Echo Park
wissen sollen, dass er heute eine Waffe bei sich haben würde?«
Sie stieß sich vom Kotflügel ab und wandte sich ihm zu.
»Wie oft hast du im Lauf der Jahre mit Anthony Garland gesprochen? Wie oft hast du ihn abgetastet?«
Bosch drückte das Aluminiumknäuel in seiner Faust fester zusammen.
»Jetzt mach aber mal einen Punkt. Ich habe nie …«
»Willst du mir etwa erzählen, dass du bei allen diesen Gelegenheiten nie eine Waffe entdeckt hast? Dass du nicht nachgeprüft hast, ob er einen Waffenschein hat? Dass du nicht wusstest, dass er zu einem Treffen wie diesem sicher mit einer Waffe – und mit seinem aufbrausenden Temperament – erscheinen würde? Hätten wir gewusst, dass der Kerl eine Waffe besitzt, hätten wir die Sache niemals so abgewickelt.«
Bosch lächelte bitter und schüttelte ungläubig den Kopf.
»Was hast du neulich gleich wieder über abgehobene Verschwörungstheorien gesagt? Marilyn ist nicht an einer Überdosis gestorben – die Kennedys haben sie aus dem Weg räumen lassen? So, wie Detective Bosch wusste, dass Anthony Garland zu dem Treffen nicht nur eine Pistole mitbringen, sondern auch Gebrauch davon machen würde? Rachel, das hört sich alles reichlich …«
»Und wie steht es mit dem, was du mal über den guten Detective gesagt hast?«
Sie sah ihn durchdringend an.
»Jetzt hör mal zu, Rachel. Kein Mensch hätte das vorhersehen können. Es gab keinen …«
»Vorhersehen, herbeiwünschen, wissentlich in Kauf nehmen – was macht das schon für einen Unterschied? Weißt du noch, was du vor Kurzem am Pool zu Pratt gesagt hast?«
»Ich habe alles Mögliche zu ihm gesagt.«
Ihre Stimme bekam etwas Trauriges.
»Du bist auf die Wahl zu sprechen gekommen, die wir alle haben.«
Sie deutete über den Rasen auf das Bootshaus.
»Und weißt du, Harry, ich glaube, das ist der Hund, den zu füttern du dich entschieden hast. Ich hoffe, du kannst damit leben. Und ich hoffe, es entspricht dem, was ein guter Detective getan hätte.«
Sie drehte sich um und ging zurück zum Bootshaus und zu der Traube von Ermittlern, die sich um den Tatort drängten.
Bosch ließ sie gehen. Er stand lange da und rührte sich nicht. Ihre Worte waren durch ihn hindurchgegangen wie die Geräusche einer Achterbahn. Tiefes Rumpeln und schrilles Kreischen. Er drückte die Kugel aus Alufolie in seiner Hand ein letztes Mal zusammen und warf sie nach einer Abfalltonne, die neben dem Mariscos-Wagen stand.
Er verfehlte sie meilenweit.
NEUNUNDDREISSIG
Kiz Rider kam in einem Rollstuhl durch die Flügeltür. Es war ihr peinlich, aber das Krankenhauspersonal hatte darauf bestanden. Bosch erwartete sie mit einem Lächeln und einem Blumenstrauß, den er bei einem Straßenverkäufer an der Freeway-Ausfahrt zum Krankenhaus besorgt hatte. Sobald es die Krankenschwester erlaubte, stand Kiz aus dem Rollstuhl auf. Sie umarmte Bosch vorsichtig, als fühlte sie sich zerbrechlich, und dankte ihm, dass er sie abholen gekommen war.
»Ich stehe direkt vorm Eingang«, sagte er.
Den Arm um ihren Rücken gelegt, führte er sie zu seinem Mustang hinaus. Er half ihr beim Einsteigen, dann legte er die Tüte mit den Glückwunschkarten und Geschenken, die sie im Krankenhaus bekommen hatte, in den Kofferraum, und ging auf der Fahrerseite nach vorn.
»Möchtest du vorher noch irgendwohin?«, fragte er, sobald er eingestiegen war.
»Nein, nur nach Hause. Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen.«
»Ganz wie du willst.«
Er startete den Wagen und fuhr los, zurück zum Freeway. Keiner von beiden sagte etwas. Als er den Freeway 134 erreichte, war der Blumenverkäufer immer noch auf dem Mittelstreifen. Rider blickte auf den Strauß in ihrer Hand hinab, bemerkte, dass Bosch die Blumen erst in letzter Sekunde gekauft hatte, und begann zu lachen. Bosch fiel mit ein.
»Oh, Scheiße, tut das weh!« Sie fasste sich mit der Hand an den Hals.
»Entschuldigung.«
»Das macht doch nichts, Harry. Tut gut zu lachen.«
Bosch nickte.
»Kommt Sheila heute bei dir vorbei?«, fragte er.
»Ja, nach der Arbeit.«
»Gut.«
Er nickte, weil es sonst nichts zu sagen gab. Sie fuhren schweigend weiter.
»Harry, ich habe deinen Rat befolgt«, sagte Rider nach ein paar Minuten.
»Und wie hat dieser Rat gelautet?«
»Ich habe ihnen gesagt, ich hätte keinen Schuss abgeben können. Weil ich Olivas nicht treffen wollte.«
»Das ist gut, Kiz.«
Er dachte kurz nach.
»Heißt das, du behältst deine Dienstmarke?«, fragte
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