Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
Vom Netzwerk:
begreifen, dass sie es nicht mit einem Dummejungenstreich zu tun hatte.
    »Was ist los, Jack? Alles okay?«, erkundigte sie sich besorgt.
    Schon wieder nur Fragen . Jack war jetzt wirklich nicht in der Stimmung dafür. »Mir geht’s prima, ich muss mich nur mal hinlegen«, behauptete er mit heiserer Stimme und begann sich am Geländer die Treppe hochzuziehen, in Richtung von Amandas Zimmer, doch auf halbem Weg verließen ihn die Kräfte. Er stolperte über die dritte Stufe und stürzte polternd hin, der Krankenhauskittel fiel auseinander und präsentierte ihn von der Mitte abwärts nackt.
    Tara ging kopfschüttelnd eine Decke holen, die sie ihm überlegte, nicht ohne einen bewundernden Blick auf seine entblößte untere Hälfte zu werfen. Jack Hartman mochte zwar ein Mistkerl sein, aber es gab zumindest einen handfesten Grund, mit ihm auszugehen.

4
    Operationszentrale des MI6, Vauxhall, London
    Sir Clive trommelte ungeduldig mit den Fingern auf den Schreibtisch. Dr. Calder hatte Mühe, eine Videoverbindung mit Ed Garner und dem Helikopter-Team herzustellen.
    »Kommen Sie schon, James, die sind in zwanzig Minuten vor Ort. Ich will Livebilder sehen.« Sie hatten es binnen einer Stunde geschafft, einen Hubschrauber und einen Sprengstoffexperten aufzutreiben, aber Sir Clive hasste es, nicht zu wissen, was los war. Wenn er die Verantwortung für eine Sache übernahm, wollte er hundertprozentige Kontrolle, live dabei sein, um sofort Anweisungen geben zu können.
    Die Bildschirme flackerten. Undefinierte graue Konturen bewegten sich vor schwarzem Hintergrund. Atmosphärische Störungen und das Flappen der Rotoren machten es fast unmöglich, Ed Garners Stimme zu verstehen.
    »Sind auf dem Weg, Sir Clive. Voraussichtliche Ankunftszeit ist 6:30 Uhr.«
    »Schalten Sie auf Nachtsicht um, Ed, wir sehen hier nichts«, sagte Sir Clive in das Mikrofon an der Kontrollkonsole.
    Die Ansicht des Cockpits wechselte auf Grellgrün.
    »Sie kennen die Routine. Rein, die zehn Phosphorladungen verteilen und wieder raus. Ich will nur noch Schutt und Asche sehen.«
    »Roger, Sir Clive. Wir sind voll einsatzbereit.«
    »Ausgezeichnet. Wir bleiben in Videoverbindung, aber bis zu Ihrer Landung schalte ich den Funk ab. Mary hat jetzt noch ein paar Infos über unseren Ausreißer.«
    Mary Dalkeith reichte Sir Clive eine unscheinbare braune Papiermappe und nahm am Tisch Platz.
    »Sind das die Freiwilligen?«, fragte er.
    Mary nickte. »Ich habe mir die Bilder der Überwachungskameras angesehen und den wahrscheinlichsten Kandidaten markiert: Patient ›C‹. Er hat die passende Größe und Statur.«
    Sir Clive überflog rasch die Details. Seine Gabe, Listen zu analysieren und im Kopf zu behalten, galt beim Secret Service als legendär.
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum er aufgewacht ist. Ich dachte, sie hätten ihn so mit Sedativa vollgepumpt, dass es für einen Elefanten gereicht hätte«, sagte er, den Blick auf das Blatt geheftet.
    »Menschen reagieren individuell, sie verstoffwechseln unterschiedlich schnell. Es kommt auf Körpergröße und Fitness an«, wandte Dr. Calder ein. »Ein Ausnahmeathlet braucht vielleicht eine wesentlich höhere Dosis. Auf dem Überwachungsfilm sieht er ziemlich fit aus.«
    Sir Clive murrte unzufrieden. »Was ist das?«, sagte er und tippte mit einem Finger auf die Hintergrundinformationen des Patienten. »Er studiert in Cambridge? Mit einem King’s-Scholar-Stipendium?« Verärgert schlug er das Papier auf den Tisch, und seine zur Faust geballte Hand prallte hart auf die Platte. »Habe ich mich in meiner Anweisung nicht klar genug ausgedrückt? Habe ich nicht ausdrücklich erklärt, dass ich nur Außenseiter und Loser, Junkies und Penner für diesen Versuch will? Unsichtbare Bürger. Menschen, die keiner vermisst. Was haben Sie sich dabei gedacht, James? Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht?«
    Dr. Calder holte tief Luft und schluckte. »Wir haben die Anweisung an das Labor weitergeleitet«, entgegnete er hastig, mit nervöser Stimme. »Die Leute dort waren für die Auswahl der Teilnehmer zuständig. Ich dachte, wir hätten unsere Vorgaben ausreichend deutlich gemacht.«
    Sir Clive fuhr sich mit der Hand durch sein dichtes, schlohweißes Haar, das er kurz geschoren trug, weil es sich anders nicht bändigen ließ. »In diesem Geschäft ist niemals jemand anders zuständig«, sagte er und stach mit seinem Finger nach Dr. Calder. »Sie sollten das wissen, James, Sie sind lange genug dabei. Ohne absolute

Weitere Kostenlose Bücher