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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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überlegte ich. »Was meinen Sie dazu?«
    »Wenn’s Ihnen recht ist, bringe ich Sie zu Ihrem Wagen zurück«, sagte sie.
    »Von mir aus«, erwiderte ich.
    Wir fuhren durch wogende Felder voller Kornblumen und Goldknöpfchen und überquerten dann auf einer Eisenbrücke den Fluß. Das Wasser war so klar, daß man die glitschigen Steine am Grund sah und die dunklen Schatten der Felsbrocken, deren moosüberwucherte Höcker in der Strömung aufragten.
    »Wollen Sie etwa auf unschuldig plädieren?« fragte sie.
    »Na klar ... Oder meinen Sie, ich mach nur viel Lärm um nichts?«
    »Ich hab mich bloß gewundert«, sagte sie und schwieg dann, bis sie im Schatten der immergrünen Eichen vor dem Gerichtsgebäude anhielt.
    Ich ging zu meinem Wagen, drehte mich dann unvermittelt um und ertappte sie dabei, wie sie mir hinterherschaute und die Sonnenbrille zwischen den Fingern baumeln ließ.
    Ich erwischte den Staatsanwalt, als er gerade aus seinem Büro kam und zu Lucas’ Haftprüfungstermin gehen wollte. Der Korridor war menschenleer, und unsere Stimmen hallten von dem alten Marmorboden und der hohen Holzdecke wider.
    »Sie machen uns doch mit der Kaution keinen Ärger, nicht wahr, Marvin?« fragte ich.
    »Diesmal gibt’s keine Gnade, Billy Bob«, erwiderte er.
    Er trug einen hellen Leinenanzug und hatte eine Fliege umgebunden; er schaute mich ruhig und voll selbstgerechter Strenge an.
    »Sie haben keinerlei Anhaltspunkte für eine Vergewaltigung. Ohne eine Waffe können Sie nicht mal Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erheben«, sagte ich.
    »Oh?«
    »Lucas hat keinen Kratzer am Leib.«
    »Haben Sie den medizinischen Untersuchungsbericht gelesen? Dann wissen Sie ja, wie sie zugerichtet wurde. Oder meinen Sie, Lucas wollte es bloß ein bißchen wild mit ihr treiben... Was reden Sie da von wegen einer Waffe? Womöglich hat er ihr das Gesicht am Pickup zerschlagen.«
    »Haben Sie Beweise dafür?«
    »Es hat die ganze Nacht gegossen. Sämtliche Spuren am Tatort wurden vernichtet.«
    »Das kommt ja ziemlich gelegen, Marvin.«
    »Nein, es widert mich an. Und die Anklage lautet auch nicht auf gefährliche Körperverletzung. Wo sind Sie denn heute morgen gewesen?«
    Ich schaute ihn an, sah seinen entrüsteten Blick, und mit einemmal wurde mir bang ums Herz, weil ich wußte, was jetzt kam.
    »Sie ist vor einer Stunde gestorben. Vermutlich an einer Hirnblutung, sagte der Arzt. Rufen Sie mich an, wenn Sie ihn da rauspauken wollen. Den tiefen Schlaf wird er nicht kriegen, aber ich garantiere Ihnen, daß er staatlich geprüfter Fachmann im Baumwollpflücken wird«, sagte er.
    Da Lucas’ Haftprüfungstermin am Montagmorgen stattfand, wurde er an der gleichen Kette zum Gericht gebracht wie all die alkoholisierten Verkehrssünder, rabiaten Ehemänner und Kneipenschläger, die übers Wochenende in der Ausnüchterungszelle gelandet waren. Jeden Montagvormittag fuhren sie in einem Aufzug, der eher einem überfüllten Zookäfig ähnelte, ins Erdgeschoß, wo sie dann in unbeholfenem Hinterwäldlerdialekt oder mit schwarzem und mexikanischem Akzent Erklärungen für ihr Verhalten vortrugen.
    Normalerweise winkten die im Laufe des Wochenendes festgenommenen Missetäter ihren Freunden im Gerichtssaal zu, stupsten einander in die Rippen oder kicherten vor sich hin, während einer von ihnen seine Kaution herunterzuhandeln versuchte. Aber nicht an diesem Tag. Als sie auf der Stuhlreihe vor der Richterbank Platz nahmen und der Gerichtsdiener ihre Handschellen aufschloß und die Kette auf den Holzboden fallen ließ, zogen sie die Schultern ein, schauten auf ihre Schuhe oder rückten ein Stück von Lucas ab, so als könnte sich jeder Blickkontakt oder auch nur die bloße Nähe zu ihm nachteilig auf ihr Strafmaß auswirken.
    Ich stand neben ihm, als er an die Reihe kam. Sein Vater hatte ihm ein weißes Hemd, eine Krawatte und eine gebügelte Khakihose gebracht, aber er war unrasiert, und seine feuchten, ungeschnittenen Haare waren glatt nach hinten gekämmt, so daß er eher einem Gangster aus den fünfziger Jahren ähnelte als einem ungebildeten Jungen vom Land, der von seinem Vater von Kindesbeinen an nur geschurigelt worden war.
    Marvin, der Anklagevertreter, beantragte, daß Lucas’ Kaution auf zweihunderttausend Dollar festgesetzt werden sollte.
    Ich hörte, wie Lucas die Luft anhielt. Ich legte ihm die Hand auf den Unterarm.
    »Euer Ehren, mein Mandant ist erst neunzehn und verfügt nur über geringe finanzielle Mittel. Er ist bislang

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