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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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Kontrolle bis ins winzigste Detail geht es nicht, verdammt noch mal!« Er atmete tief ein, um die Beherrschung wiederzugewinnen.
    Ihn ärgerte nicht nur, dass der verschwundene Patient vermisst werden würde. Es machte ihn wütend, dass sie ausgerechnet einen Cambridge-Studenten genommen hatten. Das Land war bereits jetzt in denkbar schlechter Verfassung. Man durfte nicht auch noch die geistige Elite der Zukunft dezimieren. Er schob die Mappe von sich weg und begann rhythmisch seine Hände zu Fäusten zu schließen.
    »Wie lange war die Reifungsphase des Moduls?«, fragte er. Besser, sie wandten sich wieder den Sachthemen zu.
    »Nach drei Wochen im Körper kann es außerhalb des Wirts überleben. Wir wissen nicht, wie hoch seine Lebenserwartung nach dem Entfernen ist. Vielleicht nur ein paar Tage, vielleicht Monate«, erläuterte Dr. Calder. Er wusste, dass Sir Clives Wutanfälle heftig, aber von kurzer Dauer waren. Der Chef hielt sich nicht lange mit einer Sache auf. Das war auch nicht notwendig, denn wenn einer seiner Leute den gleichen Fehler ein zweites Mal machte, wurde er ohnehin sofort auf die Straße gesetzt.
    In dem Helikopter, der über Marcon Pharmaceuticals in der Luft stand, überprüfte Ed Garner ein letztes Mal die Ausrüstung – Fernzünder, Sprengsätze, Munition. Es war ein einfacher Auftrag, wesentlich einfacher als gewöhnlich. Zunächst einmal waren keine Gegner auszuschalten. Sie mussten nur schnell rein und wieder raus, ohne Fehler zu machen. Der Sprengstoffexperte, den der Secret Service geschickt hatte, sah ziemlich kompetent aus, ein bärbeißiger Schotte namens Gavin McCallister. Er hatte seit dem Start kaum mehr als drei Worte gesprochen. Aber Ed war das ganz recht. Gavins Dossier war beredt genug. Der Mann hatte beide Golfkriege und die bewaffneten Konflikte im Sudan und im Tschad mitgemacht. Er war zweifellos herumgekommen.
    Ed tippte dem Piloten auf die Schulter und zeigte Gavin an, dass es Zeit sei. Er klinkte seinen Gurt an die Winde und zog die Verschlusslaschen seiner Handschuhe enger. Auf geht’s , dachte er und lehnte sich rücklings in die kühle Nachtluft hinaus, bis er spürte, wie sich das Seil unter seinem Gewicht spannte. Der Helikopter schlingerte leicht unter der Gewichtsverlagerung, und der Abwind der Rotoren drückte ihm die Haare glatt an die Stirn. Ed glitt zu Boden und löste das Drahtseil. Er schwenkte zweimal seine Taschenlampe, als Signal für Gavin, die Ausrüstung abzuwerfen. Sie machte ein hohes, zischendes Geräusch, ehe sie mit einem dumpfen Aufprall landete. Dann setzte Gavin leichtfüßig auf dem Boden auf. Ein Spezialist, zweifellos. Sie winkten den Hubschrauber weg, schwangen sich die Ausrüstung auf den Rücken und nahmen kurz das Gebäude in Augenschein. Im Lichtkegel der Taschenlampen warfen die herumliegenden Leichen gespenstische, nervös zitternde Schatten an die Wände, vom irrlichternden Schein für kurze Zeit wieder zum Leben erweckt. Gavin verzog keine Miene. Wahrscheinlich hatte er schon wesentlich Schlimmeres gesehen. Sie montierten die Sprengsätze wie angewiesen, mit genug Phosphor für ein bombastisches Gala-Feuerwerk, dann rannten sie auf eines der umliegenden Felder und gingen in einem Graben in Stellung.
    Ed gab Gavin die Fernzünder. »Gute Arbeit«, sagte er. »Hier, vollenden Sie das Werk.« Im Dunkeln glaubte er den Anflug eines Lächelns auf dem Gesicht des Schotten zu entdecken.
    Gavin zog die Plastikabdeckung ab und drückte den roten Knopf. Es folgte der Moment des Zweifels, die scheinbar endlos dauernde Millisekunde, in der man nicht weiß, ob der Schlag kommt oder nicht. Dann erhellte sich der Himmel mit gleißend hellem Schein, und weißgelbe Flammen zerrissen die Nacht, gefolgt vom donnernden Krachen der Explosion. Wer jetzt auf den umliegenden Straßen unterwegs war, wurde Zeuge eines Höllenspektakels.
    »Gute Arbeit«, tönte Sir Clives Stimme aus dem Ohrstöpsel.
    Manchmal sehnte sich Ed nach den Zeiten zurück, in denen sie noch nicht ständig die Kommentare ihrer Vorgesetzten im Ohr gehabt hatten. Er kam sich vor wie ein Fernsehmoderator, der Anweisungen aus der Regie zu befolgen hatte.
    »Danke. Wir verschwinden. Bis zur nächsten Stadt sind es ungefähr zwanzig Kilometer. Wir ziehen uns dort um und kommen dann mit dem Zug zur Nachbesprechung«, erwiderte er.
    »Warten Sie, Ed. Mary hat eine Personenbeschreibung für Sie, von dem Kerl, der weggerannt ist. Ebenso seinen möglichen Aufenthaltsort.« Knackende Geräusche

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