Ein Bär im Betstuhl
Norden kommt, durchquert diese Gegend und führt in die Hauptstadt, wo der meiste Strom verbraucht wird. Die Bärin unterhielt ihre Winterhöhle etwa zehn Kilometer vom Kirchdorf entfernt in einem dichten, hügeligen Fichtenwald, und sie ging jeden Sommer in dieser Ge gend auf Beute, streifte außerhalb der kleinen Dörfer umher, riss manchmal einen Elch oder ein Ren, und jetzt lehrte sie ihre Jungen, wie man Ameiseneier fraß. Unter der Stromleitung befand sich nämlich ein Amei sennest, und, dort angelangt, räumte die Bärin den Hügel beiseite und demonstrierte, dass man recht tief graben muss, vorsichtig, bis man mit der Tatze in die weiße, wimmelnde Schicht der Ameiseneier langen kann. Dann schaufelt man sich flugs die Delikatessen ins Maul, wobei man aufpassen muss, dass man nicht zu viele Tannennadeln und anderen Abfall herunter schluckt. Man bedient sich am besten in den frühen Morgenstunden an den Nestern, wenn die Arbeitsamei sen schlafen und die Larven hübsch geordnet in den Tiefen des Nestes liegen. Die beiden Bärenkinder wühl ten eifrig in der Erde und kosteten die Delikatessen, wie ihre Mutter es ihnen gezeigt hatte. Die Dinger schmeck ten besser als Frösche und nicht so bitter wie die über jährigen Moosbeeren.
Als alle drei genug geschlemmt hatten, scharrte die Bärenmutter den Hügel wieder zurück, zum Zeichen, dass sie nicht das ganze Nest hatte zerstören, sondern nur die Eier hatte haben wollen, die den Bären zustan den.
Als Nächstes kamen sie in ein Rodungsgebiet, wo die Bärin von den Baumstümpfen Borke abriss und diese nach weißen, fetten Maden mit Scherenkiefern absuch te. Die Maden schmeckten den Kindern mindestens ebenso köstlich wie die Ameiseneier. Bären sind von klein auf Leckermäuler.
Bei Tagesanbruch gelangten sie an den Rand des Kirchdorfes, wo die Bärenmutter geübt zwei Bienenkör be leerte. Sie riss in den Maschendrahtzaun des Gartens ein Loch, trabte dann mit ihren Kleinen auf das Gelän de, stieß einen der Körbe um und zog geschickt die Waben heraus, die sie, ohne Rücksicht auf den Wider-stand der Bienen, sorgfältig und genießerisch ausleckte. Die geleerten Waben stapelte sie neben sich auf, ohne sie zu zerbrechen. Diese Bärin war kein boshafter und zerstörerischer Charakter.
Nach Genuss der Leckereien zogen die drei unter der Starkstromleitung weiter und näherten sich den ersten Häusern des Dorfes. Ein Hund, ein Spitz, begann zu bellen. Die Bärin kommandierte ihre Jungen hinter einen Baum und legte sich selbst ebenfalls auf die Erde, aber als sich der Hund nicht beruhigte, begann sie leise und warnend zu brummen. Dem Hund sträubte sich das Fell, er kniff den Schwanz ein und verschwand in seiner Hütte, aus der nur noch seine furchtsame, feuch te Schnauze herauslugte.
Nach einer Weile erhob sich die Bärin, witterte lange, und als sie feststellte, dass sich die Situation entspannt hatte, zog sie mit ihren Kleinen weiter. In der Nähe der Transformatorenstation standen ein Einfamilienhaus und, weiter hinten am Waldrand, mehrere Wirtschafts gebäude, eines davon diente der Hausbier- und Malzex-trakt-Kommanditgesellschaft von Nummenpää als Brau erei. Aus dem Gebäude wehte ein so anregender Duft, dass die Bärin nicht widerstehen konnte. Sie umrundete das Objekt, um den Eingang zu suchen, doch da sämtli che Türen verschlossen waren, blieb ihr nichts weiter übrig, als einzubrechen: Sie erhob sich auf die Hinter beine und drückte mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Blechtür, die langsam nachgab und sich nach innen bog, wobei kaum Geräusche entstanden. Die Bärin horchte eine Weile, dann schob sie sich durch die Öff nung, und die Kleinen huschten hinterher.
Drinnen war es dunkel, aber mit dem untrüglichen Instinkt der Waldtiere fanden die Bären schnell den Bottich, der mit zweihundert Litern einer dicken Flüs sigkeit gefüllt war. Das kam ihnen sehr zupass, denn sie hatten großen Durst. Die Bärenmutter schlappte gierig die schäumende Würze, und auch die Kleinen erhoben sich auf die Hinterbeine und steckten ihr Maul in den Behälter. Prustend und schnaubend labten sie sich am Inhalt. Die Mutter trank ausgiebig. Ein köstliches Ge tränk, das sie da gefunden hatte! Später sahen sich die Bären genauer in dem Lager um. Sie fanden eine große Kiste, halb gefüllt mit Gerstenmalz, das sie in sich hin einstopften, dann kehrten sie wieder an den Bierbottich zurück. Das Gebräu stieg ihnen zu Kopf, sie
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