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Eden

Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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nackt. Nur wenige trugen irgendwelche Geflechte oder Lumpen. Die Leiche in der Grube hatte ein Röhrchen, das in einen Hautfortsatz eingeführt war, und was noch merkwürdiger ist, sie hatte ein Auge wie der Doppelt, den ihr hier seht. Andere hatten keine Augen, dafür eine Nase und umgekehrt. Wenn ich daran denke, befürchte ich, dass selbst der, den wir mitgebracht haben, uns nicht viel helfen wird. Natürlich werden wir versuchen, uns mit ihm zu verständigen, aber ich glaube kaum, dass uns das gelingt…« »Wir müssen das bisher gesammelte Informationsmaterial aufschreiben und katalogisieren«, schlug der Kybernetiker vor, »sonst verlieren wir uns darin. Ich muss sagen … Sicherlich hat der Doktor recht, aber … Waren diese Skelette wirklich Skelette? Und diese Geschichte mit der Menge auf der Straße, die euch zuerst umringte und dann flüchtete…«
    »Die Skelette sah ich genauso, wie ich dich hier sehe. Das ist kaum zu glauben, aber es ist die Wahrheit. Na, und die Menge …« Der Doktor winkte ratlos ab. »Das war kompletter Wahnsinn«, warf der Chemiker ein. »Vielleicht hattet ihr die Siedlung geweckt, und sie waren überrascht. Stell dir auf der Erde ein Hotel vor, in das plötzlich solch eine wirbelnde Scheibe fährt. Klar, dass da Panik entsteht!« Der Chemiker schüttelte den Kopf. Der Doktor lächelte. »Du bist nicht dabeigewesen, deshalb fällt es schwer, dir das zu erklären. Eine Panik - warum nicht. Aber wenn sich dann alle Menschen versteckt haben und geflohen sind, fährt die Scheibe auf die Straße, und einer der Flüchtenden rennt angstschlotternd, nackt, als wäre er gerade aus dem Bett gesprungen, hinter ihr her und gibt dem Kommandanten zu verstehen, dass er mitfahren will. Nun?« »Na, gebeten hat er euch ja nicht…« »Nicht gebeten? Frag sie, wenn du mir nicht glaubst. Sie können dir sagen, was passierte, als ich so tat, als wollte ich ihn zurückstoßen, damit er zu den Seinen zurückkehre. Übrigens - ein Hotel und ein Stückchen weiter Gräber, offene Gräber, voll von Leichen?« »Liebe Leute, es ist drei Viertel vier«, sagte der Koordinator, »und morgen, das heißt heute schon, können sie uns neue Besuche abstatten. Überhaupt kann hier jeden Augenblick alles mögliche geschehen. Mich wundert nichts mehr! Was habt ihr in der Rakete gemacht?« wandte er sich an den Ingenieur.
    »Wenig, wir haben ja vier Stunden am Werfer zugebracht! Ein Elektrohirn vom Typ >Mikro< ist überprüft, die Radioapparatur steht kurz vor der Inbetriebnahme. Der Kybernetiker wird es dir genauer sagen. Leider viel Bruch darunter.«
    »Mir fehlen sechzehn Niob-Tantal-Dioden«, sagte der Kybernetiker. »Die Krytrone sind heil, aber ohne die Dioden kann ich mit dem Hirn nichts anfangen.« »Kannst du sie nicht von den anderen nehmen?« »Habe ich, eine Menge, über siebenhundert.« »Mehr sind nicht da?«
    »Vielleicht noch im Beschützer, aber bis zu ihm konnte ich nicht vordringen. Er liegt ganz unten.« »Wollen wir etwa die ganze Nacht hier draußen stehenbleiben?« »Richtig, gehen wir. Einen Augenblick: Was geschieht mit dem Doppelt?« »Und der Geländewagen?«
    »Ich muss euch etwas Unangenehmes sagen: Ab sofort müssen wir einen Posten aufstellen.« Der Koordinator sah alle der Reihe nach an. »Es war heller Wahnsinn, dass wir das bisher nicht getan haben. Wer meldet sich für die ersten zwei Stunden bis zum Morgengrauen?«
    »Meinetwegen ich.« Der Doktor hob die Hand. »Du? Niemals, nur einer von uns«, sagte der Ingenieur. »Wir waren wenigstens hier.«
    »Und ich habe im Geländewagen gesessen; ich bin nicht mehr erschöpft als du.« »Genug. Zuerst der Ingenieur, dann der Doktor«, entschied der Koordinator. Er reckte sich, rieb sich die kalt gewordenen Hände, trat an den Wagen, schaltete die Scheinwerfer aus und rollte ihn langsam unter den Rumpf der Rakete. »Hört mal.« Der Kybernetiker stand vor dem unbeweglichen liegenden Doppelt. »Was wird mit ihm?«
    »Er bleibt am besten hier. Sicherlich schläft er. Fliehen wird er nicht. Wozu ist er sonst mitgekommen?« meinte der Physiker. »Aber so geht das nicht, man muss ihn irgendwie sichern«, wandte der Chemiker ein. Doch die anderen betraten bereits nacheinander den Tunnel. Er blickte sich um, zuckte ärgerlich mit den Schultern und folgte ihnen. Der Ingenieur legte ein paar Luftkissen auf den Boden neben den Werfer und setzte sich darauf, aber als er spürte, wie sich der Schlaf seiner bemächtigen wollte, erhob er sich wieder und

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