Das Raetsel des Pharao
1. Kapitel
Ticktack. Ticktack.
Geduldig zählte die Uhr in der Küche an diesem Nachmittag eine Stunde nach der anderen. Sabrina seufzte und blätterte lustlos in der Zeitschrift Die junge Hexe. Sie las einen Artikel über den Zauberspruch für die perfekte Maniküre und gähnte.
Heute begann erst die zweite Woche der Sommerferien, und sie langweilte sich schon entsetzlich. Es schien so, als ob die Hälfte der Westbridge High bereits zu exotischen Abenteuern aufgebrochen war. Libby war mit ihren Eltern in Südfrankreich, Harvey und seine Mannschaftskameraden waren im Footballcamp am Mark Clark College in Rhode Island.
Sabrina zog ein Foto aus ihrer Jeanstasche. Valerie, ihre beste Freundin, hatte das Bild gemacht, bevor Harvey ins Camp aufgebrochen war. Er trug seine Uniform, und Sabrina lächelte in die Kamera, obwohl sie an dem Tag traurig gewesen war, weil sie den Sommer ohne Harvey verbringen musste.
Da war zwar noch Valerie, mit der Sabrina etwas unternehmen konnte. Aber auch die war nicht besonders glücklich über die langweiligen Sommerferien.
Frustriert stopfte Sabrina das Foto wieder in die Tasche und zupfte an ihrem Spaghettiträger-Shirt. Valerie hatte es ihr im letzten Semester beim Kochkurs geschenkt.
Ticktack.
Klingeling.
„Wer ist da? Hilfe! Polizei!“, rief eine bekannte Stimme aus dem Garten des Spellman-Hauses. „Man will mich umbringen!“
„Salem, es ist alles okay. Deine Uhr ist abgelaufen“, rief Sabrina zu ihm hinüber. „Du hast nur geträumt.“
Salem Saberhagen, ein schwarzer Kater, lebte mit Sabrina und ihren Hexentanten Hilda und Zelda zusammen. Eigentlich war er ein Hexer, doch auf Beschluss des Hexenrates war er in eine Katze verwandelt worden, da er versucht hatte, das Reich der Sterblichen an sich zu reißen und die Weltherrschaft zu übernehmen. Ab und zu träumte er noch von jener ruhmreichen Zeit, und heute war anscheinend wieder so ein Tag.
Valerie wusste nicht, dass die Spellmans Hexen waren. Sie hatte auch keinen blassen Schimmer, dass Salem früher ein Hexer gewesen war. Das T-Shirt hatte sie Sabrina nur geschenkt, weil vorne eine schwarze Katze aufgedruckt war, die entfernt an Salem erinnerte. Sabrina fand das zwar nicht sonderlich originell, aber so war Valerie nun mal.
„Ich habe geträumt“, meinte Salem. „Stimmt.“ Er verstummte wieder. „Meine Uhr ist abgelaufen“, fügte er nach einer Weile an. „Auf dieser Seite habe ich mich genug gebräunt. Würde es dir was ausmachen, mich umzudrehen? Und könntest du die Uhr wieder stellen?“
Sabrina schlug das Magazin zu und stand auf. Nachdenklich betrachtete sie die kleine runde Uhr. Sie deutete mit dem Zauberfinger auf das Ding und sagte:
Salem röstet in der Sonne,
noch fünfzehn Minuten reine Wonne.
Die Zeiger der Uhr drehten sich selbstständig zurück. Mit müder Stimme meinte der kleine Apparat: „Nur zur Erinnerung, Sabrina. Frau Sonne ist nicht deine Freundin.“
„Kapiert“, sagte sie und lächelte.
Die Küchenuhr hatte erst kürzlich in der Zeitschrift Perfekte Pflege für die Hexe einen Artikel über die verheerenden Folgen des Sonnenbratens gelesen. Und nun war sie ziemlich besorgt, was all die ultravioletten Strahlen mit Salems zarter Katzenhaut anstellen würden.
Sabrina schlenderte in den Garten.
Salem lag schlapp da, aber zum Reden hatte er noch genug Kraft. Das nutzte er auch reichlich aus, vor allem am Telefon. Und ausgerechnet immer dann, so schien es Sabrina, wenn sie auf einen Anruf von Valerie oder ihrem Freund, Harvey Kinkle, wartete.
Im Augenblick jedoch hing Salem nicht am Telefon. Er trug eine spezielle Sonnenbrille für Katzenaugen und döste. Zwischen seinen Vorderpfoten hielt er ein großes Glas Eistee. Rechts neben ihm lag eine Ausgabe von Catmopolitan. Oben an den Ecken waren die Seiten umgeknickt.
„Würdest du mich bitte umdrehen?“, fragte er schläfrig. „Ich schaff es nicht allein. Bin zu erschöpft.“
„Erschöpft?“ Sabrina sah ihn erstaunt an. „Wie kannst du erschöpft sein? Du hast doch den ganzen Tag noch nichts gemacht. Und ich auch nicht“, fügte sie traurig hinzu.
„Kopf hoch“, meinte Salem. „Nimm einen Schluck von meinem Lieblingsdrink für den Sommer: Eiskalter Schlummertee.“
„Schlummertee? Kein Wunder, dass du so müde bist.“ Sabrina drehte ihn um. „Das Zeug macht dich immer schläfrig. Aber das erklärt nicht, warum du so schwer bist.“
„Dieser Tee schmeckt hervorragend zu Zitronenbaiser“, erwiderte er
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