Dunkelmond
seltsam violetten Licht.
Nur die Nebel, die aus dem Moos unter den großen Wurzeln der Qentar aufsteigen, haben sich verändert. Sie sind dichter geworden. Dunkler. So dunkel, dass sie das Licht zu verschlucken scheinen.
Die Nebel – oder sind es Schatten? Ronan vermag es nicht zu sagen – nähern sich ihm und der Schlafenden und machen etwa zwei Klafter vor ihm Halt. Graue Schwaden wirbeln, brodeln und verleihen dem Gestalt, was sich darin befindet, auch wenn die Konturen verschwimmen.
Ronan schließt langsam die Augen und konzentriert sich. Sein Gesang wechselt.
Das Lied, das gerade noch heiter und sanft über seine Lippen kam, ist nun traurig und ernst. Es ist das Lied, das ihn bei Besuchen der Jenseitigen Ebenen in der diesseitigen Welt halten soll.
Als er dort die Augen wieder öffnet, sieht er sie. Klar zu erkennen steht eine Frau vor ihm. Sie grüßt ihn mit einem Nicken.
Ronan starrt den Geist verblüfft an.
Die düstere Schönheit der Nebelgestalt fasziniert ihn. Ihr Haar ist dunkel wie die Nacht selbst und unterhalb der Schulterblätterlose mit einem Band zusammengefasst, das im Licht der letzten Sterne glitzert. Ein paar Strähnen fallen an den Wangen vorbei über die Schultern. Ein weites Gewand schmiegt sich um die Figur, die hochgewachsener wirkt, als Menschen üblicherweise sind.
Ronan weiß nicht, ob es das Rot seines Seelenbildes ist, das dem schwarzblauen Licht ihrer Gestalt den Anschein verleiht, violett zu sein.
Ein Lächeln erhellt ihr Gesicht, als sie sein Erstaunen bemerkt, und er erwidert es.
Ich habe nach dir gesucht, Musikant. Nach dir und deiner starken Magie. Endlich habe ich dich gefunden.
Er verneigt sich und breitet die Arme aus, ein Gruß, wie er einer Königin gebührt. »Seid mir im Namen der Weisen willkommen, Ireti von Loranon.«
ENDE DES ERSTEN TEILS
Die Geschichte geht weiter in:
GOLDMOND
Über die Autorin
Schon in jungen Jahren interessierte sich Susanne Picard für fantastische
Stoffe: Zu den ersten Erinnerungen gehören die Mondlandung
von Apollo 11 und der Kinofilm »Schneewittchen«
von Disney. Nach diversen Umwegen als Kinomitarbeiterin
und Redakteurin für Business-Fernsehen, arbeitet sie seit 2007
als Lektorin, Übersetzerin und Autorin im Fantasybereich.
Sie lebt und arbeitet in Bonn.
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