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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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das überhaupt möglich war. Ihre Finger schwebten über der Tastatur. »Ich kann das von hier aus erledigen, aber vorher kopiere ich sie in unser System.«
    Sir Clive löste widerstrebend die Augen vom Bildschirm. »Ich brauche ein Zwei-Mann-Team«, sagte er zu Ed Garner. »Sprengstoffexperten. So schnell wie möglich. Nehmen Sie den Helikopter. Machen Sie es selbst, wenn sonst niemand verfügbar ist. Das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist Polizei, die im Labor herumschnüffelt. Ich will, dass alles rückstandslos verbrannt wird. Nichts darf mehr darauf hindeuten, wer dort war und was da vor sich gegangen ist. Sorgen Sie dafür, dass es wie ein Chemiebrand aussieht. Sobald dort alles klar ist, knöpfen wir uns die Kerle vor.«
    Ed Garner stand bereits und wandte sich zum Gehen.
    »Warten Sie«, sagte Sir Clive mit erhobener Hand, den Blick wieder auf die Monitore gerichtet. Die Männer, die das Gebäude überfallen hatten, waren weg, die Flure und Stationen lagen ruhig da. Doch etwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt.
    »Zurückspulen«, ordnete er an und deutete auf den letzten Monitor. Dr. Calder befolgte die Anweisung. »Da, sehen Sie?« Sir Clive wandte sich an die anderen am Tisch. »Noch mal, Dr. Calder, noch mal. Der Schatten an der Tür, am Ende des Korridors. Sehen Sie, wie er verschwindet.«
    Sie blickten auf den Bildschirm. Eine dunkle Linie an der Tür, kaum wahrzunehmen, erst da, dann weg.
    »Da ist jemand drin. Irgendjemand versteckt sich da«, sagte Sir Clive und bellte dann: »Vorspulen!«
    Die Bilder hasteten vorwärts, fünf Minuten, zehn Minuten, zwanzig Minuten. Der Flur blieb leer. Bei dreißig Minuten sahen sie eine Gestalt, die zaghaft die Tür öffnete. Ein Mann, groß, sportlich. Er taumelte vorwärts, legte sich die Hände auf den Bauch und übergab sich. Im nächsten Moment rannte er völlig unerwartet und erstaunlich schnell davon.
    »Zurück, zurück! Wo kam der Typ her?«
    Sie suchten die Bilder ab.
    »Stopp.« Sir Clive deutete auf die Bilder aus dem Patientenzimmer, auf denen zu sehen war, wie die Gestalt sich langsam aufrichtete und aus dem Bett hievte.
    »Verdammt. Eines der Versuchskaninchen hat sich selbstständig gemacht.« Er wandte sich an Ed Garner, der noch an der Tür stand und darauf wartete, gehen zu dürfen. »Sobald Sie den Laden in die Luft gejagt haben, spüren Sie diesen Mann auf. Am besten noch ehe er diesen Scheißkerlen in die Hände fällt.«

3
    Irritiert blinzelnd strebte Jack dem Licht entgegen. Er wusste nicht, was er hinter der Tür vorfinden würde, aber es war ihm auch egal. Alles erschien ihm unerträglich irreal. Er wollte einfach nur weg. Das Patientenzimmer war überall dunkelrot bespritzt und verschmiert gewesen und voller Leichen, deren Innerstes bestialisch nach außen gekehrt worden war – ein Anblick, bei dem es ihm den Magen umgedreht hatte. Seinem wichtigsten Instinkt gehorchend, war er geflohen, ohne zu wissen wohin, über Flure und Treppen, und dabei fast über den niedergestreckten Wissenschaftler gestolpert, der versucht hatte zu entkommen.
    In der Empfangshalle fand er zwei weitere Leichen – eine Frau, die über ihrem Schreibtisch hing, und einen Lieferanten, der zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war. Sein lebloser Körper blockierte den Ausgang; die automatischen Glastüren versuchten beständig zu schließen und stießen rhythmisch gegen seine Brust. Jack stieg über ihn hinweg. Eine Szene wie aus einem Albtraum. Dann stand er im Freien, in der Kälte, der Winterwind zerrte an seinem offenen Krankenhauskittel und trug trockene Blätter über den Parkplatz. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er unter dem dünnen Stoff nackt war. Doch die Kälte war angenehm. Sie drang durch seine Schockstarre bis in sein Gehirn vor und riss den Nebel auf, der ihm das Denken erschwerte.
    Sollte er ein Telefon suchen und die Polizei anrufen? Irgendetwas in ihm wehrte sich gegen diesen Impuls. Hau ab, du musst hier weg. Vertraue niemandem außer dir selbst . Er brauchte jetzt keine endlosen Fragen von irgendwelchen Bullen. Er brauchte Antworten.
    Teure Autos parkten vor dem Gebäude, neueste Mercedes-, Jaguar-, BMW -Modelle. Die würde er nicht zum Laufen bringen. Aber hinter den Sondermülltonnen versteckte sich schamhaft ein alter Nissan Sunny. Perfekt, dachte er, wickelte sich seinen Kittel um die Faust und schlug das hintere Fenster ein.
    Er öffnete die Fahrertür, stieg ein und zerrte die Kabel unter der Lenksäule hervor. Ein kurzer Kontakt

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