Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
schon recht gehabt: Ich rede nicht genug mit den Leuten, und deshalb wissen sie nicht, was in mir vorgeht. Bei dir war es genauso, es war also nicht deine Schuld.«
»Es spielt keine Rolle, wessen Schuld es war, Will. Alles, was für mich jetzt noch zählt, ist, dass du weißt, dass ich mit dir zusammen sein möchte.«
Er hob den Kopf. »Okay. Aber das kannst du jetzt nicht mehr. Ich weiß wirklich nicht, warum du mir das sagst.«
Er sah ihr in die Augen, und nun lächelte sie wieder. Sie hatte die Kontrolle. Ich glaube, ich freute mich darüber ebenso sehr wie Will, auch wenn es ihm selbst vielleicht gar nicht bewusst war. »Will, ich habe den Großteil meines Lebens hier draußen verbracht, hinter dem Zaun. Wenn ich zurück in die Stadt komme, ist das wie Urlaub von meinem eigentlichen Job, von der Person, die ich wirklich bin und davon, was ich wirklich tun sollte. Was ist also so unmöglich oder unglaublich daran, dass ich mit dir fortgehe?« Sie senkte ihren Kopf ein wenig, und das schicksalhafte, betörende Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. Ein letztes Mal zeigte sie ihre Verletzlichkeit und ihre Schwäche, und das war absolut unerlässlich, wenn die Geschichte mit den beiden so ausgehen sollte, wie sie es sich wünschten. »Es sei denn, du willst nicht, dass ich mitkomme.«
»Natürlich will ich«, platzte es ziemlich laut aus Will heraus. Er blickte sehr verlegen in die Menge, die beide umgab. »Lass uns später weiter darüber sprechen, okay?«
Sie lächelte wieder, errötete und ließ seine Hand los. »Sicher, Will.«
Ich wusste nicht, wie ich mit dieser wundervollen, überwältigenden Hingabe umgehen sollte, besonders nach den heftigen Rechtsdiskussionen über Wills und unser eigenes Schicksal. Ich begriff nicht, wie diese Menschen damit leben konnten, ständig zwischen solchen Extremen zu schwanken. So sehr sie mich auf dem Höhepunkt ihrer Tugendhaftigkeit und ihres Mutes auch beeindruckten, empfand ich es doch als Erleichterung, sie bald verlassen zu können.
Auch wenn ich sehr froh darüber war, mit Lucy, Will und seiner Freundin fortzugehen, war ich zunächst ein wenig enttäuscht darüber, dass all meine Bücher und Lucys Geige noch auf dem Lagergelände waren. Außerdem befürchtete ich, dass wir, wenn wir in die Wildnis zogen, solche Dinge nicht würden mitnehmen können. Daher freute ich mich umso mehr, als man uns ein paar Tage zugestand, um uns auf unsere Abreise vorzubereiten. Dann sollten wir uns ein Boot nehmen und uns den Fluss hinuntertreiben lassen – für immer fort von hier.
Ich hatte genügend Zeit, die Bücher auszusuchen, die mich am meisten interessierten. Was jedoch am allerwichtigsten war: Ich hatte genügend Zeit, um dieses Tagebuch zu beenden. Ich werde es an das freundlich und intelligent aussehende Mädchen, Zoey, übergeben, wenn wir morgen aufbrechen. Ich glaube, es wird sie interessieren. Und da meine Geschichte zu einem großen Teil von ihr und ihrer Gemeinde handelt, ist es wohl am besten, wenn sie es bekommt. Ich bin mir sicher, dass ich noch vielen Dingen begegnen werde, über die ich schreiben kann: Geschichten über andere Menschen und andere Orte – angenommen, wir vier haben das Glück, auch außerhalb dieser Gemeinschaft zu überleben. Ich fürchte, einige Dinge werden ebenso schrecklich sein wie die Ereignisse, deren Zeuge ich hier in den letzten Tagen wurde. Aber ich hoffe auch, dass ich auf Dinge treffen werde, die ebenso erstaunlich und gut sind wie diese seltsamen, faszinierenden, leider aber auch sehr gewalttätigen Menschen, die wir nun zurücklassen müssen.
Epilog
Will und Rachel fuhren mit ihren beiden Mitexilanten, Truman und Blue Eye, zum Dock hinunter. Sie luden ihre bescheidenen Besitztümer aus, zu denen allem Anschein nach, wie ich überrascht feststellte, auch ein Geigenkasten und ein Schreibmaschinenkoffer gehörten. Erst später fand ich heraus, was es mit diesen Dingen auf sich hatte. Als sie mit dem Verladen fertig waren, folgte der lange, unendlich verzweifelte Abschied zwischen Will und seinen Eltern. Miss Wright versuchte ihr Bestes, um nicht die Kontrolle zu verlieren, aber es war klar zu erkennen, dass sie unerträgliche Qualen litt. Seit jenem Tag scheint sie mir oft nicht mehr derselbe Mensch zu sein – sie wirkt viel zurückgezogener und irgendwie unerfüllter.
Während die Familie sich verabschiedete, standen Rachel und die beiden Zombies mehr oder weniger allein. Es war ein günstiger Zeitpunkt für mich, um mit
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