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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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mein ganzes Leben lang. Es musste früher oder später geschehen.«
    Ich starrte ihn an, unfähig, meinen Schock zu verbergen. Er hatte gerade zugegeben, das Talent zu besitzen, hier vor mir. Er war ein Sensitiver, einer, der Mana sehen und Gebrauch davon machen konnte, nur eine Stufe un ter einem Magier. Ich glaube, dass ich nach Luft schnapp te wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er schlürfte vom Wein, blickte zur Wand, nachdenklich und ruhig.
    »Früher oder später würde sie oder jemand wie sie auf tauchen. Wie ein stählerner Bote. Was sagte sie ihnen? Das Dunkel ist im Aufbruch, das düstere Nachtvolk. Nun, das war irgendwann zu erwarten. Aber was den Ritterschlag betrifft, mit dem mein Landesherr mich ehrte…« Seine Lippen zuckten. »Nun, das war unerwartet.«
    Ich fand meine Fassung wieder. Wenn Silvus sensitiv für Mana war und Vorahnungen hatte, ging es mich nichts an. Vielleicht machte es ihn zu einem besseren Krieger. Aber während ich dies dachte, musste er mich beobachtet haben.
    »Du hast für Leute mit dem Talent nichts übrig, wie?«, fragte er.
    Ich wusste, was er meinte. Nein, ich hatte für solche Leute nichts übrig. Aber dies war Silvus. Das machte einen Unterschied, nicht wahr? Ja, das war etwas anderes. Die widerstreitenden Empfindungen mussten mir anzu sehen sein.
    »Natürlich hast du Recht. Das Talent scheint unweiger lich für falsche Zwecke gebraucht zu werden.« Er griff zum Krug und füllte den Wein auf. »Das Dumme ist, du kannst mit Magie niemals etwas schaffen. Magie kann sich nur einmischen, zu schaffen machen. Künstliche Ver änderungen erzwingen. Das ist das Wesen des Dunkels. Der Wille, der Welt zum eigenen Nutzen Veränderungen aufzuzwingen. Es ist ein Kürzel für nichts weiter als menschliche Schlechtigkeit.«
    Ich dachte darüber nach. »Aber man braucht keine Magie, um Böses zu tun«, sagte ich. »Nimm den Zauber stein, zum Beispiel. Der kann einfach nützlich sein.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Die bloße Erzeugung des Zaubersteins ist widernatürlich. Dieses Ding ist nicht ganz mineralisch, musst du wissen. Steine sehen oder hören nicht. Irgendein armes Tier musste leiden, um ihn hervorzubringen. Es ist ein lebender Stein, eine Abscheu lichkeit, im Grunde genommen. Ich frage mich, wo der Orden ihn her hat? Wahrscheinlich von Shanhi, nach des sen Niederlage bei Gynost. Aber es bleibt die Tatsache, dass man mit solch kleinen Dingen anfängt und immer weiter und immer mehr machen möchte.«
    »Du möchtest immer mehr.«
    »Ja. Es ist so einfach. Du siehst es bloß, und es ge schieht. Die Natur beugt sich deinem Willen. Tiere verfor men sich allmählich; nach und nach werden sie zu Un geheuern. Die Toten gehen. Wenn du das Mana hast.« Er runzelte die Brauen. »Ich weiß, wie einen das juckt. Als Junge machte ich ein paar kleine Dinge, und mein Vater kam mir auf die Schliche und nahm mir den Schwur ab, es nie wieder zu tun. Nicht viel später ritt er aus, um gegen Nathans Vater zu kämpfen, und blieb auf dem Schlachtfeld. Und ich gab der Versuchung nie wieder nach.«
    Er nippte vom Wein, und seine Augen blickten zurück in vergangene Jahrzehnte. Ich gab der Versuchung nie wie der nach. Wie viel steckte hinter diesen leichthin gespro chenen Worten?
    Er zuckte die Achseln. »Ich verlor alles andere. Mein Wort war alles, was zu halten mir geblieben war, also hielt ich es. Außerdem gibt es ohnedies kein Mana, wo ich leben möchte. Hier ist nichts. Der Fluss bringt ein wenig mit sich, aber nicht viel, so weit von seinem Ursprung in den Bergen. Gerade genug für unbestimmte Vermutun gen und Vorahnungen, die sich manchmal als zutreffend erweisen. Mir ist nicht danach zumute, mich für ein Jahr oder so in eine Höhle in den Bergen zurückzuziehen. Solange würde es dauern, bevor ich wirkliche Kraft wirken könnte, weißt du. Meine Gabe ist schwach.«
    Hatte er gemeint: Ich bin schwach? Vielleicht. Nathans Vater hatte das Landgut seiner Familie beschlagnahmt, und Silvus war jetzt Fähnrich in der Stadtwache von Tena bra. Kein Platz für einen Edelmann. Aber nun war er wie der in den Adelsstand erhoben. Wie stellte er sich dazu?
    »Zum Teufel mit deiner Gabe. Du brauchst sie nicht. Du bist jetzt Ser Silvus de Castro«, sagte ich.
    »Und du bist jetzt selbst Knappe Will de Parkin, vergiss das nicht«, erwiderte er.
    Ja, dachte ich. Es hatte einen bitteren Beigeschmack. Wieder spülte ich mir den Mund aus.
    »Fürst Nathan hätte das nicht tun müssen.«
    »Richtig. Er hatte es

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