Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
Vom Netzwerk:
beschreiten, lieber Graf, doch dürfen wir den Ansporn einer zusätzlichen Notwendigkeit nicht außer Acht lassen. Der Orimentpass wird innerhalb der nächsten zwei Monate durch Schnee unpassierbar sein. Also bleibt Euch kaum genug Zeit, Eure Vorbereitungen zu treffen.«
    Ruane hatte ihm in einer Haltung aufmerksamer Ehrerbietung zugehört, in die sich jetzt Anzeichen anderer Empfindungen mischten. Unschlüssigkeit? Dämmernde Erkenntnis? »Vorbereitungen, Hoheit?«
    »Als mein Lehnsmann braucht Ihr meine Zustimmung zu der Unternehmung. Ich gebe sie Euch gern. Und die Erlaubnis, Truppen auszuheben. Drei Lanzenreiter, glaube ich, verlangte das Gelübde Eures Ahnherrn. Sa gen wir, zwanzig Ritter und Knappen. Pferde, Futter, or dentliche Ausrüstungen. Wenn Euer Harnisch einer Ver vollkommnung bedarf, so werde ich Euch meinen Waf fenschmied zur Verfügung stellen. Ihr könnt in einer Woche die Reise antreten, frühzeitig genug, um den Pass zu überqueren. Dreihundert Meilen – das sind ungefähr vier Wochen Reisezeit.«
    Ruane saß schweigend, die Stirn in Falten, und schien seinen eigenen Überlegungen nachzuhängen.
    »Natürlich wird die fürstliche Schatzkammer helfen, die entstehenden Unkosten zu bestreiten. Indessen könn te es notwendig werden, dass Ihr auf Eure eigenen Unter tanen eine Steuer erhebt…« Nathan schürzte die Lippen und blickte zur Decke, als kalkuliere er die Kosten, dann wedelte er mit der Hand, um das Thema abzuschließen und seine grenzenlose Großzügigkeit anzudeuten. »Aber damit können wir uns später befassen. Mein größtes Be dauern ist, dass ich nicht in der Lage sein werde, recht zeitig ein Heeresaufgebot zusammenzustellen und Euch nachzusenden, bevor der Wintereinbruch den Passüber gang schließt. Aber wir werden im Frühjahr zu Euch stoßen, ohne Fehl. Unterdessen werde ich mich als ge treuer Verwalter und verlässlicher Freund Eurer Graf schaft annehmen.« Er seufzte. »Ich wünschte, ich könnte mit Euch ziehen. Es würde mir große Freude bereiten, sozusagen als ein abenteuernder Edelmann mit Euch zu zie hen und unter Eurem Banner zu dienen, lieber Graf.«
    Ich konnte ein Prusten nicht ganz unterdrücken. Silvus warf mir einen Seitenblick zu.
    Und ich wünschte, ich hätte keinen Ton von mir ge geben und mich nicht gerührt. Es hätte mir eine Menge Arger erspart. Als Erstes zog ich einen finster starrenden Blick von Barras auf mich. Damit nicht genug, hatte ich auch die Aufmerksamkeit des Fürsten gefunden, der mit einem sonnigen Lächeln dem Blick seines Gardisten folgte. »Wenn ich es mir recht überlege, glaube ich, dass die Zahl kampffähiger tenabrischer Ritter vielleicht – ah – nicht mehr so hoch ist wie in früheren Zeiten, lieber Graf?«
    Das war nicht überraschend. Er selbst hatte dafür ge sorgt, diese Zahl so gering wie möglich zu halten, indem er den Rittern hohe Gebühren und die Kosten für Un terhalt und Bewaffnung eigener Fußsoldaten auferlegt hatte. Immerhin stellten seine Methoden eine Verbesserung gegenüber jenen seines Vaters dar, der im Bestre ben, die Macht des Grafen zu schwächen, dessen Lehens träger er durch seine Beauftragten so ausgepresst hatte, dass sie zum Verkauf ihrer Güter gezwungen waren, den Verpflichtungen ihres Standes nicht mehr nachkommen konnten und ihren Adelstitel verloren hatten. Auf diese Weise hatte auch Silvus das ›de‹ aus seinem Namen ver loren.
    Ruane saß mit gerunzelten Brauen und zusammenge pressten Lippen da. Ich konnte ihm seinen Missmut nicht verdenken, wurde er doch zu einem öffentlichen Eingeständnis seiner Schwäche getrieben. Das konnte nicht nach seinem Geschmack sein. »Ah – ich glaube, ich könnte zwölf Ritter stellen, Hoheit«, sagte er steif. »Aber was das betrifft…«
    »Zwölf Ritter.« Nathan schüttelte bedauernd den Kopf, als beklagte er den Niedergang des Rittertums. »Und einige werden hierbleiben müssen, nehme ich an.«
    Sehr wahr, dachte ich. Jeder, der nur einen Funken Ver stand hatte, würde Gründe finden, die ihn von der Teil nahme am bevorstehenden Feldzug abhielten.
    »Dann wird es also am besten sein, wir ergänzen das Kontingent mit aller gebotenen Eile. Sagt mir, lieber Graf, wer diese Männer der Stadtwache sind, deren Initiative wir diese Abenteuer verdanken?«
    Ruane fasste uns kurz ins Auge, blickte in unsere Ge sichter, und als er antwortete, schien er abgelenkt, als dächte er an etwas anderes. »Ich bedaure, dass ich den Unteroffizier nicht kenne, Hoheit. Der

Weitere Kostenlose Bücher