Ein Antrag nach Mitternacht
war sie völlig am Boden zerstört. Lange Zeit schaute sie nur aus dem Fenster nach draußen, wo der Nachmittag langsam dem Abend wich. All ihre Bemühungen waren vergebens, dachte sie. Völlig vergebens.
Selbst wenn sie ihren gesamten Besitz losschlug, würde sie nicht einmal in die Nähe des Betrags gelangen, den Perkins von ihr forderte. Würde sie auch ihre Fonds verkaufen, wäre die Differenz nicht mehr ganz so groß, aber dann musste sie von dem Geld leben, das sie zusammenkratzen konnte, indem sie jungen Mädchen dabei half, einen Ehemann zu finden.
Lediglich das Haus würde genug Geld erbringen, doch ihr Buchhalter bestätigte ihre Vermutung, dass es eine Weile dauern würde, ehe sich dafür ein Käufer fand. Ganz sicher war das nicht in den drei Wochen zu bewerkstelligen, die Perkins ihr als Frist gewährt hatte. Ihr Buchhalter war zwar bereit, nach einem Interessenten zu suchen, widersetzte sich aber entschieden einem Verkauf. Wenn sie Geld benötigte, hatte er ihr geraten, könnte sie es doch während der Saison vermieten. Natürlich war das nicht die Lösung für ihre Probleme, aber sie hatte sich auch nicht dazu durchringen können, ihm den wahren Grund für ihre plötzlichen Geldnöte anzuvertrauen.
Dennoch musste sie Maisie losschicken, um so viel wie möglich loszuwerden. Schließlich hatte sie auf jeden Fall Geld nötig, um einen Anwalt zu bezahlen, falls sie vor Gericht gegen Perkins vorgehen musste. Sie kehrte zum Schmuckkästchen zurück und nahm die Ohrringe und das Armband heraus. Alles andere, überlegte sie, nur nicht diese beiden Dinge.
Die ganze Woche über war sie zwar mit den Vorbereitungen für Harriets Fest beschäftigt, doch im Hinterkopf hielten sich die Sorgen. Doch egal, wie lange sie sich den Kopf zerbrach und wie viele Tränen sie nachts in der Abgeschiedenheit ihres Schlafzimmers vergoss, ihr wollte einfach keine Lösung einfallen.
Sie bemühte sich, Perkins und ihr Haus eine Weile zu vergessen und sich ganz darauf zu konzentrieren, eine gelungene Soiree vorzubereiten. Zu ihrer Erleichterung gingen die Antworten auf ihre verschickten Einladungen recht bald ein, und bis auf einige wenige Ablehnungen erhielt sie nur Zusagen. Der Saal im Ostflügel, der seit Langem nicht mehr benutzt wurde und in dem sich kaum noch Möbel befanden, wurde geöffnet und einer gründlichen Reinigung unterzogen, für die sie zusätzlich zwei Dienstmädchen und einen Diener einstellen musste. Nachdem der erste Schritt abgeschlossen war, machte sie sich daran, diesen Raum und den Flur zu dekorieren. Weine wurden ausgewählt, nachdem sie das endgültige Menü festgelegt hatte.
Daneben setzte sie sich regelmäßig mit Harriet zusammen, um sie in den Gepflogenheiten der Konversation zu unterweisen, um ihr zu zeigen, wie man strategisch richtig flirtete, und um ihr all die Feinheiten beizubringen, die sie benötigte, um die Saison erfolgreich abzuschließen.
Wenigstens konnte Harriet tanzen, und sie war auch damit einverstanden, täglich die von Francesca empfohlenen Lotionen anzuwenden, damit ihre sonnengebräunte Haut einen helleren Teint bekam. Ihre Zunge im Zaum zu halten war dagegen eine ganz andere Sache. Nicht, dass Harriet rebellisch gewesen wäre, aber sie wollte einfach nicht einsehen, wieso ihre direkte Art zu reden andere vor den Kopf stoßen konnte und wieso so manche Angelegenheit, die sie völlig unbekümmert zur Sprache brachte, jede Matrone erschrecken würde.
Aber sosehr Francesca sich auch in ihre Arbeit stürzte, konnte sie Perkins und dessen Drohungen nicht vergessen. Selbst wenn es ihr gelang, vor ihren Ängsten tagsüber davonzulaufen, holten sie sie spätestens dann wieder ein, wenn sie abends im Bett lag. Im Grunde quälten sie ihre Befürchtungen unablässig. Was sollte sie tun? Wie sollte sie weiterleben?
Ihr kam keine Antwort in den Sinn, und sie fand keine Ruhe. Die Gedanken stürmten unablässig auf sie ein, wobei sie sich immer nur im Kreis drehten. Sie wälzte sich im Bett hin und her, und des Öfteren stand sie mitten in der Nacht auf, zog den Morgenmantel an und setzte sich ans Schlafzimmerfenster, um auf die menschenleere Straße hinunterzuschauen.
Jeden Morgen bereute sie, dass sie in der vergangenen Nacht keinen Schlaf gefunden hatte. Ihr Kopf schmerzte, und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Wenn es so weiterging, würde sie noch aussehen wie eine Hexe. Doch es schien nichts zu geben, was sie von ihren Sorgen ablenken konnte.
Ihr blieb kaum mehr
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