchquerten sie das Dorf und machten am anderen Ende Halt. Vor ihnen befand sich die verfallene Ruine eines alten Herrenhauses, aus dessen Trümmern bereits junge Bäume sprossen.
Der Mann übergab der alten Frau das Bündel und beugte sich zu dem Jungen hinunter.
„Du erinnerst dich noch an das, was wir vor Anbruch der Reise besprochen haben?“, fragte er den Kleinen mit seiner sanften, warmen Stimme.
Der Junge nickte.
Lächelnd sagte der Mann: „Nun, dann bist du jetzt an der Reihe, Dewayne.“
Der Mann erhob sich und trat beiseite, während der Junge auf die Trümmer zuging. Mit einer seiner Handbewegungen setzte sich plötzlich alles wieder vollständig zusammen. In einem strahlenden Schweif waren die zuvor zerbrochenen Fenster wieder unbeschädigt. Die Bäume, die gerade noch in den Mauern gewuchert hatten, standen plötzlich neben dem Haus. Es bekam ein Dach sowie Türen und erstrahlte in ganz neuem Glanz. Dabei wirkte es so prächtig, als wäre es gerade eben erst erbaut worden.
Als die Wanderer das Haus betraten, leuchtete in jedem Raum ein prunkvoller Kronleuchter. Die Wände waren mit kostbarem Holz vertäfelt und die große Treppe war reichlich verziert. In den Kaminen flackerten wärmende Feuerchen.
Das Porzellan war noch gänzlich unbenutzt und niemand hatte bisher die Kleider getragen, die in den aufwändig gearbeiteten Schränken hingen.
Während die anderen Männer in den Räumen des Erdgeschosses verschwanden, ging der Mann mit dem kleinen Jungen und die alte Frau, welche noch immer das Bündel vorsichtig in ihren Armen hielt, die Treppe hinauf in das obere Stockwerk.
Der Mann übergab den Jungen wieder an seine Begleiterin. „Gute Nacht, mein Sohn“, sagte er zu dem Kleinen. „Du hast deine Sache gut gemacht. Ich bin sehr stolz auf dich.“
„Ich hoffe nur, dass niemand seine spitzen Ohren bemerken wird“, bemerkte die Alte skeptisch. „Es wäre gar nicht nett, wenn ein Haufen aufgebrachter Bauern mit ihren Forken wüten und des Nachts unser Haus anzünden würden.“
„Ssscht, Anne“, ermahnte er die Frau. „Du jagst dem Jungen Angst ein. Ich sagte doch, dass wir solche Dinge ausschließlich unter vier Augen besprechen.“
Die Frau musterte ihn beunruhigt. „Ich hoffe, du weißt, worauf du dich da eingelassen hast, Melchior. Wenn diese Sache schief geht, habe selbst ich keinen Rat mehr.“
„Mach dir keine Sorgen. Ich weiß, was ich tue. Niemand wird etwas bemerken – auch Dewaynes spitze Ohren nicht. Wenn sein ungestümes Haar weiter so schnell wächst, wird man schon mit einer Heckenschere danach suchen müssen“, witzelte der Mann.
Mit leuchtenden Augen nahm er der alten Frau das Bündel ab und brachte es in ein großzügig ausgestattetes Kinderzimmer. Dort wickelte er es vorsichtig aus und hielt ein schlafendes Baby in den Armen. Behutsam legte er es in die Wiege.
Während er das kleine Mädchen betrachtete, strahlte er über das ganze Gesicht. „Herzlich Willkommen in deinem neuen Heim, kleine Arrow. Du machst mich zum glücklichsten Vater der Welten – dieser und jener.“
Einige Räume weiter brachte die alte Frau den Jungen in sein Bett. Mit einem Griff in ihren Mantel holte sie ein kleines Säckchen hervor, welches sie in das Kaminfeuer warf. Alsbald stieg funkelnd heller Rauch den Schornstein empor.
Dann setzte sie sich neben das Bett des Jungen und sang ihm ein liebliches Schlaflied, welches auch an das Ohr eines jeden schlummernden Dorfbewohners drang.
Am nächsten Tag fiel niemandem auf, dass das prachtvolle Haus vorher nur ein Trümmerhaufen gewesen war und seine Bewohner erst des Nachts dort eingezogen waren. Alles war wie immer und ein jeder wünschte dem anderen ein frohes Weihnachtsfest, denn keiner ahnte, dass seine Erinnerungen nicht echt waren. Nicht einmal die Spuren im Schnee konnten die Neulinge verraten, denn sie waren bereits
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