Dunkle Begierde 2
versuchte, ihre
eigenen Tränen zurückzuhalten.
Von
diesem Tag an beschloss Thomas, seinen Vater zu ignorieren und sich nur noch
auf seine Mutter zu konzentrieren. Jemand, der seine Liebe nicht wollte, sollte
sie auch nicht bekommen.
Abgesehen
von der Gefühlskälte seines Vaters war Thomas jedoch in dem Glauben, eine
völlig normale Kindheit zu haben, da die Liebe seiner Mutter die Gefühlskälte
des Vaters mehr als kompensierte. Die immer wiederkehrenden blauen Flecke
seiner Mutter am ganzen Körper waren Thomas dabei nicht entgangen. Aber noch
glaubte er seiner Mutter, dass diese blauen Flecke von der harten Arbeit als
Bäuerin kamen. Und auch das Schreien seines Vaters, welches er ab und zu sogar
noch in seinem Kinderzimmer am Ende des Flurs im Erdgeschoss hören konnte, tat
er als normale Streitereien zwischen Erwachsenen ab. Entweder war Thomas
wirklich so naiv und glaubte, dass seine Eltern sich liebten, oder aber, er
wollte es einfach nur glauben. Er sprach jedenfalls niemals mit seiner Mutter
darüber.
Augen
zu und durch, so wie die Gesellschaft auch ihre Augen vor Tatsachen
verschließen! – Es gibt viel mehr häusliche Gewalt, als ihr jemals zugeben
werdet!
Felix war
alkoholabhängig geworden und schlug Renate bereits nach System, seiner Meinung
nach die einzige Möglichkeit, sie zu züchtigen. Oft schlug er sie bis zur
Bewusstlosigkeit.
Meistens
montags, mittwochs und an Freitagen. Vergewaltigen stand am Dienstag,
Donnerstag und Samstag auf dem Plan. Aus irgendeinem Grund ließ er sie an den
Sonntagen in Ruhe. Ob es daran lag, dass sie sonntags zur Kirche ging? Es war
fast schon wie ein Ritual, eine Obsession, der sich Thomas hier hingab.
Renate
ertrug die Schmerzen und Qualen. Sie schrie nicht, wehrte sich nicht - aus
Angst, dass Thomas etwas mitbekommen könnte, Angst, es könnte noch schlimmer
werden. Sie wusste: Je mehr sie sich wehrte, desto kräftiger schlug er zu. Aber
so war sie wie ein totes Stück Holz, an dem Felix sein Versagen als Mensch
auslassen konnte. So lange, bis er keine Lust mehr hatte, das Stück Holz zu
bearbeiten. So lange, bis er vom Draufschlagen müde wurde und entschloss, sich
einer Pause hinzugeben. So lange, bis eine innere Stimme zu ihm sagte: „ Das
reicht, lass sie leben. Du brauchst sie noch für deine nächsten Spaßattacken.
Wenn sie tot ist, nutzt sie dir nichts mehr. “
Und mit
dem Beginn der Schule für Thomas sollte dieses Ritual einen neuen Mitspieler
bekommen. Sein Name: Thomas Mann.
Thomas
war nervös und neugierig zugleich, was ihn in der Schule erwarten würde. Im
Gegensatz zu seinen Klassenkameraden konnte Thomas bereits lesen und schreiben.
So war es auch nicht verwunderlich, dass er ziemlich schnell zum Liebling der
Lehrer wurde. Nur in Sport nicht. Für Sport war er zu klein und viel zu
schmächtig. Die Bitte des Sportlehrers an seinen Vater, Thomas in den
Sportverein eintreten zu lassen, wies dieser mit einem kalten Spruch ab:
„Mein
Sohn braucht keinen Sport. Wenn er alt genug ist, wird er Bauer, wie sein
Vater, dessen Vater und dessen Vater. Er braucht nicht mal die verdammte
Schule! Und nun verlassen sie mein Grundstück ...“
Der
Sportlehrer versuchte gar nicht erst, mit ihm zu diskutieren, denn natürlich
merkte er sofort, dass Thomas Vater sturzbetrunken war. Thomas ging gerne zur
Schule. Auch, wenn er von seinen Klassenkameraden gemieden wurde, die Lehrer
liebten ihn. Thomas war sehr fleißig und wissenshungrig und seinen
Klassenkameraden weit überlegen. Diese Überlegenheit war es, die ihn zu einem
Außenseiter machte. Denn menschlich gab es keinen Makel an ihm. Er war nicht
überheblich und suchte immer wieder den Kontakt zu seinen Klassenkameraden, die
ihm allerdings immer wieder zu verstehen gaben, dass sie nichts mit ihm zu tun
haben wollten.
Die
seelischen Grausamkeiten der Kinder kennen keine Grenzen!
An einem
Freitag stand für die Kinder ein zweitägiger Ausflug in den Norden Schleswig
Holsteins an. Der Ausflug sollte sie nach Haithabu führen, wo sie ein
Wikingerdorf besuchen wollten. Doch statt Sonntag kehrten sie schon am frühen
Samstagabend zurück - die Frau des Lehrers Hansen erlag an diesem Tag den
Folgen eines schweren Autounfalls.
Als die
Lehrer davon erfuhren, brachen sie die Reise sofort ab und traten mit
sämtlichen Schülern der insgesamt vier Klassen die Heimreise an.
Thomas wurde gegen 20 Uhr vor seinem Bauernhof abgesetzt. Er öffnete die Tür
und begab sich ins Wohnzimmer. Zwar wurden
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