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Dunkle Reise

Dunkle Reise

Titel: Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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Gewicht. Man gewann den Eindruck, dass er dort stehenbliebe, bis jemand etwas sagte oder die Sonne ausging, was immer zuerst geschah.
    Ich stellte den Bierkrug auf den Tisch. Silvus faltete die Hände. Die Stille zog sich hin, bis ich es nicht mehr ertrug.
    »Meister Grames«, sagte ich. Grames wandte den Kopf und verneigte sich ehrerbietig. Seine Miene zeigte nichts als höfliche Aufmerksamkeit, ausgenommen seine Augen, die überhaupt nichts aussagten.
    Zu meiner Zeit habe ich Ruane ins Auge gesehen, und der Priorin Merceda. Und in die tellergroßen Pupillen eines Flugdrachens und die leeren Augenhöhlen mehrerer kadaverhafter Wiedergänger, die mich allesamt tot wünschten. Es war keine angenehme Erfahrung. Grames wünschte mich nicht tot, jedenfalls glaubte ich es nicht, aber es war doch etwas Ähnliches. Und ein Magier ist gefährlich.
    Silvus’ Stuhl schrammte am Boden, und Grames blickte weg von mir und zu ihm hin. Erst als ich ausatmete, merkte ich, dass ich den Atem angehalten hatte.
    »Mein Herr«, sagte Silvus in einem vollkommen nüchternen Ton, »womit können wir Ihnen dienen?«
    Grames legte den Kopf ein wenig auf die Seite. Ein gekünsteltes Lächeln erschien auf seinen Zügen.
    »Indem Sie Seiner Hoheit dienen, Ser«, sagte er. »Ich bin der Mann Seiner Hoheit, wie wir alle.« Sein Blick fand zu mir zurück. »Und Seine Hoheit hat Arbeit für uns alle.« Er räusperte sich. Die Tür war einen Spalt breit offen geblieben, aber nun wurde sie halb geöffnet. Ich konnte den Ellbogen eines Gardisten und das silbrige Blinken seiner Hellebarde sehen, dann schlüpfte das Mädchen durch und blieb mit niedergeschlagenem Blick stehen. Die Tür schloss sich hinter ihr und es war, als würde der Raum von einem neuen Licht erhellt.
    An diesem Morgen war sie einfach und altmodisch in Blau und Weiß gekleidet. Einen Augenblick lang schien sie nicht zu wissen, wohin sie ihre Hände tun sollte, dann ließ sie sie zu beiden Seiten herabhängen und hob ein wenig das Kinn. Ihr aschblondes Haar war im Nacken zusammengefasst, und als sie aufblickte, konnte ich ihre Augen sehen. Sie blickten nicht ängstlich. Aber offenbar kostete es sie große Anstrengung, den Ausdruck von Ängstlichkeit zu vermeiden, und etwas von dieser Anstrengung war ihr anzumerken.
    Meister Grames wandte sich wieder uns zu. »Meine Herren, darf ich Ihnen meine Schutzbefohlene Arienne Brook vorstellen? Sie wird uns assistieren.«
    Ich war eilig aufgestanden und Silvus um einen halben Herzschlag zuvorgekommen, und nun verbeugte ich mich vor ihr, wie er es mir gezeigt hatte und wie es sich für einen Edelmann gegenüber einer Dame geziemte – zum Teufel mit ihrem niedrigen Stand. Silvus musste das Gleiche gedacht haben, denn auch er verbeugte sich, als sie einen tiefen Knicks machte.
    Meister Grames war der Einzige, der aufrecht stand. Es musste ihm Befriedigung verschafft haben. Ein halbes Lächeln lag auf seinem Gesicht, als ich mich aufrichtete.
    »Arienne, mein Liebes, Ser Silvus de Castro, Knappe Willan de Parkin. Ser de Castro ist ein Meisterkollege.«
    Ach du lieber Himmel. Eine unbestimmte Idee stellte sich ein, und ich glaubte zu sehen, was Nathan beabsichtigte. Auch Silvus hatte sich inzwischen aufgerichtet und strich sich mit Daumen und Zeigefinger den Schnurrbart, doch nun hielt er in der Bewegung inne und musterte Grames. Seine Miene, die sich gerade etwas entspannt hatte, gefror zu einer Maske. Ich kannte ihn gut, konnte aber nur raten, was dahinter vorging.
    »Natürlich gibt es hier wenig oder kein Mana«, sagte Grames, als spräche er über das Wetter. »Dieser Palast ist nicht aus dem gleichen Gestein gebaut wie die Festung von Ys oder etwas dergleichen, und er ist bei weitem nicht so massiv. Darum habe ich Seiner Hoheit dargelegt, dass es notwendig sein wird, die Operation anderswo durchzuführen.«
    »Operation, Meister Grames?« Silvus hatte eine aristokratische Fähigkeit, Worte in Eiszapfen zu verwandeln, die zu Boden fielen und zu glitzernden Nadeln zersprangen.
    Grames nickte bloß, als hätte Silvus eine interessante und weiterhelfende Frage gestellt. »Oder Unternehmen, wenn Ihnen das lieber ist«, sagte er. »Doch werden wir zur rechten Zeit einen anderen und würdigeren Namen finden. Das hoffe ich wenigstens. Kollegium, vielleicht, oder Akademie.«
    »Unternehmen? Kollegium? Akademie?« Niemand konnte die frostige Ablehnung in Silvus’ Stimme überhören.
    Selbst Grames musste die Verstellung beenden. Er legte den Kopf

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